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Die Energie- und Klimawochenschau: Von einem neuen Solarboom, ehrgeiziger US-Politik, deutscher Braunkohle und Corona-Partys für Investoren
Auch aus der letzten Woche gibt es mal wieder viel zu berichten. Das Eis auf dem Arktischen Ozean wird offensichtlich immer dünner und dieser damit ganzjährig befahrbar; Texas musste in extremer Kälte bibbern und demonstrierte dabei mal wieder, welche Verheerungen eine Mischung aus Neoliberalismus und extremen Wetterlagen anrichten kann, und die USA sind zurück in der Pariser Klimaübereinkunft.
Und dann in Mitteleuropa dieser irre Wetterumschwung, der binnen weniger Tage eisige Kälte in einen verfrühten Frühling verwandelte. Sehr ungewöhnlich, aber nicht einzigartig, wie eine Aufstellung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit Februar-Temperaturrekorden zeigt.
Am Montag gab es im Südwesten sogar dann noch staubige Grüße aus der Sahara. Feiner Sand aus Nordafrika verfärbte vielerorts den Himmel und schirmte einen spürbaren Teil des Sonnenlichts ab. Die Temperaturen waren dadurch in den betroffenen Regionen um drei bis fünf Grad Celsius niedriger, schreiben die DWD-Meteorologen.
Hochdruckwetter und ein wolkenfreier Himmel hatten am Wochenende für die frühlingshaften Temperaturen gesorgt und damit dem Land sogleich auch einen für den Februar beachtlichen Ertrag an Solarstrom beschert. Am Samstag und Sonntag wurden zu Spitzenzeiten 26 und 28 Gigawatt eingespeist.
Damit konnte am beiden Tagen jeweils um die Mittagszeit für einige Stunden rund die Hälfte des bundesweiten Bedarfs abgedeckt werden, der natürlich aufgrund des Wochenendes um 15 bis 25 Prozent niedriger als wochentags war. Dies geht aus den Zahlen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) hervor. Doch immerhin.
Übrigens: Wer meint, der Strom wurde dann halt ins Ausland verschenkt, weil die Braunkohle- und Atomkraftwerke weiterliefen, der muss enttäuscht werden. Die Sache ist etwas komplizierter. Die Strompreise an der Leipziger Börse gingen zwar in die Knie, aber trotz des großen Angebots an Solar- und zugleich auch Windstrom wurde in den genannten Stunden weiter kräftig Strom aus Frankreich importiert. Insgesamt war das Außenhandelssaldo eher geringer als an anderen Tagen der vergangenen Woche.
Solarstrom immer billiger
Die für den Februar so kräftige Solarstromproduktion ist auch eine Folge des endlich wieder stärkeren Ausbaus. Im vergangenen Jahr ist nach Angaben des Fraunhofer ISE 4,9 Gigawatt (GW) neue Solarleistung hinzu gekommen, der stärkste Zuwachs in Deutschland seit 2011.
185.000 Solaranlagen seien 2020 ans Netz gegangen, heißt es beim Bundesverband der Solarwirtschaft. Dieser hält das Tempo allerdings für weiter zu niedrig. Für eine "Immunisierung" gegen den Klimawandel müsse es doppelt so schnell gehen.
Zu verdanken ist der erneute Aufwind der Solarenergie vor allem den sinkenden Kosten. Nach den Daten der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energie (International Renewable Energy Agency, IRENA) kostete schon 2019 in Deutschland das Erzeugen einer Kilowattstunde Strom mit einer neuen Anlage nur noch neun US-Cent (7,4 Euro-Cent). In China waren es 5,4 (4,5), in Indien nur noch 4,5 (3,7) und in den USA 6,8 US-Cent (5,6 Euro-Cent). Seit dem sind Solaranlagen noch billiger geworden und der Trend hält weiter an.
In China hat das, wie von Telepolis bereits gemeldet, 2020 zu einem gewaltigen Solarboom von 48,2 GW neuer Solarleistung geführt, und auch in den USA kamen rund 19 GW hinzu. Dort haben sich lokale Behörden, Eigenheimbesitzer und Unternehmen offensichtlich nicht von der Kohle- und Öl-freundlichen Politik des Weißen Hauses abhalten lassen.
