Historische Einigung in China: Hamas und Fatah legen Rivalität bei
Chinas Diplomatie zeigt erneut ihre Muskeln in Nahost. 14 Palästinensische Gruppen unterzeichnen Abkommen. Übergangsregierung und Abhaltung von Wahlen vereinbart.
Vertreter von 14 palästinensischen Fraktionen haben in China ein Abkommen für eine Einheitsregierung unterzeichnet. Die beiden größten palästinensischen Parteien, Hamas und Fatah, legten in diesem Rahmen ihre seit 2007 bestehende erbitterte Feindschaft bei. Die sogenannte "Erklärung von Beijing" wird von Chinas Diplomatie bereits als Erfolg und Meilenstein auf dem Weg zur Lösung des Nahostkonflikts gefeiert. Dabei muss sich erst noch zeigen, was daraus erwächst.
Gemeinsamer Konsens für Staatsgründung
Wie die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, erklärte, sei das Abkommen ein erster Schritt zur Förderung eines "umfassenden, dauerhaften und nachhaltigen Waffenstillstands" im Gazastreifen, der letztlich zur Staatsgründung und Aufnahme Palästinas als Vollmitglied in die Vereinten Nationen führen solle.
"Die Erklärung bekräftigt das Bekenntnis zur Errichtung eines unabhängigen Staates Palästina mit Jerusalem als Hauptstadt auf der Grundlage der einschlägigen UN-Resolutionen und die Gewährleistung der Integrität des palästinensischen Territoriums, einschließlich des Westjordanlands, Jerusalems und des Gazastreifens", sagte Mao.
Konkret sieht die Resolution die Gründung Palästinas in den Grenzen vor dem Sechstagekrieg 1967 vor. Auch das Rückkehrrecht der mehr als sechs Millionen palästinensischen Flüchtlinge wird festgeschrieben, ebenso wie "das Recht des palästinensischen Volkes, sich der Besatzung zu widersetzen und sie im Einklang mit dem Völkerrecht und der UN-Charta zu beenden".
Übergangsregierung und Wahlen geplant
Die Unterzeichner, darunter der hochrangige Hamas-Vertreter Mousa Abu Marzouk und der Fatah-Beauftragte Mahmoud al-Aloul sowie Gesandte von 12 weiteren palästinensischen Gruppen, vereinbarten, nach dem Ende des Krieges eine "Übergangsregierung der nationalen Versöhnung" in Gaza zu bilden.
Diese Übergangsregierung soll "mit der Vereinheitlichung aller Institutionen in den palästinensischen Staatsgebieten beginnen und den Wiederaufbau des Gazastreifens in Angriff nehmen, um die Abhaltung allgemeiner Wahlen unter der Aufsicht der zentralen palästinensischen Wahlkommission so bald wie möglich im Einklang mit dem verabschiedeten Wahlgesetz vorzubereiten", heißt es in der Erklärung.
Frühere Einigungen gescheitert
Die Beziehungen zwischen Hamas und der Palästinensischen Autonomiebehörde, den zwei dominierenden politischen Parteien in den palästinensischen Gebieten, sind seit dem Sieg der radikal-islamischen Hamas über die Fatah von Präsident Mahmoud Abbas bei den Parlamentswahlen 2006 angespannt. Nachdem die Hamas 2007 de facto die Kontrolle im Gazastreifen übernahm, führte Fatah die Palästinensische Autonomiebehörde im von Israel besetzten Westjordanland.
Frühere Einigungsversuche sind bisher immer wieder gescheitert, darunter auch eine von Ägypten vermittelte Vereinbarung aus dem Jahr 2017 und eine Vereinbarung aus dem Jahr 2022 zur Abhaltung von Wahlen innerhalb eines Jahres, die nicht umgesetzt wurde. Der andauernde Gazakrieg dürfte jedoch dazu geführt haben, dass der Druck auf die Parteien zu einem gemeinsamen Vorgehen gewachsen ist.
Wie chinesische Medien berichten, handelte es sich um das das erste Mal, dass alle 14 rivalisierenden Gruppen zu Versöhnungsgesprächen zusammenkamen. Auch Botschafter aus Ägypten, Russland und Algerien nahmen an den Treffen teil. China zeigte sich bestrebt, eine konstruktive Rolle bei der Wahrung von Frieden und Stabilität im Nahen Osten zu spielen.
Neuer Ansatz
Die meisten westlichen Staaten haben bisher jede Regierung, die Hamas einschließt, abgelehnt, es sei denn, diese erkennt Israel ausdrücklich an.
Dies stellt jedoch aus chinesischer Sicht ein Hindernis für den Friedensprozess dar: Die Anerkennung der Fatah-dominierten Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) als einzige legitime Vertreterin Palästinas bedeute, dass sich rivalisierende Gruppen wie die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad (PIJ) irgendwann in der Zukunft einer gemeinsamen Koalition anschließen könnten, erklärte Ma Xiaolin, Spezialist für internationale Beziehungen an der Universität für Internationale Studien in Zhejiang.
Auch deshalb sei das Abkommen ein "Durchbruch", den Chinas Diplomatie genüsslich zelebrieren dürfte.
China setzt sich bereits seit langer Zeit für eine Zweistaatenlösung ein und pflegt dabei traditionell gute Beziehungen zu palästinensischen Vertretern. Nachdem die Volksrepublik letztes Frühjahr zwischen Saudi-Arabien und Iran vermittelt hat, versucht Beijing nun erneut seine diplomonatischen Muskeln im Nahen Osten zu zeigen.
Wie nachhaltig die "Erklärunng von Beijing" tatsächlich ist, wird sich jedoch erst noch zeigen.