Bild und Ton in HiFi

AV-Receiver Onkyo TX-SR702E: Mehr als ein paar Dolby-PC-Boxen

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Als HiFi-Fan stellt man sich einen Zwei-Kanal-Verstärker mit zwei großen Boxen ins Wohnzimmer, für einen Radio-DXer muss es natürlich ein Receiver mit einem gutem Empfänger sein. Der Heimkino-Fan denkt wiederum an einen Surroundverstärker mit fünf niedlichen Böxchen und einem Subwoofer, den man zur Zwerchfellmassage unters Sofa legt.

Was aber, wenn man all dies in einem Gerät will: einen guten Rundfunkempfänger, einen HiFi-Verstärker, gar auch noch mit einem heute immer seltener zu findenden Eingang für Plattenspieler und dann noch eine Heimkinobeschallung für die Glotze und den neuen DVD-Spieler? Noch drei Geräte und acht Boxen (Eingekreist von Lautsprechern)? Das wird laut – und zwar, weil es am WAF fehlt, am "Woman/Wife Acceptance Faktor": Es reicht doch schon, wenn die Computerbude so unmöglich aussieht, aber doch bitte kein weiteres Gerätearsenal im Wohnzimmer!

Nun ist es Tatsache, dass sich die meisten Verstärkerhersteller einem der Lager zuschlagen: Entweder audiophile Stereo-Qualität – womöglich noch in Röhrentechnik (Sound für feinfühlige Männer) – und zwei klassische Stereoboxen – oder Surround mit fünf oder gar sieben kleinen Boxen und dem Subwoofer fürs Grobe. Ein Rundfunkempfänger findet sich in solchen Geräten dann gar nicht mehr und auch der alte Plattenspieler mit dem guten Magnetsystem wird hier keinen Anschluss mehr finden.

Radio, Platte oder Heimkino?

Doch nach einem Streifzug durch den einschlägigen Handel stellte sich heraus, dass zumindest ein fernöstlicher Hersteller all diese Funktionen unter einen Hut bringt: Onkyo bietet AV-Receiver mit UKW-Stereo-Rundfunkempfang, klassischen HiFi-Funktionen inklusive des Eingangs für Plattenspieler mit Magnettonabnehmer, aber auch dem heimkinotypischen Mehrkanalbetrieb.

Genug Knöpfchen für alle Bedürfnisse: THX-zertifizierter AV-Receiver Onkyo TX-SR 702 E

Eines der kleinsten Geräte mit all diesen Funktionen ist der TX-DS474, eins der größten der TX-NR5000E, der mit 5500 Euro allerdings auch den Preis eines Autos hat. Dafür kann man mit dem Gerät dann auch Internet-Radio hören – was allerdings meist eher wenig mit HiFi zu tun hat – oder auf die auf einem PC gespeicherte MP3-Sammlung zugreifen. Hierfür muss der Receiver dann nur über Ethernet mit einem Router verbunden werden – doch wer hat schon Ethernet im Wohnzimmer? Außerdem können bei diesem Gerät nachträglich Module wie weitere Ein- oder Ausgänge nachgerüstet werden.

Auch noch Internet-Radio hören kann man mit dem TX-NR801E für 1700 Euro. Will man jedoch kein Ethernet im Wohnzimmer und kann auf diese Funktion verzichten oder dazu einen normalen Computer oder Notebook anschließen, so bietet der gerade neu erschienene TX-SR702E für nur etwas mehr als die Hälfte (1000 Euro) fast dieselben Leistungen, die teils deutlich über die eines Standardverstärkers hinausgehen. Telepolis hat sich dieses Gerät deshalb einmal eingehender vorgeknöpft.

Vorsicht, Schwergewicht!

Zunächst fällt auf, dass es sich um solideste Analogtechnik handelt: Für den Betrieb von bis zu 7 Kanälen mit je 130 Watt Ausgangsleistung schluckt das Gerät bei Zimmerlautstärke mit 80 Watt mehr weg als das älteste Röhrenradio, passt in kein normales Regal mehr und wiegt über 15 Kilogramm. Dafür kann es allerdings eine Leistung liefern, die ihm das THX-Zertifikat eingebracht hat – die Dinosaurier aus "Jurassic Park" können also in Lebendlautstärke durchs Wohnzimmer trampeln – in einem "Mitternachtsmodus" auch nachbarnfreundlich auf Samtfüßen. Abgeschaltet, nur noch in Fernbedienungsbereitschaft, sinkt die Stromaufnahme dann erfreulicherweise auf nicht mehr messbare Werte unter einem Watt.

