Illegale Rodungen in Schleswig-Holstein

Seite 2: Behörde belohnt Mafia-Methoden

In diversen Orten gibt es inzwischen ähnliche Auseinandersetzungen um Dörfer, Bäume und Wälder. Überall im Land sind Behörden und Industrie wenig zimperlich, wenn es darum geht, Landwirte zu enteignen, Menschen aus ihren Häusern und Wohnungen zu vertreiben, gewachsene Nachbarschaften zu zerstören und den Erholungswald um die Ecke abzuholzen. Nur wenn es mal große Wohnungskonzerne treffen soll, heulen Konservative und Liberale auf.

Wenn es dagegen darum geht, einen Tagebau auszuweiten, um das Klima noch mehr schädigen zu können, dem dichtesten Autobahnnetz Europas noch weitere 800 Kilometer hinzufügen zu können oder ein neues Parkhaus mit angeschlossenem Hotel zu bauen, wird schnell und ohne Bedenken zur Kettensäge gegriffen.

Zum Beispiel in Flensburg, das in letzter Zeit eher als Corona-Hotspot Schlagzeilen gemacht hat. Dort ist seit einigen Monaten ein kleines Wäldchen von Aktivisten besetzt, das einem Hotel- und Parkhausbau weichen soll.

Die städtischen Behörden hatten wegen der angespannten Corona-Situation in der Stadt eine zunächt beabsichtigte polizeiliche Räumung abgesagt. In der Stadt breitet sich gerade eine aggressivere Covid-19-Variante massiv aus, und seit dem Wochenende gilt deswegen sogar eine nächtliche Ausgangssperre.

Am 19. Februar sind dann jedoch Mitarbeiter des Investors JARA Immobilien gemeinsam mit Security-Personal gegen die Besetzer vorgegangen und haben mit dem Fällen von Bäumen begonnen, wie es in einem offenen Brief der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg an die Oberbürgermeisterin der Fördestadt heißt.

Eine möglichst große Zahl an Bäumen seien rund um angesägt worden, offensichtlich in dem Bewusstsein, schon bald von der Polizei aufgehalten zu werden. Auch Bäume, auf denen sich Menschen befanden oder in Baumhäusern haben befinden können, wurden demnach rücksichtslos angesägt.

Das Vorgehen erinnere an Mafia-Methoden. Die Security-Mitarbeiter hätten sich Polizeibefugnisse angemaßt, indem mindestens eine Person mit Kabelbinder gefesselt und abtransportiert wurde.

Die Investoren nahmen billigend in Kauf, dass ihr Vorgehen auf dem Höhepunkt der Pandemie mit hochansteckenden Viren zu einem Super-spreading-event führen konnte, was die Stadtverwaltung gerade umgehen wollte. Damit nahmen sie auch billigend in Kauf, dass sich ungezählte - auch völlig unbeteiligte - Menschen mit dem potentiell tödlichen Virus infizieren und schwer erkranken, vielleicht sogar sterben, und weitere anstecken.

Offener Brief der Flensburger Bürgerinitiative an Oberbürgermeisterin, Stadtpräsidenten und Ratsversammlung der Stadt

Die Bürgerinitiative verweist darauf, dass die schleswig-holsteinische Stadt Neumünster kürzlich einem Investor die Baugenehmigung entzogen hat, nach dem dieser illegal gerodet hätte. Nach einem Bericht des Senders NDR sind in den letzten Wochen derartige illegalen Rodungen im nördlichsten Bundesland vermehrt aufgetreten.

Doch anstatt dem Neumünsteraner Beispiel zu folgen und die Baugenehmigung wegen zerstörten Vertrauens aufzuheben, setzten die Behörden noch eins drauf und organisierten ein weiteres Super-Spreader-Event.

Am Wochenende, pünktlich zum Auftakt der nächtlichen Ausgangssperre, kam es in der Folge im Corona-Hotspot zu einem massiven Polizeieinsatz mit Beamten aus drei Bundesländern, der nicht etwa den illegalen Baumfällern sondern den Besetzern und Naturschützern galt.

Der Wald ist nun geräumt und weitgehend abgeholzt, aber das hydrologische Gutachten, das den Schutz einer nahegelegenen Quelle und die Stabilität eines angrenzenden Steilhangs überprüfen soll, steht weiter aus. Kommt der Hang ins Rutschen, sind in den oberhalb liegenden Häusern weitere Menschenleben gefährdet.

Man merke: Jugendliche aus Arbeiterfamilien, die in einer sich entspannenden Corona-Situation im freien feiern, sind böse, müssen von der Polizei rüde kontrolliert und schließlich wie in Stuttgart durch die Stadt gejagt werden. Wenn man hingegen genug Geld hat, kann man eine kleine Privatarmee einsetzen, illegal Bäume fällen und die Polizei organisiert dann noch zur Belohnung eine große Corona-Party. Wo es in der Stadt doch gerade so schöne Mutanten gibt.

Was sonst noch geschah

Ansonsten wäre noch aus der letzte Woche unter anderem zu berichten, dass es in Kanada mal wieder Proteste gegen eine Teer-Sand-Pipeline gab und zwar diesmal in Vancouver am Pazifik. Oder dass die Berliner Linkspartei eine autofreie Innenstadt blockiert.

Oder dass die baden-württembergische FDP den Verbrennungsmotor erhalten wil, während Ford in Europa ab 2026 nur noch Elektroautos oder Plug-in-Hybride verkaufen will, die bisher allerdings einen sehr zweifelhafte Klimanutzen haben.

Oder dass Facebook den Protest gegen eine neuen Kohletagebau in Australien zensiert. Oder dass Indien den Abbau von Kohle ausweiten will.