Humanitäre Hilfe für Krankenhäuser in Lugansk aus Thüringen

Seite 2: CDU-Abgeordneter will lieber das Baltikum unterstützen

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Jeder Transport mit einem Zwanzig-Tonner von Jena nach Lugansk kostet 4.000 Euro. 25.000 Euro an Spenden zur Finanzierung der Transporte wurden vom Aktionsbündnis in Jena schon gesammelt. Um die humanitäre Aktion bekannter zu machen, hat Frau Steinigk Thüringer Bundestagsabgeordnete angeschrieben.

Doch Niemand machte eine Hilfszusage. Einige Bundestagsabgeordnete hätten ihr ungeschminkt erklärt, sie würden die Hilfsaktion nach Lugansk nicht unterstützen, da Russland der Urheber des Krieges im Donbass sei. Andere Abgeordnete reagierten mit Ausflüchten.

In ihrem Brief an den Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Weiler bat Raissa Steinigk nicht nur um Unterstützung. Sie äußerte auch Kritik. "Wir, das Aktionsbündnis 'Zukunft Donbass' und die Mitstreiter sind satt über Lippenbekenntnisse und die 'Unmacht' der deutschen Politiker und freuen uns über die wachsenden Aktivitäten der Kirche in Deutschland."

Weiler reagierte verärgert. Er antwortete Steinigk: "In Ihrem Schreiben vom 23. Januar 2017 treffen Sie widersprüchliche Aussagen. Auf der einen Seite üben Sie scharfe Kritik an den politisch Verantwortlichen. Andererseits stellen Sie mit Nachdruck Forderungen an mich und meine Kollegen. Ich möchte Sie daher darauf hinweisen, dass ich in dieser Region nicht untätig bin. Ich leiste einen Beitrag zum Friedenserhalt im Baltikum und Osteuropa und werde mich auch in Zukunft weiter stark für die Verbesserung der dortigen Situation einsetzen." Worin dieser "Beitrag zum Friedenserhalt" besteht, schrieb Weiler nicht.

Nikolai Suchow, der Chefarzt des zentralen Krankenhauses von Perwomajsk, nimmt die Betten aus Thüringen in Empfang. Bild: Raissa steinigk

Christian Hirte, ebenfalls CDU-Bundestagsabgeordneter aus Thüringen, antwortete auf die Unterstützungs-Anfrage der Initiative aus Jena: "Leider kann ich nicht überall - auch wenn ich die Arbeit und das Ansinnen mit großem Respekt betrachte - eingreifen." Der Abgeordnete versprach die Anfrage an den Kollegen Karl-Georg Wellmann, Leiter der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe, weiterzugeben.

Doch von Wellmann hat Raissa Steinigk seitdem nichts gehört. Wellmann ist gegenüber Russland als Hardliner bekannt und vermutlich ist ihm die Initiative aus Jena suspekt. Im ZDF-Morgenmagazin bezeichnete der Abgeordnete die "Separatisten" in Lugansk und Donezk im Februar 2015 als "Werkzeuge der Russen". Es gäbe einen "permanenten Zufluss von Munition, von Waffen, von Kämpfern, von Logistik aus Russland."

Auch Rot-Rot-Grün in Thüringen schweigt

Am 24. April 2017 schrieb Raissa Steinigk alle Abgeordneten des Thüringer Landtags, auch Ministerpräsident Bodo Ramelow an. Keiner der Abgeordneten habe geantwortet, sagt Steinigk. Gibt es in der Partei Die Linke eine Zurückhaltung, wenn es um die international nicht anerkannten Volksrepubliken gibt? Hat man Angst von der Mainstream-Presse als "Russland-Unterstützer" an den Pranger gestellt zu werden? Diese Fragen drängen sich auf.

Die Oppositionspartei Die Linke verhält sich merkwürdig zurückhaltend gegenüber den "Volksrepubliken". Die bekannten Politiker der Linken wagen sich nicht, die Menschen in den Volksrepubliken zu unterstützen. Die beiden Abgeordneten Wolfgang Gehrke und Andrej Hunko sind eine Ausnahme. Im Februar 2015 begleiteten die beiden Abgeordneten eine mit 140.000 Euro Spendengeld finanzierte Medikamenten-Lieferung für ein Kinderkrankenhaus in der Stadt Gorlowka ("Volksrepublik Donezk). Daraufhin verhängten die ukrainischen Behörden gegen Hunko ein Einreiseverbot. Ende September 2017 besuchte Gehrke Donezk und Gorlowka erneut. Er fuhr über Russland in die "Volksrepublik Donezk", denn wie Hunko steht Gehrke auf der Schwarzen Liste der Ukraine und darf in das mit der EU assoziierte Land nicht einreisen.

Das Außenministerium in Berlin protestierte nicht gegen diese Einreiseverbote. Auch gegen die Ukraine-Einreiseverbote gegen zwei deutsche Journalisten (mich selbst und Saadi Isakow aus Berlin) gab es vom deutschen Außenministerium weder eine Bewertung, geschweige denn Protest. Die damalige Sprecherin des Bundesaußenministers, Sawsan Chebli, schrieb dem Autor dieser Zeilen im August 2016 ohne weiteren Kommentar, meine Reise nach Donezk 2015 stelle einen "Verstoß gegen ukrainische Gesetze" dar. Das Einreiseverbot gegen mich sei eine Reaktion auf meine Reise nach Donezk.

Wassernotstand in Krankenhäusern

Die humanitäre Lage in den international nicht anerkannten Volksrepubliken ist katastrophal. Viele Städte in der "Volksrepublik Lugansk", die noch an der ukrainischen Wasserversorgung angeschlossen sind, bekommen nur stundenweise Wasser, so auch das Krankenhaus in der nur drei Kilometer von der Demarkationslinie zur Ukraine entfernten Stadt Perwomajsk, welches schon mehrmals Hilfe aus Jena bekam.

Raissa Steinigk will nun ein neues Projekt starten und Notstromgeneratoren aus Deutschland, die nur wenig gelaufen sind, aber ausgemustert wurden, nach Lugansk schaffen. Auch die Lieferung einer Hebebühne für die Erste-Hilfe-Station in der Stadt Lugansk ist geplant. Die Bühne soll die Wartung und Reparatur von Erste-Hilfe-Fahrzeugen erleichtern. Weiter plant Steinigk für das Kinderheim Nr. 1 in der Krupskaja Pereulok Nr. 17 in Lugansk einen kreativen Raum zu organisieren. Im wesentlich geht es um die Beschaffung von Computern und einer Foto-Ausrüstung.

Wenn für das offizielle Deutschland die Gebiete Lugansk und Donetzk nach wie vor Territorium der Ukraine sind, dann müssten deutsche Hilfsorganisationen und Parteien den Menschen in diesen Gebieten eigentlich helfen. Wenn Deutschland nicht hilft, wird die Verantwortung für die soziale Lage in diesen Gebieten faktisch Russland zugeschoben, ohne die Hilfe Russlands aber öffentlich zu würdigen.

Deutschen Medien und die Politik in Deutschland haben sich, indem sie das Schicksal der Menschen in Lugansk und Donezk ausblenden, in eine moralische Sackgasse manövriert. Und es ist liegt auf der Hand, dass dieses Verhalten das Ansehen Deutschlands nicht nur in Donezk und Lugansk, sondern überall dort schädigt, wo Russen und Russland-freundliche Ukrainer leben. Das sollte jeder bedenken, der sich darüber entrüstet, dass viele Russen in Deutschland AfD wählen.