Hausdurchsuchung nach Habeck-Beleidigung: Gerüchte und Hintergründe
Streit um Verhältnismäßigkeit: Wollte der Minister genau diese Polizeimaßnahme – oder ging es in Wahrheit um antisemitische Volksverhetzung?
Die Hausdurchsuchung bei dem Rentner, der beschuldigt wird, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als "Schwachkopf" beleidigt zu haben, sorgt für Diskussionen: War die Beleidigung der ausschlaggebende Grund für die Polizeimaßnahme – und hat Habeck dieses Vorgehen beabsichtigt oder gar verlangt, als er Strafantrag stellte?
Habeck-Umfeld: Verwundert über Hausdurchsuchung
Bestätigt ist nur, dass er wegen des "Schwachkopf"-Memes Strafantrag gestellt hat – nicht aber, dass er damit genau diese Maßnahme bezweckte.
Letzteres wird laut einem Bericht der Legal Tribune Online (LTO) vom Umfeld des Grünen-Politikers verneint: "Dass eine gerichtlich angeordnete Hausdurchsuchung bei dem Beschuldigten stattfand, ist einzig und allein die Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte", heißt es dort laut LTO.
Schwachkopf-Meme: Kannte Habeck noch andere Vorwürfe?
Habeck sei über die konkreten Ermittlungsmaßnahmen weder informiert gewesen noch daran beteiligt. Man sei über die Hausdurchsuchung verwundert, falls diese allein wegen des Strafantrags erfolgt sei.
Von anderen Vorwürfen gegen den Mann habe man erst jetzt erfahren, schrieb das Online-Magazin am Freitag, nachdem mehrere Medien intensiv über die am Dienstag erfolgte Durchsuchung berichtet hatten.
Volksverhetzung: Welche Rolle spielte der zweite Vorwurf?
Inzwischen war bekannt, dass gegen den Betroffenen auch wegen des Anfangsverdachts auf antisemitische Volksverhetzung ermittelt wurde. Laut der zuständigen Staatsanwaltschaft Bamberg soll er im Frühjahr 2024 auf der Plattform X eine Bilddatei hochgeladen haben, auf der ein "SS- oder SA-Mann mit dem Plakat und der Aufschrift 'Deutsche kauft nicht bei Juden' sowie u.a. der Zusatztext 'Wahre Demokraten! Hatten wir alles schon mal!' zu sehen" war.
Schräger Vergleich oder NS-Verherrlichung?
Über den Kontext wurde zunächst nichts mitgeteilt: Wollte er den SS- oder SA-Mann unironisch als "wahren Demokraten" bezeichnen und sich mit dem Slogan "Deutsche, kauft nicht bei Juden" gemein machen? – Diese Lesart wird in Online-Diskussionen als Argument für die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme angeführt.
Eine Recherche von Ronen Steinke für die Süddeutsche Zeitung legt nahe, dass dies nicht der Fall war: In bayerischen Justizkreisen sei vielmehr zu hören, dass der Rentner das Bild nebst Kommentar im Zuge einer Diskussion über einen Boykott der Molkerei Müller hochgeladen habe.
Demnach hatte er "Kauft nicht bei Juden" als abschreckendes Beispiel gewählt, um vor dem Boykott des Unternehmens, dem AfD-Nähe vorgeworfen wird, zu warnen. Ihm könnte demnach NS-Verharmlosung vorgeworfen werden – nicht aber NS-Verherrlichung oder ein ernst gemeinter Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte. Eine gerichtliche Bewertung bleibt abzuwarten, falls das Verfahren nicht eingestellt wird.
Habeck-Beleidigung war Grund der Durchsuchung
Die Staatsanwaltschaft Bamberg gab diesen Anfangsverdacht auch nicht als Grund für die Hausdurchsuchung an. Diese sei richterlich "wegen des Tatverdachts einer gegen Personen des politischen Lebens gerichteten Beleidigung" angeordnet worden, erklärte die Strafverfolgungsbehörde am Freitag,