AKW werden es nicht richten
Der neue Präsident Joe Biden will nun, wie berichtet, das Ausbautempo kräftig erhöhen. Ab 2035 soll es keine Treibhausgasemissionen in der Stromerzeugung mehr geben.
Zwar ist die Rede von neuen Atomkraftwerken, die dazu einen Beitrag leisten sollen, doch die bestehenden Nuklearanlagen werden bis dahin aus Altersgründen größten Teils abgeschaltet sein, und nennenswerte Baustellen für neue gibt es bisher nicht. 2017 war Westinghouse, der letzte große AKW-Bauer in den USA, Pleite gegangen und hatte den Bau zweier neuer AKW einstellen müssen.
Und neue Entwicklungslinien? Bill Gates meint, die kleinen neuen Reaktoren, in die er Geld investiert hat, seien in spätestens fünf Jahren erprobt, und er hält sie für die Antwort auf die Klimakrise. Sie werden aber kaum bis 2035 die behördlichen Genehmigungen erhalten haben und in größerer Stückzahl überall im Lande stehen.
Die New York Times bespricht Gates neues Buch, das für einige Aufmerksamkeit sorgte. Der Microsoft-Gründer, der dem Vernehmen nach sein Vermögen den Kontakten seiner Mutter zu einem IBM-Manager verdankt, den er zur rechten Zeit zusammengeschusterte Software andrehen konnte, musste sich unbedingt mitteilen.
Zwar gesteht er, erst 2006 begriffen zu haben, dass es mit dem Klima ein Problem gibt - gut 30 Jahre nach den ersten Warnungen von Klimawissenschaftlern und rund 20 Jahre, nachdem sich die Gemeinde der Klimaforscher über das Problem im Groben einig war - dennoch muss er uns jetzt unbedingt erzählen, "Wie wir die Klimakatastrophe vermeiden können" ("How to avoid Climate Disaster").
Dumm nur, dass, wie die New York Times anmerkt, seine Stiftung im letzten US-Wahlkampf eher in Kandidaten investiert hat - Pardon, ihnen gespendet hat -, die den fossilen Industrien nahestanden.
Von Joe Biden sei zwar in einem offenen Brief mit 42 anderen Unternehmen "ambitionierte" Klimapolitik gefordert worden. Zugleich habe man aber einige republikanische Abgeordnete unterstützt, die diese hätten verhindern wollen und können, hätten sie die Wahl gewonnen und ihrer Partei im Senat zur Mehrheit verholfen.
Insofern wird man sich also nicht die Mühe machen müssen, sich Gates Werbung für neue Atomkraftwerke durchzulesen, die sicherlich so zuverlässig wie seine sonstigen Produkte funktionieren, aber mit Sicherheit nicht so schnell zur Verfügung stehen würden.
"Unterunehrgeizig"
Ansonsten ist an Bidens Ankündigung, bis 2035 auf CO2-neutrale Stromproduktion umstellen zu wollen, ja besonders der Vergleich zu Deutschland interessant. Jenseits des Atlantiks gibt es jetzt also ehrgeizige Ziele, obwohl bisher nur 21 Prozent des Stroms von erneuerbaren Energieträgern erzeugt werden.
Hierzulande schaffen die Erneuerbaren zwar schon 50 Prozent, aber eine weniger als unehrgeizige Politik, deren perfekte Verkörperung der neue CDU-Vorsitzende und große RWE-Gönner Armin Laschet ist, steht seit Jahren mit beiden Füßen auf der Bremse.
Bis 2038 sollen die Kohlekraftwerke und vor allem die besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke weiterlaufen. Zusätzlich bekommen die Betreiberkonzerne gar noch den Abschied aus ihrer Raubbaukultur mit mehreren Milliarden Euro versüßt.
Derlei bleibt natürlich nicht ohne Widerstand in der Gesellschaft. Am Mittwoch vergangener Woche gab es vor der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei in Düsseldorf mal wieder eine Kundgebung gegen die weitere Zerstörung von Dörfern am Rande der rheinische Braunkohlegruben.
Derweil werden am Tagebau Garzweiler 2 nordöstlich von Aachen in Lützerath weiter Dorfbewohner unter Druck gesetzt, in dem mit großen Aufgebot an Security-Personal in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft Häuser abgerissen und alte Bäume gefällt werden.