Hamburg: Nachtaktive Ordnungsmacht

Seite 4: Grüne werden aufgefordert, die Koalition zu beenden

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Wo die Polizei schon einmal dabei war, wurde auch gleich noch der Republikanische Anwaltsverein (RAV) verunglimpft: "Die Hamburger Polizei greift im Rahmen der rechtlichen Auseinandersetzungen um die Proteste gegen den G20-Gipfel die freie Advokatur und damit ein tragendes Prinzip des Rechtsstaates an", heißt es in einer Mitteilung des RAV. "In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertritt die Behörde die Auffassung, die Mitgliedschaft von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen im RAV sei Indiz für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit."

Hintergrund ist der Rechtsstreit mit vier ehemaligen Jura-Studierenden aus Hamburg, die derzeit gegen das von der Hamburger Polizei für ein Areal von 38 Quadratkilometer erlassene Verbot von Demonstrationen am 7./8. Juli 2017 klagen. Laut RAV geht die Polizei "gegen diesen Eilantrag nun mit einem Angriff auf die freie Anwaltschaft vor: Am 3. Juli 2017 hat die Behörde eine schriftliche Gefahrenprognose vorgelegt, bei der sie ausführt, die Antragstellenden und die genannte Studierendengruppe seien mit dem 'Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein' (RAV e.V.) verbunden. Außerdem seien die im Verfahren mandatierten Rechtsanwält_innen Mitglieder im RAV. Daher sei davon auszugehen, dass eine große Anzahl von Personen an Spontanversammlungen teilnehmen werde, so dass auch die Gefahr faktischer Blockaden bestehe."

Dabei tun die Antragstellenden genau das, was Dudde ihnen einst riet: Als bekannt wurde, dass er zum Einsatzleiter während der Protest erkoren wurde, breitete sich Entsetzen aus. Denn Dudde ist als nicht eben zimperlich bekannt. Wie wir seit der blamablen Geschichte um die drei Berliner Hundertschaften, die wegen ihres ausschweifenden Nachtlebens an die Spree zurückgeschickt wurden (Ungebührliches Verhalten), wissen, sind ihm die Castor-Einsätze gegenwärtig. Er war auch der Hauptverantwortliche, als beim Protest zum Erhalt des Autonomen Zentrums "Rote Flora" am 21. Dezember 2013 Polizeieinheiten den genehmigten Marsch nach ein paar Metern angriffen und die Demo in einer Straßenschlacht endete.

Laut taz halten auch andere große Stücke auf ihn: "Hamburgs Polizeipräsident Ralf Meyer, selbst in der Schwarz-Schill-Ära groß geworden, hält Dudde für seinen fähigsten Beamten, den G-20-Gipfeleinsatz zu leiten. Durchsetzungskraft hat er eben stets bewiesen." Dudde wird in dem Artikel mit den Worten an seine Kritiker zitiert: "Sie können ja dagegen klagen."

Auch das könnte letztendlich ein Eigentor werden, denn schon tauchen im Netz neue Rücktrittsforderungen auf. Diesmal an die Grünen, die in Hamburg gemeinsam mit der SPD den Senat stellen. "Wo sind eigentlich die Grünen? …, in HH an der Macht. Diese Geschichte müsste bei denen eigentlich eine sofortige politische Reaktion auslösen. Und zwar eine, in der die Worte 'platzen' 'Rücktritt' 'Austritt aus der Regierung' sehr viel Raum einnehmen sollten."

Birgit Gärtner