Klimakrise: Nur noch ein weiterer Sprung

IAEA-Experten bei den Wasserlagertanks des TEPCO-Kernkraftwerks Fukushima Daiichi, 27. Nov. 2013. Bild: Greg Webb / IAEA. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Von japanischen Erdbeben, Methusalem-Reaktoren und Kritik an der Braunkohlepolitik des CDU-Vorsitzenden Amin Laschet

Nun ist der Vertrag unter Dach und Fach. Vergangenen Mittwoch wurde der öffentlich-rechtliche Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Braunkohlekonzernen unterschrieben, wie unter anderem die Plattform Euractiv berichtet. Telepolis hatte Mitte Januar über den vorausgegangenen Beschluss des Bundestags geschrieben.

Damit ist nun besiegelt, dass 4,35 Milliarden Euro an die Betreiber von Braunkohletagebauen und angeschlossenen Kraftwerken mit zusammen rund 21.000 Beschäftigten ausgeschüttet werden. Davon werden allein die RWE 2,6 und das Firmenkonstrukt EPH/Leag 1,75 Milliarden Euro erhalten.

Die Mitarbeiter werden davon allerdings sicherlich nicht allzu viel zu sehen bekommen, und für den grünen EU-Parlamentarier Michael Bloss handelt es sich sowieso um herausgeschmissenes Geld. Die erneuerbaren Energieträger würden den Kohlestrom ohnehin aus dem Markt drängen und der Emissionshandel den Kraftwerken den Rest geben. Die Milliardensumme könnte die Kohle womöglich künstlich am Leben halten und die Klimakrise befeuern.

Erdbeben in der Nähe Fukushimas

Am Samstag gab es einige Dutzend Kilometer vor der Küste der japanischen Präfektur Fukushima ein schweres Erdbeben, das eine Stärke von 7,1 auf der logarithmischen Erdbebenskala erreichte. Die Japan Times spricht von einer Stärke von 7,3, was allerdings an einer etwas anderen Skala liegen könnte, die im Land der aufgehenden Sonne verwendet wird.

Das japanische Archipel ist ein sogenannter Inselbogen, wie sie an Stellen auf dem Globus entstehen, wo sich eine ozeanische Platte der Erdkruste unter eine andere oder unter eine Kontinentalplatte schiebt. Japan gehört zu den am stärksten durch Erdbeben gebeutelten Ländern.

Die Erschütterungen richteten einige Zerstörungen an und forderten mehr als 100 Verletzte, waren aber erheblich schwächer als jenes Beben, das vor knapp zehn Jahren den Meeresboden ganz in der Nähe des jetzigen Epizentrums erschütterte und einen folgenschweren Tsunami auslöste. Doch wegen des noch vielen in Erinnerung gebliebenen Namens der Präfektur sorgte das neue Ereignis für einige internationale Aufmerksamkeit.

Beben dieser Schwere treten weltweit etwa 15mal pro Jahr auf, finden aber meist nur dann internationale Beachtung, wenn sie größere Schäden anrichten. Nur drei Tage vor dem jüngsten Fukushima-Beben hatte es zum Beispiel südöstlich des französischen Pazifikinsel Neukaledonien ein mit 7,7 noch deutlich stärkeres Erdbeben gegeben, was jedoch außerhalb der Region wenig Beachtung fand.

Doch Fukushima ist ein besonderer Fall. Am kommenden 11. März jährt sich zum zehnten Mal das sogenannte Tohoku-Beben, das nach unterschiedlichen Angaben mit 9,0 oder 9,1 auf der logarithmischen Skala das schwerste je in Japan und das fünftschwerste je weltweit registrierte Erdbeben war.

Das Beben und vor allem der nachfolgende Tsunami sorgten in der benachbarten Küstenregion zu verheerenden Verwüstungen und forderten rund 19.300 Opfer. Darüber hinaus führte es zu einer der schwersten Reaktor-Katastrophen in der Geschichte der Nutzung der Atomkraft.

In den zum Zeitpunkt des Erdbebens laufenden dreien von vier Reaktoren des AKW Fukushima Daiichi unterbrachen Beben und Tsunami die Kühlmittelversorgung, so dass es zur Kernschmelze kam. Die benachbarte Küstenregion musste weiträumig evakuiert werden. In Japan stehen seitdem die allermeisten AKW still, die Nachbarschaft des Havaristen ist unbewohnbar und die Aufräumarbeiten vor Ort werden noch Jahrzehnte benötigen.

Größere Schäden durch das erneute Erdbeben scheint es auf dem Gelände der Havaristen am Wochenende jedoch nicht gegeben zu haben. Betreiber Tepco berichtet laut New York Times von lediglich kleineren Schäden an den einigen der zahlreichen Tanks, in denen radioaktives Wasser zurückgehalten wird.

Methusalem-Reaktoren

Derweil geht in den allermeisten Ländern, abgesehen vor allem von den Ausnahmen China und Russland, das Atomzeitalter zu Ende. Im Januar sind weltweit drei neue Atomkraftwerke ans Netz gegangen, nach dem im Vorjahr weltweit fünf hinzukamen, aber elf abgeschaltet worden waren. Das geht aus den Daten der Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) in Wien hervor.

Einer der neuesten Reaktoren steht in Indien, wo die die Nutzung der Atomkraft hoch umstritten ist, und zwei in China. In der Volksrepublik sind in den letzten Jahren mehrere Dutzend AKW errichtet worden, was China inzwischen nach Reaktorzahl zur drittgrößten Atommacht nach den USA und Frankreich macht.

In den beiden Ländern kommen indes, wie in den meisten Industriestaaten, die Anlagen inzwischen sehr in die Jahre. Laut einer ebenfalls von der IAEA veröffentlichten Altersstatistik nimmt weltweit die Zahl der Methusalem-Reaktoren weiter zu. Inzwischen laufen bereits 123 der 443 aktiven Atommeiler seit 40 Jahren oder länger. Die fünf ältesten sind sogar bereits seit 52 Jahren in Betrieb.

40 Jahre ist für gewöhnlich die Zeitspanne, für die die Anlagen ausgelegt sind. Durch die extreme Strahlung im Reaktordruckbehälter und im Primärkreislauf wird deren Material auf Dauer angegriffen und Ermüdungserscheinungen mit zunehmenden Alter wahrscheinlicher. An belgischen Reaktoren kommen Tausende Haarrisse hinzu.

107 weitere Reaktoren werden in den nächsten fünf Jahren diese Schwelle erreichen, wenn sie nicht vorher abgeschaltet werden. Als wir 2016 auf Telepolis zuletzt auf die anwachsende Flotte betagter AKW hinwiesen, waren es 81 von 442, die 40 oder mehr Jahre auf dem Buckel hatten.