Die akustischen Werte des Geräts sind hervorragend, wobei im Gegensatz zu älteren Modellen, die alle Lautsprecher nur bei Dolby-Digital- und echten Dolby-Surround-Aufnahmen verwenden konnten, mittlerweile mit Dolby Pro Logic II auch normale Stereo-Aufnahmen (und wenn es sein muss sogar Mono-Signale) durch Hinzuschalten der restlichen Lautsprecher etwas aufgepeppt werden können. Man muss also nicht mehr darunter leiden, dass alte Schwarzweiß-Streifen nur aus dem einen Center-Lautsprecher quäkten und im Kopfhörer gar stumm blieben. Stattdessen lassen sich als sinnvollste Modi für nur analog vorliegende Signale wählen:

"THX Cinema" – der Modus für Spielfilme

"Pro Logic II Music" – für Konzerte und normale CDs

"All Channel Stereo" – man sitzt mitten in der Musik, angenehm für leise Hintergrundbeschallung

Diese Modi sind auch dem HiFi-Puristen durchaus zumutbar, allerdings kann der auch alle Klangbeeinflussungen abschalten und wenn’s sein muss, auch Display und Videoausgabe. Darüber hinaus gibt es ca. 20 andere mit digitalen Signalprozessoren erzeugte Modi, in denen man dann virtuell in einer Kirche oder einem Jazzclub sitzt. Eher eine Spielerei, auch wenn diese Modi gegenüber früheren Geräten, in denen sie eher nach einer "Party in tiefergelegten Steinbacköfen" klangen, deutlich verbessert wurden.

Auch Satelliten-TV kommt inzwischen mehrkanalig

Digital über normale Kupfer- oder Glasfaserleitungen angelieferte Signale, beispielsweise von Satellitenreceiver oder DVD-Spieler, verarbeitet das Gerät automatisch und erkennt Dolby Digital oder dts, die bestimmungsgemäß dekodiert werden. ZDF, Pro 7, Sat 1 und Premiere strahlen über Satellit ja bereits etliche Sendungen in Dolby Digital aus, auch beim Radio experimentieren bayrischer und westdeutscher Rundfunk mit dieser Technik und beim terrestrischen Digitalfernsehen DVB-T soll sie auch kommen.

Von daher ist erfreulich, dass an Signaleingängen kein Mangel ist am TX-SR702E: Vier Eingänge für Videogeräte, davon einer an der Gerätefront, ein Mehrkanaleingang sowie Tonband/MD, CD, Phono und DVD sollten auch den unmöglichsten Gerätezoo anschließbar machen. Dabei lassen sich diesen auch etliche optische und Koax-Digital-Ein- und Ausgänge zuordnen, sodass es möglich wird, beispielsweise das Digitalsignal von Radio Caroline vom Satellitenempfänger auch direkt digital mit einem MD-Rekorder aufzuzeichnen. Bislang war hier noch eine zusätzliche analoge Leitung erforderlich.

"Auspacken und Einschalten" ist hier nicht drin: Das alles richtig anzuschließen dauert eine Weile…

Was dagegen nicht geht, ist Effektgeräte, Equalizer oder spezielle Anpassfilter für Lautsprecher in den Signalweg zu schleifen, sobald der Digitalmodus aktiviert ist: Der Verstärker liefert dann nach außen abgesehen von den Lautsprechern keinerlei Analogsignale mehr! Dies übrigens nicht aus Sparsamkeit oder mangelnden Mitdenkens des Herstellers, sondern weil dies aus Kopierschutzerwägungen von der Musik- und Filmbranche nicht gestattet wird, so Onkyo-Marketingchef Oliver Candiani gegenüber Telepolis. Dafür kann zur Aufnahme ein anderer Kanal bestimmt werden als der gerade gehörte und in einem zweiten Raum kann über zwei Kanäle ebenso eine andere Quelle wiedergegeben werden, wenn man bereit ist, nur fünf und nicht sieben Lautsprecher anzuschließen.

Kopierschutz: Macht sogar am Verstärker Ärger!

Allerdings eben nur am Lautsprecherausgang; will man dagegen am Vorverstärkerausgang beispielsweise einen Satz Computerlautsprecher oder Funklautsprecher im Schlafzimmer anstöpseln, so bleiben die bei der Wiedergabe von Digitalsignalen wieder stumm, weil die Musikindustrie einen solchen Analogausgang bei intern digitaler Signalverarbeitung nicht duldet.

