Häusliche Gewalt: Alarmierende Fakten

Seite 3: Keine Hilfsangebote für betroffene Männer

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In Diskussionen über sexualisierte und häusliche Gewalt taucht immer wieder das Argument auf, die Dunkelziffer in Bezug auf Gewalt gegen Männer sei sehr hoch und im Gegensatz zum Hellfeld, wo 80% der Opfer weiblich sind, sei das Verhältnis im Dunkelfeld ausgewogen, also 50:50. Dafür gibt es allerdings keine belastbaren Belege.

Es gibt weder ausreichendes Datenmaterial über nicht angezeigte Frauengewalt gegen Männer noch Unterstützungsangebote für betroffene Männer. Es wäre die Aufgabe von Männern, diese Daten zu sammeln und entsprechende Angebote zu schaffen. Frauenhäuser fielen auch nicht vom Himmel: Feministinnen haben diese hart erkämpfen müssen. Und müssen immer wieder neu für den Erhalt jeder Beratungsstelle und jedes Frauenhauses streiten.

Wo sind sie denn, die Männergruppen, die um ein neues Rollenverständnis, um die Blaupause für den neuen Typ sozialverträglicher Mann ringen? Wo sind sie, die Kurse, in denen Anti-Gewalt-Training angeboten wird? Wo die Schulungen in Bezug auf respektvollen Umgang mit Frauen und Mädchen?

Männer tauchen in dieser Diskussion größtenteils nur auf, um sich selbst als Opfer zu stilisieren. Und um Frauen Ratschläge zu erteilen, was wir wie zu diskutieren und welche Erniedrigungen wir gefälligst zu schlucken haben. Zum Beispiel in der Debatte um Sexismus in Kunst und Kultur.

Wo unter dem Deckmäntelchen der "künstlerischen Freiheit" jede Kritik niedergemacht wird. "Künstlerische Freiheit", so heißt es dann, sei "das höchste Gut". Irrtum! Das "höchste Gut" ist die Menschenwürde und die gilt - das mag jetzt überraschen - auch für Frauen. Das in der Debatte angeführte angeblich "höchste Gut" ist nichts anderes als Festschreibung des Status Quos und damit der männlichen Privilegien.

Als Argument, dass das Dunkelfeld in Sachen Gewalt GEGEN Männer so hoch sei, wird immer angeführt, Männer schämten sich viel zu sehr, als dass sie sexualisierte und häusliche Gewalt zur Anzeige brächten. Man(n) nimmt es an, wir wissen es aber nicht. Was wir allerdings wissen, ist, dass Frauen häufig jahre-, manchmal jahrzehntelang in Gewaltbeziehungen ausharren. Das viele Frauen sich in Grund und Boden schämen, dass ihnen Gewalt angetan wurde oder dass sie ihre Kinder nicht schützen konnten.

Wir wissen auch, dass viele Frauen in Gewaltbeziehungen bleiben, weil sie ökonomisch total abhängig sind von ihrem Partner. Oder weil Gerichte Frauen via geteiltes Sorgerecht auf viele Jahre an gewalttätige Ex-Partner ketten und sie ihnen quasi frei Haus liefert. Und weil Frauen oft keine Unterstützung bekommen - weder von ihrer Familie noch von der Gesellschaft oder staatlichen Institutionen wie z. B. der Polizei.

Wir wissen also, dass die Dunkelziffer bei Frauen extrem hoch ist. Und zwar deswegen, weil Frauen häufig angeben, schon in der Vergangenheit von Gewalt betroffen gewesen zu sein, wenn es irgendwann doch zu einer Anzeige kommt. Oder, weil Frauen, wie in der aktuellen Sexismus-Debatte unter dem Hashtag #MeToo, Jahre oder Jahrzehnte später über ihre Erlebnisse sprechen.

Oder weil, wie in Gerichtsverhandlungen oder auch bei Mordfällen immer wieder deutlich wird, Frauen vor der Gewalttat z. T. mehrfach vergeblich um Schutz gebeten haben. Dabei wird in aller Regel der Rechtsstaat in Feld geführt, der unser Aller Wohl diene. In der Realität aber ist Rechtsstaat männlich definiert und dient dem Täterschutz, nicht dem potentiellen Opfer.

Die Unschuldsvermutung ist eine richtige und wichtige Kategorie - aber nicht, wenn "bis die Schuld zweifelsfrei erwiesen ist" - so sie denn überhaupt jemals zweifelsfrei erwiesen werden kann - automatisch bedeutet, dass die Klägerinnen wie Lügnerinnen behandelt werden können.

Es gibt ebenso wenig Beratungsstellen und Hilfsangebote für Männer, die Opfer von häuslicher Gewalt werden, wie es kaum Organisationen, Institutionen oder staatlichen Stellen gibt, die sich der männlichen Gewalt und den Aggressionen annehmen. All das gibt es nicht, weil Männer sich in der Vergangenheit nicht, oder zu wenig, damit auseinandersetzen mussten. Genau das muss anders werden! Männer müssen endlich begreifen, dass genau diese zu schaffen, ihre vordringlichste gesellschaftliche Aufgabe ist.