Im Sumpf der Subventionen
Seite 2: Moderne Raubritter ohne jede Ritterlichkeit
- Im Sumpf der Subventionen
- Moderne Raubritter ohne jede Ritterlichkeit
- Ein Skilift für die Ostsee
- Imaginäre Rasenmäher können Subventionen auch nicht kürzen
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Oft wird sogar den gleichen Personenkreisen das Geld an der einen Stelle aus der Tasche gezogen, denen es an der anderen Stelle und in anderer Form wieder hineingestopft wird. Man könnte darüber lachen, wenn das wenigstens Spuren von Situationskomik hätte.
Wieso sich manche der auf diese krumme Tour Beschenkten auch noch darüber freuen und dankbar erweisen, ist ganz und gar unverständlich; denn die Vorgänge, bei denen den Leuten das Geld an einer Stelle aus der Tasche gezogen und an der nächsten Stelle wieder hineingestopft wird, sind nicht wirklich schwer zu durchschauen.
Solche Wahlgeschenke sind ein gigantischer Etikettenschwindel. Niemand bekommt etwas geschenkt. Die Politiker und der Staat haben überhaupt nichts zu verschenken. Sie haben es nur anderen genommen und meinen, sie hätten dafür auch noch den Applaus des Publikums verdient. Sie sind kaum mehr als moderne Raubritter ohne jede Ritterlichkeit, und die Finanzämter sind ihre willigen Vollzugsgehilfen.
Die Gesamtheit der in Deutschland pro Jahr gezahlten Subventionen beläuft sich auf 164 Milliarden Euro.2Das ist Geld, das die Steuerzahler zunächst einmal in Form von Steuern gezahlt haben. Die Einnahmen aus Lohnsteuer und veranlagter Einkommensteuer belaufen sich auf rund 159 Milliarden Euro.3
Wenn die Subventionen wegfielen, stünde der Bevölkerung also ein höherer Betrag als das Gesamteinkommen der Steuerpflichtigen als zusätzliches Einkommen zur Verfügung, das Land hätte eine blühende Wirtschaft, und das Geld könnte zudem auch noch in ökonomisch sinnvolle Aktivitäten fließen und alle Wettbewerbsverzerrungen aus der Welt schaffen.
Natürlich ist das so gesehen eine Milchmädchenrechnung. Aber die könnte wohl doch den Blick dafür öffnen, dass vorhandene Gelder sinnvoller als für wirtschaftlich unsinnige Subventionen eingesetzt werden könnten: Die 164 Milliarden Euro werden ja allesamt in wirtschaftlich nicht rentable Objekte gesteckt.
Wenn man diese immensen Summen stattdessen den Steuerzahlern erst gar nicht abknöpfen würde, wäre der Wirtschaft viel besser gedient. Das Land würde aufblühen, und marode Firmen würden nicht künstlich und krampfhaft am Leben erhalten.
Allerdings verlören die Politiker und Politbürokraten damit auch die Möglichkeit, sich als großmütige Mäzene notleidender Wirtschaftszweige zu produzieren. Und deshalb ist das nur eine schöne, aber kindlich-naive Utopie.
Die Realität sieht anders aus: Die Vertreter in den politischen Entscheidungsgremien der repräsentativen Demokratien werden auf diese Waffe im Kampf um politische Macht nicht freiwillig verzichten. Und unter Druck auch nicht; denn es gibt niemanden, der sie ihnen aus der Hand schlagen könnte. Also wird es beim Unfug der massiven und von Jahr zu Jahr wachsenden Subventionen bleiben.
Alle Wirtschaftsfachleute sind sich indessen einig darüber, dass Subventionen grundsätzlich von Übel sind, weil sie den Wettbewerb verzerren. Übrigens völlig unabhängig davon, ob sie eher dem linken oder eher dem rechten Lager zuzurechnen sind. Da gibt es keine einzige Ausnahme und keinen, der anderer Ansicht ist. Und das hat gute Gründe.
In einer Marktwirtschaft werden alle wirtschaftlichen Aktivitäten über den Mechanismus der relativen Preise gesteuert und koordiniert. Daher ist grundsätzlich alles schädlich, was die Informations-, Lenkungs- und Anreizfunktion der relativen Preise verzerrt.
