Nordkorea meldet "erfolgreichen" unterirdischen Atomwaffentest
Die Zuspitzung des Konflikts bedeutet ein Scheitern der bisherigen Politik
Nordkorea scheint nun ernst gemacht zu haben und führte am 9. Oktober angeblich den ersten Atomwaffentest aus. Ist der Test tatsächlich erfolgreich verlaufen, wäre Nordkorea nun endgültig eine faktische Atommacht, neben den USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien, Pakistan, Indien und Israel. Entsprechende seismologische Messungen haben entsprechende Erschütterungen – ein „künstliches Erdbeben“ - in Nordkorea bestätigt, Russland versichert, es sei „hundertprozentig“ eine unterirdische Atomwaffenexplosion gewesen. Der Test ist vor allem auch eine Herausforderung an die USA, die Nachbarstaaten und die Vereinten Nationen, die letzte Woche noch einmal das nordkoreanische Regime vor ernsthaften Konsequenzen gewarnt haben, falls der angekündigte Test durchgeführt werde. Für Verhandlungen blieb allerdings wenig Zeit, da Nordkorea erst am 3. Oktober den Test angekündigt hatte.
Erst im September hatte Nordkorea einige Raketen getestet, allerdings wenig erfolgreich (Die Raketen Nordkoreas und die Politik der Nachbarn). Zu den angedrohten Sanktionen kam es nicht, da sich Russland und China im Sicherheitsrat dagegen aussprachen. Der Atombombentest, sollte es sich tatsächlich um einen gehandelt haben, ist der bislang letzte Schritt einer seit Jahren verfolgten Politik des diktatorischen Regimes, die USA direkt an den Verhandlungstisch zu zwingen, um die Sanktionen aufzuheben und die Macht des Herrschers Kim Jong Il zu sichern. Die Entwicklung begann nach der Rede von Bush zu kulminieren, in der er Irak, Iran und Nordkorea zur „Achse des Bösen“ erklärte. Im Zuge der Vorbereitungen zum Irak-Krieg, hatte Nordkorea versucht, die Lage für sich zu nutzen und als ersten Schritt begonnen, wieder mit der Anreicherung von Uran zu beginnen. Unter Clinton wurde 1994 das Atomwaffenprogramm gegen Hilfslieferungen, Erdöl und den Bau von zwei zivilen Atomreaktoren aus den USA eingefroren, wodurch erreicht wurde, dass Nordkorea den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnete. Die Bush-Regierung zögerte 2002 die Information über die Wiederaufnahme der Anreicherung in Nordkorea hinaus, bis der Kongress dem US-Präsidenten die Ermächtigung zum Krieg gegen den Irak gegeben hatte (Update: Die US-Regierung hat dem Kongress die Informationen über das nordkoreanische Atomwaffenprogramm vorenthalten). Auch danach setzten die USA, die die Hilfslieferungen einstellten, gegenüber Nordkorea auf Verhandlungen, während man gegenüber Irak auf eine militärische Lösung setzte, weil dieser angeblich die USA und die Nachbarländer mit Massenvernichtungswaffen bedrohte. Im Februar 2005 hatte Nordkorea erstmals behauptet, im Besitz einer Atombombe zu sein (Nordkorea erklärt, Atomwaffen zu besitzen).
Nachdem sich die von der Bush-Regierung im Irak vermuteten Massenvernichtungswaffen schon lange verflüchtigt hatten und allmählich Iran, das möglicherweise ein Atomwaffenprogramm anstrebt, ins Zentrum der Aufmerksamkeit und Drohungen gerückt wurde, hat Nordkorea weiterhin in Ruhe sein existierendes Atomwaffenprogramm verfolgen können, weil sich die Bush-Regierung weigerte, in direkte Verhandlungen mit dem Regime einzutreten, aber auch nicht wie im Fall von Irak eine militärische Intervention anzudrohen und auszuführen. Die US-Regierung bezeichnet nun wieder einmal den Atomwaffentest als „Provokation“ und fordert scharfe Maßnahmen vom UN-Sicherheitsrat. Zusammen mit Japan will die US-Regierung eine Resolution im Sicherheitsrat einreichen, der heute zu einer Sondersitzung zusammentrifft. Möglicherweise hat Nordkorea mit dem Test tatsächlich eine Linie überschritten. Mit außergewöhnlichem Nachdruck hat nun auch die chinesische Regierung Nordkorea verurteilt. Allerdings fordert sie alle zu einer ruhigen Reaktion und zur Wiederaufnahme von Verhandlungen auf. China ist der wichtigste Handelspartner Nordkoreas. Südkorea hat seine Armee in eine erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, scheint sich aber mit der Androhung von Konsequenzen zurückzuhalten. Russland forderte alle beteiligten Staaten zur Zurückhaltung und Nordkorea zur Wiederaufnahme der Verhandlungen und zur Einhaltung des Abkommens über die Nichtverbreitung von Atomwaffen auf.
Nordkorea hatte in einer Mitteilung den „erfolgreichen“ unterirdischen Test als ungefährlich bezeichnet, da keine radioaktive Strahlung ausgetreten sei. Er sei unter „sicheren Bedingungen“ durchgeführt worden und bringe die Nation einen großen Schritt nach vorne. Zuvor hieß es schon, dass das Regime angeblich seine Atomwaffen nur zur Verteidigung, nicht zum Angriff benutzen werde. Nordkorea hatte kurz vor dem Test diesen der chinesischen Regierung angekündigt, die die Information an die US-Regierung weiter gegeben hat. Sollte es sich tatsächlich um einen erfolgreichen Atomwaffentest gehandelt haben, dürfte das nordkoreanische Regime sich damit einen Trumpf verschafft haben, der es vor militärischen Aktionen schützt. Allerdings könnte sich die Lage weiter destabilisieren, wenn die UN nun wirklich scharfe, auch von Russland und China getragene Sanktionen beschließen sollte, die das verarmte Land noch weiter in den Ruin stürzen würden. Schließlich hat Kim Jong Il bereits demonstriert, dass er die Spirale der Drohgesten weiter vorantreibt, um seine Herrschaft zu sichern und seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, ohne auf die Interessen seines Volkes Rücksicht zu nehmen.