Häusliche Gewalt: Alarmierende Fakten

Seite 7: Frauen morden anders

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Würden die Kategorien im Hinblick auf die Täterschaft getrennt, wäre vermutlich der Anteil von Frauen in der Kategorie "Mord" vergleichsweise höher. Das hat damit zu tun, dass Frauen und Männer unterschiedlich töten. Frauen töten im Rahmen der Partnerschaftsgewalt selten im Affekt, sondern geplant und mit Methoden und Mitteln, die als "heimtückisch" gelten.

Das hat allerdings den Hintergrund, dass der Tat häufig eine lange Gewaltbeziehung vorausgeht, Frauen ihren Partnern häufig körperlich unterlegen sind, sie deshalb Pläne schmieden und Methoden wählen müssen, in denen der Partner schutzlos ist, z. B. während er schläft. Oder ihm über einen längeren Zeitraum z. B. Gift verabreichen. Aus dieser Planmäßigkeit ergibt sich der Straftatbestand "Mord" und häufig ein entsprechendes Urteil.

Im Gegensatz dazu morden Männer seltener, indem sie einen Plan aushecken und umsetzen, sondern die Gewalt endet irgendwann tödlich für das Opfer, meistens die Frau. Das wird dann als "Totschlag" oder "Körperverletzung mit Todesfolge" gewertet, weil das Moment der "Heimtücke", also das bewusste, niederträchtige, heimtückische Morden, fehlt. Es wird auch dann als "Totschlag", "Körperverletzung mit Todesfolge" oder "fahrlässige Tötung" gewertet, wenn es im Vorfeld schon einmal oder bereits häufiger zur Gewaltanwendung gekommen ist.

Fälle, keine Opferzahlen

Das größte Problem mit dem Datenmaterial ist, dass die einzelnen Straftaten registriert wurden, nicht jedoch die konkreten Opfer. "Im Jahr 2016 wurden unter den Straftaten-(gruppen) Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, Bedrohung und Stalking insgesamt 133.080 Opfer von vollendeten und versuchten Delikten der Partnerschaftsgewalt erfasst", berichtet die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB).

Das bedeutet aber nicht, dass von 133.080 verschiedenen Opfern die Rede ist, sondern von erfassten Delikten. Wurde also eine Frau drei Mal von ihrem Partner bedroht und die Tat wurde jeweils polizeilich erfasst, dann wird sie drei Mal als Opfer aufgeführt. Wenn die Statistik 108.956 Frauen als Opfer ausweist, dann wissen wir nicht, dass 108.956 Frauen zum Opfer wurden, sondern dass in 108.956 Fällen die Opfer weiblich waren.

Das gilt allerdings nicht für die Tatverdächtigen, die sind jeweils nur einmal aufgeführt, auch wenn ihnen mehrere Delikte zur Last gelegt werden. Mit anderen Worten: Aus dem veröffentlichten Zahlenmaterial lässt sich überhaupt nicht ablesen, wie viele Personen, wie viele Frauen, wie viele Männer konkret betroffen sind. Lediglich in Bezug auf die Opfer von vollendetem Mord und vollendetem Totschlag lässt sich die Zahl der Delikte auf die Zahl der Opfer eins zu eins übertragen.

Bei der Analyse der Statistik haben wir es also mit schwierigem Datenmaterial mit vielen Vakanzen zu tun. Auch sagen die in der Statistik veröffentlichten Zahlen nichts darüber aus, welche der angezeigten Delikte eine Strafverfolgung oder gar eine Verurteilung nach sich ziehen.

Trotzdem lässt sich nicht bestreiten, dass die Gewalt in erster Linie von Männern ausgeht und Frauen zum Opfer werden. Wir reden also über Männergewalt. Und zwar zwingend als gesamtgesellschaftliches Problem, das zeitnah einer Lösung bedarf.