HiFi und Heimkino im Kampf gegen den Kopierschutz
Auch die High-End blieb 2005 nicht von den Problemen der normalen Musikhörer und Filmgucker verschont.
Leute mit goldenen Ohren – oder zumindest vergoldeten Verstärkern und Lautsprechern – machten sich in der Vergangenheit eher wenig Gedanken über die Niederungen moderner Unterhaltungselektronik wie Kopierschutz-Probleme. Doch mittlerweile ist dies auch in diesen Kreisen ein unvermeidliches Thema.
Neben der Fraktion der Traditionalisten, die mit tonnenschweren massiv gebauten mechanischen Plattenspielern, Röhrenverstärkern und Hornlautsprechern meist auch Musik aus vergangenen Epochen stilvoll genießen wollen, wird im High-End-Bereich die Fraktion der modernen HiFi-Fans immer größer, die sehr wohl auch auf guten Ton Wert legen, doch dabei heute üblichen High-Tech-Komfort wie Fernbedienung, Digitaltechnik und ein Bild zum Ton – sprich: Heimkino – nicht außen vor lassen wollen.
Stehen dann nach Kauf einer Heimkino-Anlage neben Flachbildschirm, Verstärker mit 86 Anschlüssen und DVD-Player fünf oder gar sieben Lautsprecher plus Subwoofer (Eingekreist von Lautsprechern) und eine Kabeltrommel mit 20 Metern Lautsprecherleitung im Wohnzimmer, kommt der HiFi-Fan sich vor wie ein Elektriker im Rohbau.
Verschärft wird dies, wenn der Kontrast zwischen gutem Ton im Wohnzimmer und Quäkradios in Küche, Schlafzimmer und Bad dazu führt, dort auch noch Zweitlautsprecher anschließen zu wollen. Die Folge: Die High End ist ab sofort nicht nur eine Messe für HiFi, sondern auch für Heimkino – und Installation. Unterhaltungselektronik-Installation, versteht sich – Badewannen und Klosetts gibt es woanders.
Die Messe nahm damit nach 2004 (Sound für feinfühlige Männer), dem ersten Jahr in München, in 2005 deutlich an Fläche und Besuchern zu, auch wenn die Eröffnung durch die bayrische Kultusministerin Monika Hohlmeier diesmal ausfallen musste, weil jene ja nicht mehr in Amt und Würden ist.
Flachbildschirme, Heimkinosysteme und eben Installationssysteme machten sich breit. Und neben dem klassischen CD- und DVD-Spieler gibt es nun auch jede Menge Multimedia-Center für Audio und Video. So zeigte Cyrus ein Festplattenjukeboxsystem, das CDs 1:1 – also nicht MP3-komprimiert – auf einen Musikserver kopiert und eventuelle Kopierschutzsysteme dank Kooperation mit der Musikindustrie angeblich gleich mit. Dieser Server kann dann – beim Modell Linkserver Quattro – von bis zu vier Cyrus-Anlagen im Haus verwendet werden kann; über ein Funksystem namens Link Port ist dies auch drahtlos möglich. Der High-End-Musikserver schlägt allerdings mit mehreren 1000 Euro zu Buche.
Noch weiter geht der britische Hersteller Chord: Die im Sommer erwartete Media Engine wird auf sechs als RAID-Array zusammengeschalteten 400-GB-Festplatten insgesamt 2,4 Terabyte Speicherplatz für bis zu 600 Stunden DVD-Filme oder riesige CD-Bibliotheken beherbergen, die dann in Sekundenbruchteilen abgerufen werden.
Allerdings werden nach Europa gelieferte Geräte wegen des verschärften Urheberrechts ohne die Fähigkeit ausgeliefert, kopiergeschützte CDs und DVDs einzulesen. Der Käufer muss dann auf eigene Gefahr einen Crack aus dem Internet nachladen – wer das Geld für eine solche Anlage hat, kann auch die Abmahnungen der Musikindustrie bezahlen…
Onkyo zeigte stolz ein Dock für den I-Pod für knapp 90 Euro, in dem dieser mit der Onkyo-Systemfernbedienung gekoppelt wird. Der MP3-Spieler ist dann direkt mit der Verstärkerfernbedienung bedienbar, was auch beim von Telepolis im Februar getesteten AV-Receiver TX-SR702E (Bild und Ton in HiFi) funktioniert, so man ein solches Gerät bereits besitzt. Andernfalls hat man erstmal Pech gehabt: Wegen unerwartet großer Nachfrage ist der Receiver auf einige Monate hin ausverkauft.
