Hinter dem Ende des Regenbogens

Noch viel blauer als sternhagelvoll: UV-LEDs

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Japanische Wissenschaftler haben LEDs konstruiert, die Licht mit besonders kurzer Wellenlänge abstrahlen. Elektronik und Umwelttechnik könnten von derartigen Ultraviolett-Leuchtdioden profitieren.

Der Anfang war rot: Die erste praktische Anwendung, bei der viele Menschen mit Leuchtdioden in Berührung kamen, dürfte der Taschenrechner gewesen sein. „Plus“, „minus“, „mal“, „geteilt durch“ beherrschten die heute archaisch anmutenden Geräte, und man konnte seinem Schwarm heimlich „38317“ in die umgedrehte LED-Zeile tippen. Oder dem ungeliebten Lehrer „7353 315“, was besonders coole Pauker mit „35137 135“ beantworteten.

Kam gleich nach „Wer dies liest, ist doof“… (Bild: W.D.Roth)

Jahre später sind die Light Emitting Diodes aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken – immer öfter ersetzen sie andere Lichtquellen, ob nun im Autoscheinwerfer, in der Weihnachtsbaumbeleuchtung oder im Datenprojektor.

In der Form von Laserdioden fanden sie sich frühzeitig in CD-Laufwerken – zunächst als im infraroten Bereich strahlende Quellen. Die DVD wäre dann schon ohne rotes Laserlicht mit 640 Nanometer Wellenlänge nicht mehr denkbar gewesen – und kaum sind die ersten mit blauen Laserdioden arbeitenden High-Definition-Discs auf dem Markt, folgt auch schon der nächste Schritt: Japanischen Wissenschaftlern der NTT Basic Research Laboratories ist es gelungen, LEDs mit der bisher kürzesten Wellenlänge von 210 Nanometer herzustellen. Die Forscher um Yoshitaka Taniyasu beschreiben ihre Arbeit (doi:10.1038/nature04760) in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature).

Das Problem bei der Entwicklung neuer, für den Aufbau von LEDs geeigneter Materialien liegt im Prinzip der Leuchtdiode selbst begründet, das auf Elektrolumineszenz beruht: LEDs senden Licht aus, wenn an den Grenzflächen von p-dotierten (hier sind Löcher die Ladungsträger) und n-dotierten (hier leiten Elektronen den Strom) Schichten besagte Löcher und Elektronen rekombinieren. Die Energie des dabei abgestrahlten Lichtimpulses hängt direkt von der Bandlücke des verwendeten Materials ab – je tiefer die Elektronen, plastisch gesprochen, in das Loch fallen, desto mehr Energie geben sie dabei ab. Je energiereicher das Licht, desto kürzer ist seine Wellenlänge (oder umgekehrt).

Leider bedarf es außerordentlicher Anstrengungen, bekannte Materialien derart sauber zu bearbeiten, dass eine nennenswerte Elektrolumineszenz auftritt. Taniyasu und Kollegen verwendeten Aluminiumnitrit (AlN), das sie mit Silizium (n-Schicht) und Magnesium (p-Schicht) dotierten – ihr wissenschaftlicher Verdienst, beschreibt der Physiker Asif Khan in einem begleitenden Nature-Kommentar, liegt deshalb nicht in der grundlegenden Idee, sondern in der Art und Weise ihrer Ausführung, die viele Fehlerquellen eliminiert. Allerdings, betont Khan, müsse zur praktischen Anwendung der UV-Leuchtdioden deren Effizienz zunächst noch um einen sechsstelligen Faktor gesteigert werden. Dass relativ wenig Licht nach außen dringe, liegt nach Taniyasu und Co. an der Lichtabsorption durch das Substrat - dies könne man durch transparente Substrate lösen. Außerdem gelte es, den Anteil der Gitterstörungen zu reduzieren und die Löcherkonzentration in der p-dotierten Schicht zu erhöhen.

Nature-Autor Khan sieht die größten Versprechungen für UV-Leuchtdioden interessanterweise gar nicht in der Elektronik: Sie würden sich hervorragend eignen, Bakterien, Viren, Hefen und Pilze abzutöten. Da das Sonnenlicht in diesem Bereich von der Erdatmosphäre sehr gut gefiltert wird, reagieren Organismen empfindlich auf UV-Strahlung. Die LEDs könnten deshalb unhandliche (auch in Sachen Spannungszufuhr und Umweltfreundlichkeit) Xenon- oder Quecksilberdampflampen bei der Desinfektion ablösen. Der Weg von der Leucht- zur Laserdiode ist aber auch so kurz, dass eine Anwendung in optischen Speichermedien der übernächsten Generation denkbar erscheint ("UV ist das neue Blau?") – oder in der Fotolithografie, bei der Chipherstellung also.

Aufsicht der UV-Diode: die p-dotierte Schicht liefert Löcher, die n-dotierte Ebene Elektronen – deren Rekombination erzeugt Licht (Bild: Yoshitaka Taniyasu, NTT Basic Research Laboratories)

Zu welchen Anwendungen ultraviolettes LED-Licht dereinst führen kann, ist realistisch aber schwer vorherzusagen. Als Heise online 2001 (also vor gerade einmal fünf Jahren) über die ersten blauen Laserquellen berichtete, hatte man noch Anwendungen wie Laser-TV und -Drucker im Blick. An sich keine schlechte Idee – nur haben sich zumindest im Consumer-Laserdrucker mittlerweile LED-Zeilen zur Belichtung durchgesetzt, und vom sogar mal mit dem Zukunftspreis des Bundespräsidenten ausgezeichneten Laser-TV ist seit einiger Zeit gar nichts mehr zu hören.