IS bekennt sich zum Anschlag in Kabul

Mehr als 40 Tote und 80 Verletzte in einem schiitischen Zentrum weisen darauf hin, dass der IS konfessionelle Spannungen schüren will

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Das Kalifat in Syrien und im Irak mag erledigt sein; die Milizen des "Islamischen Staates" sind es nicht, wie die Dschihadisten am heutigen Donnerstag in der afghanischen Hauptstadt Kabul auf brutale Weise demonstrierten.

41 Tote und über 80 Verletzte ist die vorläufige Bilanz eines Anschlags auf ein schiitisches Zentrum in Kabul, ausgeübt von mindestens einem Selbstmordattentäter, wie die Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News berichtet. Eine Bombe, ausgelöst von einem Selbstmordattentäter, explodierte laut Guardian inmitten von Zuhörern eines Vortrags über den 38. Jahrestag des russischen Einmarsches in Afghanistan. Kurz darauf kam es zu zwei weiteren Explosionen außerhalb des Gebäudes, die dann eintreffende Helfer erwischten. Ob diese von Selbstmordattentätern ausgelöst wurden, ist aus Berichten noch nicht ersichtlich.

Mit einiger Gewissheit wird der afghanische Zweig des IS als Verantwortlicher dargestellt, da es ein Bekennerschreiben über die "Medienagentur Amaq" dazu gibt. Jedoch ist unter Fachleuten, die in der New York Times oder im Guardian zu Wort kommen, noch nicht ausgemacht, ob es sich um eine eigene Kabuler Zelle des IS in Afghanistan handelt und ob es möglicherweise nicht doch eine verdeckte Zusammenarbeit zwischen Teilen der Taliban und der "IS Filiale Khorasan" gibt.

Der IS ist nicht am Ende, er expandiert, warnt der französische Dschihadexperte Wassim Nasr seit längerem. Beim Anschlag im Kabuler Viertel Pul-i-Sokhta wird als Besonderheit hervorgehoben, dass Schiiten das ausgemachte Ziel waren.

Das Kulturzentrum Tebyan gilt als dem Iran nahestehend. Dort seien auch Porträts des obersten Führers in Teheran und andere Zeichen gesehen worden, die eine Nähe zu Iran erkennen lassen, weshalb Experten davon ausgehen, dass der IS im Unterschied zu den Taliban versucht, die konfessionellen Spannungen mit besonderem Nachdruck anzuheizen, um die Taliban-Konkurrenz beim "Wettbewerb" um den "wahren Islamismus" auszustechen.

Allerdings wird eingeräumt, dass sich manche Taliban-Gruppierungen dem Ziel, verstärkt gegen Schiiten vorzugehen, auch anschließen könnten.

In der Tagesschau wird der Anschlag von heute in Reihe größerer Anschläge gestellt, die sich in diesem Jahr in Kabul und in Afghanistan ereignet haben (siehe: Bislang größter Terroranschlag in einer gesicherten Zone) und der oft zitierten Einschätzung des Innenministeriums widersprechen, wonach Afghanistan in bestimmten Teilen ein sicheres Land sei. In der Abschiebungsdebatte täte mehr Ehrlichkeit gut, lautet das Fazit des Tagesschau-Kommentars.