"I missed you" - "I missed you, too"

"Mr & Mrs Smith" in einer martialischen Ehekrise

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Der Psychologe erklärt, Millionen Paaren erginge es ebenso wie den Smiths. Dabei ist alles ganz anders. Die Autos, die Einrichtung, die penetrant schönen Ehepartner Brad Pitt und Angelina Jolie - alles ist zu glatt geraten. Nachträglich möchte man fast meinen, selbst die Künstlichkeit von Angelina Jolies Lippen war pralle Absicht. Denn "Mr & Mrs Smith" ist keine tumbe Popcornfressergaudi, sondern eine schlaue Ehesatire.

Er kommt nach Hause, stülpt sich im Auto den Ehering über, versteckt den Lippenstift am Kragen. Sie parfümiert sich recht ausgiebig und verschwindet zur Überstunde mit dem Ruf "Just a Quickie." Anfangs saßen John und Jane Smith bereits recht krampfig beim Ehepsychologen, wagten es kaum sich bei den intimen Fragen anzusehen. Später beschließen sie zu warten, "was es ist", und versuchen es mit absoluter Ehrlichkeit. Da hat man genügend Klischees beinander, um einen achtbaren französischen Beziehungsfilm vollzukriegen. Wenn da nicht immer diese Knarren ins Bild rutschen würden.

Zwei Profikiller bei der Arbeit. Sie ist Perfektionistin und arbeitet für eine hocheffiziente, komplett durchgestylte Firma. Er indessen kommt eher vom Rowdietum, arbeitet gerne mit seinem Instinkt und schaut manchmal bei seinem mittelständischen Kumpelboss vorbei. John und Jane sind Spitzenkräfte in ihrem Beruf. Eine gute Ausgangssituation für einen großen spannenden Zweikampf mit etwas erotischer Verstrickung, wenn sich die beiden Hauptdarsteller nicht allabendlich in ihrem Vorstadthäuschen zum Abendessen begegnen würden.

Das explodiernde Traumhaus löst befreiendes Auflachen aus

Ein Duell unter Eheleuten. Danny DeVitos "Rosenkrieg", in dem sich die Ehepartner Kathleen Turner und Michael Douglas malträtieren, drängt sich zunächst zum Vergleich auf. Doch der Kampf zwischen Kathleen Turner und Michael Douglas war nur ein garstiges, aber schnell vergessenes Spektakel, dessen Höhepunkte schon in der Vorschau verpulvert waren. Bei "Mr & Mrs Smith" besteht zwar ebenfalls die Gefahr, dass Vorabinformationen - durch Trailer oder etwa diesen Text - dem Vergnügen abträglich sind. Der Film von Doug Liman hat aber viel mehr zu bieten.

Das liegt zunächst an Limans Talent und offensichtlichem Vergnügen, Action-Szenen zu inszenieren und damit die Inhalte stets wuchtig zu verstärken. Eine groteske Prügelei wird zur Katharsis, das explodiernde Traumhaus löst befreiendes Auflachen aus, eine Verfolgungsjagd umrumpelt ein bedeutsames Beziehungs-Gespräch. Schon die Heiratspläne gesteht John seinem Kumpel während eines Boxtrainings, Jane berichtet indessen in steiler Felswand. Einem solchen Paar können viele Schicksale beschieden sein: Das gegenseitige Hinmetzeln, eine Hinrichtung á la "Bonnie and Clyde" oder ein surrealen Ballerballett ins ewige Glück hinein.

Auch Drehbuchautor Simon Kinberg spielt mit allen diesen Möglichkeiten, vermeidet es, dafür irgendeine Moral zu heucheln, und erfreut lieber mit vielen Doppeldeutigkeiten, gipfelnd in dem Liebesbekenntnis nach dem ersten Schusswechsel: "I missed you." "I missed you, too.". Die sehr speziellen Eheprobleme der Smiths werden aber doch ernst genug genommen, damit im Getümmel jederzeit klar bleibt: Es geht hier um die große Liebe von John und Jane. Beides übrigens Tarnnamen.

"Mr & Mrs Smith" ist nicht allein ein virtuoser Action-Film auf der Höhe seiner Zeit, sondern fesche, ziemlich unverdrossene Unterhaltung für Erwachsene. In etwas wüsterem Ambiente setzt er das fort, was Spencer Tracy und Katharine Hepburn in den famosen Komödien der Vierziger Jahre durchgemacht haben. In Georg Cukors "Adam's Rib" aus dem Jahre '49 gerieten da die Eheleute als konkurrierende Anwälte aneinander, was beinahe zur Scheidung führte. Bei den Smiths findet die Entfremdung vorher statt, dann erst folgt quasi die professionelle Auseinandersetzung. Und tatsächlich sind die schönen Menschen Brad Pitt und Angelina Jolie genau das richtige Gespann, um den Kampf weiterzuführen, mit aller Härte und Anmut.