Immerhin liefert die Dekodierung eines Digitalsignals im Onkyo-Gerät auch ohne Mehrkanalbetrieb deutlich bessere Ergebnisse als das Einspeisen des bereits im Satellitenempfänger auf Analog umgesetzten Tons, zumal die Verkabelung einfacher wird: Es ist nur noch eine Strippe notwendig statt zwei (für Stereo) oder gar sechs (für Mehrkanalton mit Subwoofer). Auch Probleme mit Höhenverlusten auf langen Leitungen entfallen. Dabei sind die noch teureren Glasfaserkabel den zunächst naheliegenderen einfachen Kupferstrippen vorzuziehen, da auch diese zwar – dank Digitaltechnik – keine Höhenverluste oder Brummschleifen erzeugen, doch gegen Schaltimpulse recht anfällig sind: Ein Lichtschalter in der Nähe der Leitungen erzeugt so leicht einige Sekunden Tonausfall bei seiner Betätigung.

Das Messmikrofon stellt fest, wieviele und welcher Art die angeschlossenen Lautsprecher sind und wie weit sie entfernt stehen.

Für echte THX-Wiedergabe ist es auch notwendig, die Lautstärken und Entfernungen der Lautsprecher exakt abzugleichen – normal ein langwieriges Unterfangen. Andernfalls stimmt das Klangbild nicht und der Zuschauer wird im Film vorwiegend schräg von links hinten angequatscht. Beim TX-SR702E wird dagegen ein Messmikrofon mitgeliefert, das am bevorzugten Hörplatz aufgestellt wird und über weißes Rauschen in wenigen Minuten die Lautsprecher einmisst.

Was man bei einem Audioverstärker nicht erwartet, ist bei Heimkinoverstärkern inzwischen durchaus üblich: Mit dem Ton kann auch das Bild entsprechend der Quelle umgeschaltet werden. Dabei bietet der TX-SR702E drei Komponenteneingänge, wie sie hochwertige DVD-Player, Fernseher und vor allem Beamer haben; die "einfacheren" Standards S-VHS und Standard-Video können auch angeschlossen werden und werden dann entsprechend hochkonvertiert. Netterweise muss man dabei die Videoquellen nicht fest einem Eingang zuordnen; es gibt auch die Funktion "Last" (Letzter), bei der zwar der Ton umgeschaltet wird, das Bild jedoch bleibt. Nützlich, wenn man zwischendrin auch einmal auf Radio umschalten oder ein Video mit neuem Ton versehen will.

Radio mit Bild? Kein Problem!

Und damit kommen wir zum Radioempfang. Mittelwelle ist vorhanden samt einer externen Rahmenantenne, doch für HiFi-Zwecke eher uninteressant. Immerhin scheint der Receiver hier großsignalfester zu sein als sein Vorgänger, der an manchen Tagen den nicht weit entfernten Kurzwellensender Wertachtal der deutschen Welle auf der halben Mittelwelle wiedergab.

UKW wird mit guter Empfindlichkeit empfangen – bei modernen HiFi-Receivern im Gegensatz zu älteren Geräten oft Fehlanzeige; viele Hersteller haben sich mittlerweile mit der Empfindlichkeit an die hohen Pegel der Kabelanlagen angepasst. Eine Feldstärkeanzeige existiert allerdings leider nicht; bei der Auswahl zwischen mehreren ein Programm übertragenden Sendern oder der Ausrichtung einer Zimmerantenne auf einen bestimmten Sender wäre dies durchaus eine Hilfe.

Mit Joystick: Die Fernbedienung

Dafür wird RDS sehr umfassend behandelt: Neben der üblichen Anzeige des Stationsnamens und der sonst meist nur bei Autoradios umgesetzten Programmart- und Verkehrsfunk-Kennung wird hier auch der "Radiotext" angezeigt. Bei der Rockantenne erscheint hier beispielsweise über den Augsburger UKW-Sender der gerade gespielte Titel und sein Interpret auf dem Display; diesen Komfort bietet der Sender sonst weder bei DAB noch über Satellit, sondern nur im Internet.

Anzeige des gerade laufenden Musiktitels auf UKW

Die Fernbedienung des Empfängers ist schließlich ungewöhnlich schwer und hat mehr Tasten als ein wissenschaftlicher Taschenrechner, ist aber auch mit ordentlicher Reichweite ausgestattet und kann über eine Lernfunktion auch andere Geräte bedienen. In der Praxis stört allerdings, dass zwar sogar die Tasten beleuchtet werden, die Fernbedienung jedoch so symmetrisch konstruiert ist, dass man regelmäßig oben und unten verwechselt und sich dann über ein nicht reagierendes Gerät wundert. Auch wird alles Gelernte vergessen, wenn die Batterien leer sind. Doch der TX-SR702E ist ein Receiver für Audiophile und Kinofans, der neben den vielen HiFi-Funktionen auch ordentliche Empfangseigenschaften zeigt und dabei nicht billig, aber für das Gebotene durchaus preiswert ist.