Dennoch können Subventionen - rein theoretisch - für eine begrenzte Zeit auch ökonomisch sinnvoll sein. Nämlich dann, wenn es darum geht, vorübergehende Engpässe und Notsituationen zu überwinden. Aber eben wirklich nur für einen sehr eng begrenzten Zeitraum und nicht als Dauereinrichtung.
Doch genau zu dieser zeitlichen Begrenzung von Subventionen ist die parlamentarische Parteiendemokratie nicht in der Lage. Das ist ein klassisches Problem aller entwickelten repräsentativen Demokratien. In anderen politischen Systemen existiert dieses Problem in dieser Form und Ausprägung nicht. Die Politiker, die mit der Geld-Gießkanne übers Land ziehen und Subventionen vergießen, müssten fürchten, dass sie Wähler verlieren, wenn sie Subventionen nach einer Weile wieder stoppen würden.
Subventionen sind jedoch ökonomisch nur sinnvoll, solange ein Markt unvollkommen funktioniert und eine realistische Chance besteht, dass vorübergehende Hilfszahlungen zu einem besseren wirtschaftlichen Ergebnis führen. Aus genau diesem Grunde führen Subventionen, die von demokratisch gewählten Repräsentanten gewährt werden, zwangsläufig in das ökonomische Desaster: Sie perpetuieren sich selbst.
Darüber hinaus jedoch verzerren Subventionen die Marktpreise und bringen das Marktgeschehen aus dem Gleichgewicht. So entstehen gigantische Verluste. Ökonomisch sinnvoll wirtschaftende Unternehmen werden demotiviert, weil sie ihre unwirtschaftlichen Konkurrenten über Steuern auch noch mitfinanzieren müssen.
Und es soll keiner behaupten, dies sei eine marktradikale Argumentation von Anhängern eines enthemmten Kapitalismus. Auch in einer sozialistischen Wirtschaft könnten Subventionen nur für einen begrenzten Zeitraum einen ökonomischen Sinn haben. Über einen längeren Zeitraum hinweg, würden sie der sozialistischen Wirtschaft ebenso schaden.
In der DDR hat man das exemplarisch am Verfall der Bausubstanz verfolgen können. Die Mieten wurden durch politische Entscheidung gezielt auf niedrigstem Niveau gehalten. Dadurch konnten Häuser nicht erhalten werden. Die Bausubstanz in der gesamten DDR verfiel von Jahr zu Jahr. Am Ende waren die meisten Gebäude genau so marode wie das politische System.
Wer Subventionen bekommt, hat keinen Anreiz, wirtschaftlich zu arbeiten. Er bekommt sein Geld ja sowieso - wenigstens so lange, wie er unwirtschaftlich operiert. Warum sollte er da seine wirtschaftlichen Verhältnisse überhaupt in Ordnung bringen?
Durch die gesunkenen Marktpreise werden die Gewinne wirtschaftlich arbeitender Unternehmen kleiner und der Subventionsbedarf zur Erhaltung ohnehin schon unwirtschaftlicher Unternehmen am Markt zusätzlich auch noch erhöht.
Da die nicht subventionierten Unternehmen zum gesunkenen Preis nicht oder nur weniger anbieten können, werden darüber hinaus Arbeitsplätze vernichtet. Im Gegenzug werden dafür in den subventionierten Unternehmen Arbeitsplätze künstlich am Leben erhalten, die im ordentlichen Marktwettbewerb keine Chance hätten.
Subventionen helfen, Unternehmen am Leben zu halten, die auf dem freien Markt nicht lebensfähig wären. Steuergelder werden verschwendet. Es kommt zur Überproduktion stark subventionierter Güter. Subventionen verhindern, dass veraltete Industrien absterben und moderne Industrien wachsen können.
Der Schaden geht weit über die reinen Geldbeträge hinaus, die da verpulvert werden. Subventionen bringen das ganze Wirtschaftssystem in eine Schieflage. Sie sind eines der am verheerendsten wuchernden Krebsgeschwüre demokratischer Systeme.
Es gibt kaum einen größeren wirtschaftlichen Unsinn, als Subventionen über ein Land zu verteilen. Und man könnte hinzufügen: Genau deshalb sind sie ja so beliebt bei demokratischen Politikern und Politbürokraten, weil die nämlich vor keinerlei Unfug zurückschrecken, wenn man denen gestattet, mit dem Geld der Steuerzahler herumzufuhrwerken…
Eine anfangs einmal sinnvolle Subvention kann sich im Laufe der Zeit als ökonomisch nicht mehr notwendig erweisen. Aber angesichts der Trägheit der politischen Prozesse oder infolge des Einflusses von Interessengruppen bleibt sie dennoch bestehen.
