Heiße Geheimnisse des schwarzen Monsters

Ernähren sich schwarze Löcher von kosmischen Donuts?

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Schwarze Löcher sind faszinierende kosmische Gebilde, die sich den Astronomen erst langsam offenbaren. Da sie alles, auch das Licht, komplett verschlingen, können sie nur durch ihren Einfluss auf ihre Umgebung aufgespürt werden. Einem internationalen Team von Wissenschaftlern ist jetzt ein tiefer Blick in den Rachen des Monsters gelungen.

Die Spiralgalaxie mit Namen NGC 1068 oder M77 liegt ungefähr 50 Millionen Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild Walfisch (Cetus) und beherbergt in ihrem Innern ein supermassives schwarzes Loch, das sie extrem hell strahlen lässt. Gegen dieses Monster mit seiner Masse, die Hundertmillionenfach der unserer Sonne entspricht, ist das gefräßige Biest im Zentrum der Milchstraße eher ein Zwerg, denn es hat gerade mal die Masse von 3,6 Millionen Sonnen (Sensation in der Milchstraße).

Galaxie NGC 1068 oder M77 (Bild: Chandra)

Ein Team von mehr als 20 Wissenschaftlern von europäischen 12 Universitäten und Instituten hat sich unter der Leitung von Walter Jaffe vom niederländischen Leiden Observatory zusammengetan, um sich mithilfe der Daten des Interferometers des Very Large Telescopes der Europäischen Südsternwarte (VLTI) einen vertieften Einblick in NGC 1068 zu verschaffen. Durch die trickreiche Technik der Interferometrie, die Kombination der Strahlengänge von zwei oder mehreren Teleskopen, erhält man eine Bildschärfe, als hätte man ein Teleskop mit einer Öffnung so groß wie der Abstand zwischen den einzelnen eingesetzten Teleskopen (Naht das Ende der Moon-Hoax-Legende?). Die Forscher nutzten das Infrarotlicht, um sich ein Bild vom Innenleben der Galaxie zu machen.

NGC 1068 ist besonders interessant, weil sie eine aktive Galaxie mit entsprechendem Kern (Active Galactic Nuclei,AGN) ist. Für eine Galaxie dieser Art ist sie uns relativ nahe.

Ein schwarzes Loch immer näher herangezoomt: Bild des Hubble Space Telescope (Bild: ESO)

Diese kosmischen Objekte sind extrem leuchtkräftig und sie strahlen intensiv im ganzen elektromagnetischen Spektrum, also von der Radiostrahlung über das infrarote und sichtbare Licht bis zur Röntgenstrahlung. Mit ihrem Energiereichtum erhellen sie das Universum, gleichzeitig sind sie aber meist mit einer dichten Wolke aus Staub und Gas umgeben. Durch diese Barriere wollten Jaffe und seine Kollegen hindurchschauen, um festzustellen, wie die Umgebung des schwarzen Lochs genau aussieht, beziehungsweise welche Form die dichten Staubwolken haben.

Zum ersten Mal ist ihnen nun ein klarer Blick auf die Formation gelungen. Die Wolke rund um das gefräßige Monster besteht aus warmem Staub von ungefähr 50 Grad Celsius: Sie ist ringförmig und hat die Form eines Schmalzkringels oder Doughnuts, was in der Wissenschaft Torus genannt wird. Sie hat einen Durchmesser von 11 Lichtjahren, ihre Dicke beträgt 7 Lichtjahre. Im Innern weist sie eine extrem heiße Zone auf, etwa zwei Lichtjahre weit glüht alles bei 500 Grad Celsius, aufgeheizt durch die intensive Strahlung rund um das schwarze Loch. Denn dort sammelt sich heißes Gas, das mit hohem Druck rund um den Ereignishorizont wirbelt, bevor es dann hinein gesaugt wird und sich endgültig verabschiedet.

Ein schwarzes Loch immer näher herangezoomt: Das VLTI-Bild mithilfe von MIDI durchdringt den Staub und zeigt die Struktur des Zentrums (Bild: ESO)

Vergangenes Jahr hatten Beobachtungen mit dem Interferometers des Very Large Telescopes und dem von Europäern entwickelten Spezialinstrument MIDI bereits darauf hingewiesen, dass sich im Kern von NGC 1068 ein solcher Schmalzkringel dreht (A First Look at the Doughnut Around a Giant Black Hole). Weitere intensive Beobachtungen folgten dann und führten letztlich zu der jetzt vorliegenden klaren Bestätigung der ersten Hinweise.

In seinem begleitenden News & Views-Artikel in Nature zeigt sich Julian Krolik von der John Hopkins University in Baltimore begeistert:

"Dieses Ergebnis ist eine dramatische Bestätigung der Folgerungen, die vor einem Jahr gezogen, aber nicht völlig akzeptiert wurden, weil sie so schwierig zu verstehen waren. Seit den späten 80er Jahren haben viele angenommen, dass die Staubwolken rund um die Kerne aktiver Galaxien kein Kuddelmuddel darstellen, sondern mehr oder weniger wie dicke Doughnuts aussehen."

Ein schwarzes Loch immer näher herangezoomt: Dies ist ein nicht mehr real beobachtbares Schema der Staubwolke, die innen extrem heiß ist (Bild: ESO)