Hat Nordkorea nur geblufft?
Bislang lässt sich noch nicht sagen, ob Nordkorea wirklich einen unterirdischen Atomtest ausgeführt hat
Nordkorea hat berichtet, einen unterirdischen Atombombentest erfolgreich durchgeführt zu haben (Nordkorea meldet "erfolgreichen" unterirdischen Atomwaffentest). Schon mit der Ankündigung, erst recht mit der Vollzugsmeldung hat Diktator Kim Jong-Il die globale Aufmerksamkeit erreicht, die er damit erzielen wollte. Einen Tag zuvor hatte er sein neunjähriges Jubiläum als Vorsitzender der Kommunistischen Partei gefeiert. 1998 wurde dieser Posten als höchstes Regierungsamt eingeführt. Dass Nordkorea trotz weltweiten Drucks den Test so schnell nach der ersten Ankündigung durchgeführt hat, kam überraschend. Noch aber ist gar nicht klar, ob es sich wirklich um einen erfolgreichen Atomwaffentest gehandelt hat.
Über Nordkorea ist erstaunlich wenig bekannt. Zwar hatte das Land bereits Anfang 2005 verkündet, dass es über Atomwaffen verfügt, aber ob dies tatsächlich zutrifft und wieviel waffenfähiges Plutonium es besitzt, ist letztlich unbekannt. Selbst wenn Nordkorea einen funktionierenden Sprengkopf haben sollte, dürfte es nicht in der Lage sein, diesen mit einer Rakete in ein weiter entferntes Land oder gar in die USA und das noch zielgenau zu bringen. Der im Juli erfolgte Test mit der Langstreckenrakete Taepodong-2 ging schief. Die Rakete stürzte nach wenigen Sekunden ins Meer.
Es könnte also durchaus sein, dass Nordkorea lediglich blufft. Nachdem man seit der Wiederaufnahme der Anreicherung zwar nicht die gewünschten Erfolge, wohl aber hinreichend Aufmerksamkeit erhalten hat und nicht militärisch bedroht wurde, könnte es durchaus sein, dass das Regime mit dem Joker einer Atombombe weiter spielt.
Uneinigkeit besteht im Augenblick auch schon, wie stark die Explosion war. Der Erdbebebdienst der USA hat ein Beben von der Stärke 4,2 auf der Richterskala gemessen, japanischen Geologen stellten 4,3 fest. Bei der Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organisation (CTBTO, die über ein Netzwerk von seismischen Messtationen verfügt, sollen es nur noch 4,0 gewesen sein. Südkoreanische Wissenschaftler haben 3,58 gemessen, der Geophyisker Manfred Henger von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe geht ebenfalls von der Stärke 4 aus.
Falles sich wirklich um eine Atomwaffenexplosion handelte, so gehen die Südkoreaner von einer kleinen Sprengkraft von 0,5-0,8 Kilotonnen aus. Die russische Regierung, die angeblich sicher ist, dass es sich um einen Atomwaffentest gehandelt hat, gehen hingen von einer Größenordnung von 5-15 Kilotonnen aus, wie der russische Verteidigungsminister Sergei Ivanov erklärte. Die Hiroshima-Bombe besaß eine Sprengkraft von etwa 12,5 kT. Die danach gebauten Sprengköpfe können eine Sprengkraft bis zu 100 kT haben. Die Berechnung der Stärke der Sprengladung aus den gemessenen seismischen Daten hängt sehr stark von den zugrunde gelegten geologischen Gegebenheiten ab.
Sollte es sich um einen nuklearen Sprengsatz gehandelt haben, dann hätten die Nordkoreaner womöglich nur wenig Plutonium verwendet. Man geht davon aus, dass das Land höchstens um die 50 kg waffenfähiges Plutonium besitzt. Nach Experten sei allerdings einfacher, einen Test mit einer Sprengladung ab 15 kT zu machen. James Acton von Vertic (Verification Research, Training and Information Centre) erklärt, dass man bei seiner Sprengkraft unter 1 kT von einem gescheiterten Versuch ausgehen müsse. Manche vermuten auch, dass Nordkorea nur eine nukleare Explosion vortäuschen wollte und deswegen eine große Menge TNT gesprengt hätte. Bei kleinen Sprengladungen kann es schwierig sein, dies zu unterscheiden. Das Pentagon möchte sich noch nicht festlegen. Ein US-Geheimdienstinformant soll gesagt haben, man gehe von einer Explosion mit einer Sprengkraft unter einer Kilotonne aus und könne daher auch nicht ausschließen, dass es sich um einen Bluff handelt. Auch die USA planen einen Test mit 700 Tonnen konventionellen Sprengstoff mit einer Sprengkraft von 0,5 kT (Divine Strike), haben diesen aber bislang immer wieder verschoben.