Hanoi: Trump lockt Kim mit Wirtschaftswachstum
Vietnam ist auch Symbol für das wirtschaftliche Potenzial ehemals zum Ostblock gehöriger asiatischer Länder
Heute traf US-Präsident Donald Trump den nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Un das zweite Mal persönlich. Dass das Treffen in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi stattfand, dürfte damit zusammenhängen, dass Kim hier mit der von ihm bevorzugten Eisenbahn anreisen konnte. Vietnam ist aber auch ein Symbol: Ein Symbol dafür, dass sich zwei ehemals erbitterte Feinde heute bestens vertragen. Und ein Symbol für den wirtschaftlichen Aufstieg, den ein asiatisches Land, das einmal zum Ostblock gehörte, in sehr kurzer Zeit schaffen kann.
Vietnam befand sich Ende der 1970er sogar in einer schlechteren Ausgangslage als Nordkorea: Große Teile des Südens, aber auch des Nordens, waren durch mit kurzen Unterbrechungen seit dem Zweiten Weltkrieg andauernde Kampfhandlungen weitgehend zerstört. Auch in den Jahren danach wirkten sich der "Erziehungskrieg" mit China und der Kampf gegen die Roten Khmer negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Hunger und Inflation waren die Folge, konnten aber im Laufe der 1980er Jahre in den Griff bekommen werden.
Boeing liefert 110 737-Max-Machinen an vietnamesische Fluggesellschaften
Als IWF und Weltbank nach der Lockerung des amerikanischen Wirtschaftsembargos 1993 an die Tür klopften, akzeptierte Vietnam zwar teilweise Kredite, weigerte sich jedoch beständig, die auf den Washington Consensus beruhenden "Ratschläge" der beiden Institutionen unbesehen anzunehmen. Stattdessen bedachte man erst die möglichen wirtschaftlichen Folgen, bevor man sich auf Privatisierungen oder Gesetzesänderungen einließ. So erhebt das Land beispielsweise hohe Zölle auf Verbrauchsgüter (und vor allem auf Luxuswaren), aber keine oder nur sehr niedrige auf Rohstoffe und Maschinen, die es nicht selbst produziert. Auch zu einer Privatisierung natürlicher Monopole ließ sich Vietnam trotz inständigen IWF-Drängens nur sehr bedingt überreden.
Damit erreichte der Staat am Mekong ein Wirtschaftswachstum, das im letzten Jahr höher ausfiel als das chinesische (vgl. Haiti, Nordkorea und Vietnam - drei unterschiedliche Entwicklungswege). Diese wirtschaftliche Entwicklung Vietnams hat auch Vorteile für die US-Wirtschaft: Das zeigt ein am Rande eines Treffens zwischen Trump mit dem vietnamesischen Präsidenten Nguyễn Phú Trọng abgeschlossener 12,7 Milliarden Dollar schwerer Handel zwischen VietJet und Bamboo Airways und dem US-Konzern Boeing, der den beiden vietnamesischen Fluggesellschaften 110 737-Max-Flugzeuge liefern wird. Vor drei Jahren hatte VietJet Boeing bereits 100 737-Max-Maschinen abgekauft.
Ergebnisse erst am Donnerstag
Trump hält eine wirtschaftliche Entwicklung wie in Vietnam auch in Nordkorea für möglich (vgl. Trumps Einschätzung nach könnte Nordkorea wirtschaftlich eine "Rakete" werden). Gestern twitterte er, Vietnam "gedeih[e] wie wenige andere Orte auf der Erde" und Nordkorea könne "sehr schnell das gleiche haben", wenn es sich "denuklearisiert": "Das Potenzial ist TOLL, eine großartige Gelegenheit für meinen Freund [sic] Kim Jong Un". Mit dieser Sichtweise ist Trump nicht alleine: Die US-Investmentbank Morgan Stanley erwartet in Nordkorea im Falle einer politischen Entwicklung wie in Vietnam jährliche Investitionen in Höhe von bis zu neun Milliarden Dollar.
Ob es beim zweiten Treffen konkrete Fortschritte gab, wird wahrscheinlich erst im Laufe des Donnerstag bekannt, wenn die beiden Politiker Hanoi wieder verlassen. Am ersten Tag wiederholte Trump im Grunde nur, dass er optimistisch sei und Nordkoreas wirtschaftliches Potenzial für "gewaltig" halte - und Kim beklagte sich, sein Land werde "missverstanden".
Repräsentantenhaus macht Symbolpolitik
Bringt der Gipfel Fortschritte, erhöht das potenziell Donald Trumps Chancen auf eine Wiederwahl im nächsten Jahr. Selbiges gilt für die Handelsgespräche mit China, für die der US-Präsident am Wochenende die Frist verlängerte. Sie sollen zu einer Verringerung des amerikanischen Handelsdefizits führen.
Ein weiteres Wahlversprechen will Trump dadurch erfüllen, dass er mittels der Erklärung eines nationalen Notstandes das Budget umschichtet, damit an der Grenze zu Mexiko eine Mauer gebaut werden kann. Gestern stimmte das Repräsentantenhaus mit 245 zu 182 Stimmen gegen diese bereits Mitte Februar ausgesprochene Notstandserklärung des Präsidenten. Damit wurde die Zweidrittelmehrheit, die außer im Repräsentantenhaus auch im republikanisch dominierten Senat nötig wäre, um ein Veto des Präsidenten zu überstimmen, nicht einmal in der von den Demokraten beherrschten Kammer annähernd erreicht.
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