Bei Sony war ein exklusives HDTV-Kino zu sehen: Der Projektor Scenia 004 bietet echte 1920 x 1080 Bildpunkte Auflösung. Die neue SXRD-Technologie (Silicon Chrystal (X)-tal Reflective Display) macht es möglich mit drei LCD-Chips, die das rote, grüne und blaue Licht Pixel für Pixel reflektieren und durch ein Prisma lenken, das die drei einfarbigen Teilbilder zu einem farbigen Gesamtbild zusammensetzt. Das Ergebnis ist ein Bild, das momentan konkurrenzlos ist und besser als das Leinwandbild vieler Kinos sein dürfte. Der Projektor ist dabei nicht klein, aber sehr leise, obwohl er die 700 Watt der dementsprechend kurzlebigen Xenon-Lampe unauffällig aus dem Gerät blasen muss. Für 31.000 Euro bietet auch dieser Projektor ein schönes Design, obwohl man das im Dunkeln nicht sehen wird.
Verwirrung stiftete dafür ein Vortrag „Klangverlust durch Kopierschutz“ von Sony DADC Österreich: Sony Deutschland war peinlich berührt und hatte keine Ahnung, wer hinter einer solchen Sabotage stecken könnte. Des Rätsels Lösung: Nur andere Kopierschutzsysteme sollen zu Klangverlust führen, Sonys zukünftiges System Keyaudio XS V.3 dagegen nicht. Es soll Red-Book-konforme CDs ermöglichen, doch auf dem PC mit eigener Software starten und eine begrenzte Anzahl ebenfalls geschützter Privatkopien oder den Transfer auf mobile Abspielgeräte erlauben. Was auf Macs, Autoradios oder Linux-Systemen passiert, ist noch unklar. Nun, warum einfach, wenn es auch umständlich geht…
Popcorn gab es unerwarteterweise bei Herrn Grundig von Greatech: Er zeigte ein auf DECT-Technik, aber im 2,4 GHz-Band arbeitendes digitales HiFi-Funkübertragungssystem, das sich im Gegensatz zu den üblichen analogen Funk-Videoübertragungssytemen nicht von auch auf 2,4 GHz arbeitenden WLAN- und Bluetooth-Geräten und nicht mal von Mikrowellen aus dem Tritt bringen lässt und ohne Verzögerungszeiten auch für Mehrkanalanwendungen wie beispielsweise die hinteren Boxen eines Surroundsystems geeignet ist.
Natürlich ist die Esoterik-Fraktion nach wie vor vertreten. So soll es ja zur Klangverbesserung helfen, CDs ins Gefrierfach zu stecken (die Aufnahme klingt danach deutlich kälter) oder mit einem schwarzen Filzstift zu bemalen (sie laufen dann mitunter auch auf Geräten, auf denen sie eigentlich nicht laufen sollten).
Die ultimative Klangverbesserung soll sich gar ergeben, wenn man im Garten bei Vollmond auf die CD pinkelt und sie danach über die linke Schulter hinter sich wirft, doch ist der Anteil von nach Anwendung des Verfahrens unauffindbarer CDs hoch. Die Verwendung von Taschenlampen zur CD-Suche verdirbt bedauerlicherweise den guten Ton und wenn am Morgen Nachbars Lumpi die Scheibe entdeckt und noch seine eigene Duftnote hinzugibt, ist das Ergebnis auch für hartgesottene HiFi-Fans nicht mehr akzeptabel, außer es handelt sich um Aufnahmen von Britney Spears, wo dieses Verfahren als Recht auf Meinungsäußerung gewertet wird.
Deshalb gibt es nun geruchsfreie Klangverbesserer zum Aufsprühen, die auch bei Tageslicht anwendbar sind, ebenso wie versilberte Steckdosen für tiefere Bässe – eine Silberkugel in Vollmondnächten in die Lautsprecherboxen zu schießen, hat sich zur Klangverbesserung dagegen nicht bewährt und belastet zudem das Verhältnis zu den Nachbarn.
Wer seine CDs lieber trocken abspielt, kann sie stattdessen animieren – oder auch gleich den ganzen Raum. Um da nicht als langweilige, altbackene Spaßbremse dazustehen, hat TEAC deshalb seinen edlen Einzel-CD-Laufwerken und -D/A-Wandlern, in denen sogar für 13.000 Euro aus den Atomuhren bekannten Rubidium-Frequenznormale statt der normalen Quarze verbaut werden können, kurzerhand die Marke Esoteric verpasst.