Das ist ein gerade in repräsentativen Demokratien virulentes Problem: Nach einigen Jahren haben sich ganze Wirtschaftszweige darauf eingerichtet, auf immer und ewig subventioniert zu werden.
Der ursprünglich vielleicht sogar ernsthaft geplante Wegfall von Subventionen würde dann einen politischen Sturm auslösen: Politiker haben den Betroffenen in Wahlkämpfen zugesagt, dass die Subventionen nicht zurückgenommen werden. Vertreter der subventionierten Wirtschaftszweige und ihre Lobbyisten haben sich in den politischen Parteien und den Parlamenten eingenistet und können nun ihren Einfluss dafür geltend machen, dass die Subventionen weiter fließen. Und den Politikern fällt es ohnehin viel leichter, Subventionen in Millionenhöhe zu verteilen, als sie wieder zurückzudrehen.
Es bereitet der Politik ja keine Mühe, irgendeiner Personengruppe eine Subvention zu bewilligen, wenn man die nicht aus der eigenen Tasche bezahlen muss. Auch dann nicht, wenn es um Millionen- oder gar Milliardenbeträge geht. Aber es ist so gut wie unmöglich - politisch unmöglich -, den Geldsegen wieder abzustellen, wenn die Subvention zurückgenommen werden soll.
Dann wehrt sich die betroffene Klientel nach Kräften gegen die Kürzung ihrer Bezüge. Sie mobilisiert ihre Lobbyisten und ihre Repräsentanten und Fürsprecher in den politischen Parteien. Die betroffenen Personen kommen womöglich in wirtschaftliche Bedrängnis, weil sie mit dem Geld gerechnet haben, und können damit drohen, dass sie die Partei der Subventionskürzer nicht mehr wählen werden.
Das alles ist sehr schwer, und es fällt den politischen Repräsentanten viel leichter, den Steuerzahlern weiter tief in die Taschen zu greifen und deren Gelder auch in Zukunft zu verschleudern.
So dreht sich eine gefährliche Spirale. Subventionen in der Hand von demokratisch gewählten Repräsentanten haben die Tendenz, von Jahr zu Jahr zu wachsen. Politiker haben zwar die Angewohnheit, in publikumswirksamen Veranstaltungen immer und immer wieder zu "fordern", Subventionen sollten wieder abgebaut werden. Aber das bleibt in der Regel nur leeres Politgeschwätz ohne Substanz. Macht sich gut in Talkshows - den neuzeitlichen Stätten haltlosen Geschwafels ohne Sinn, Verstand und Verbindlichkeit.
Subventionen sind erstarrte Instrumente der Klientelpolitik. Und deshalb fummeln die Politiker im Extremfall mal ein bisschen an der einen oder anderen Subvention herum, um Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit vorzutäuschen. Aber im Großen und Ganzen ändert sich jedoch nichts daran, dass die Subventionen in der Regel von Jahr zu Jahr steigen.
Würde die Regierung tatsächlich eine größere Zahl von Subventionen streichen, müsste sie bei der nächsten Wahl mit einer bedrohlichen Zuspitzung ihrer eigenen Lage rechnen. Womöglich würden die Betroffenen sogar dazu aufrufen, die Regierungsparteien nicht wiederzuwählen. Selbst wenn sie es nicht täten, würden die (noch) regierenden Parteien damit rechnen, dass sie die nächste Wahl verlieren könnten. Dieses Risiko werden sie nicht eingehen. Also läuft alles weiter wie bisher. Eine Besserung ist nicht in Sicht.
Subventionen bremsen das Wirtschaftswachstum, vernichten Wohlstand und Arbeitsplätze. Sie kosten viel Geld, das den Steuerzahlern selbst nicht mehr zur freien Verfügung steht, sondern vom Staat verpulvert wird.
Werden Subventionen hingegen gekürzt oder abgeschafft, werden bisher gebremste Marktkräfte gelöst und tragen zu einem höheren Wohlstand für alle bei. Ein nachhaltiger Subventionsabbau würde viel Energie freisetzen und neuen finanziellen Spielraum schaffen, um die Verschuldung zu reduzieren. Und es ergäben sich neue Chancen, die Bürger und Unternehmen steuerlich zu entlasten.