Im Sumpf der Subventionen
Seite 3: Ein Skilift für die Ostsee
Subventionen streichen, weniger Schulden machen, Steuern senken. Das könnte eine sinnvolle und auch populäre Politik sein. Doch dazu müssten Politiker bereit sein, auf Subventionen als Instrument des Machterhalts zu verzichten. Und das sind sie nicht.
Manche der absurdesten Verirrungen zeigen, wie die Verantwortlichen ohne jede Verantwortung mit den Geldern wirtschaften, die ihnen noch nicht einmal gehören.
Man mag es nicht glauben, aber die folgende Geschichte hat sich wirklich zugetragen: Da hat ein dänischer Bauer 2009 aus lauter Jux eine Subvention für einen Skilift auf der Badeinsel Bornholm in der Ostsee beantragt. Wer Bornholm kennt, der weiß: Die Insel ist so flach wie eine Flunder.
Um die Subvention bewilligt zu bekommen, musste der lustige Landwirt sich mit dem für die Insel zuständigen Berater von Europe Direct, dem zentralen Beratungsdienst der EU, zusammensetzen. Der unterstützte den Antrag. Europe Direct beschäftigt in ganz Europa 474 Berater, die Anträge auf EU-Gelder für lokale Projekte abwickeln.
Man muss sich das nur einmal vor Augen führen: Da hocken in ganz Europa fast 500 festangestellte Mitarbeiter, zu deren wesentlichen Aufgaben es gehört, anderen Leuten, Firmen und Unternehmen dabei zur Hand zu gehen, Geld aus den riesigen Töpfen der EU für Subventionen loszueisen.
Ein Erfolgsmaßstab für ihre Tätigkeit ist es, dass es ihnen gelingt, möglichst viele Subventionen durchzuboxen. Allein schon deshalb besteht keinerlei Hoffnung, dass der Sumpf der Subventionen jemals trockengelegt wird. Die Mitarbeiter von Europe Direct müssten um ihren Job fürchten. Also sorgt jeder Einzelne von ihnen dafür, dass in seinem Bereich möglichst viel subventioniert wird, damit er auch im nächsten Haushaltsjahr wieder viel zu subventionieren bekommt.
Auf jeden Fall gewährte die EU-Kommission dem ski-begeisterten Inselbauer eine Subvention von 100.000 Euro. Und so bekam die Badeinsel tatsächlich einen Skilift auf einem hundert Meter langen Hügel, dazu ein Pistengerät und eine Schneekanone für im Schnitt eineinhalb Tage Skibetrieb im Jahr. Mehr gibt das milde Klima auf der Insel nicht her.
Die Schneekanone war dringend erforderlich, weil es dort so gut wie nie schneit. Das versteht jeder aufgeklärte Mensch sofort: Ohne Schnee kann man ja schließlich gar nicht Skifahren. Man muss also Kunstschnee auf die Piste streuen. Wer dafür kein Verständnis aufbringt, ist ein völlig uneinfühlsamer Klotz.
Und weil das so hervorragend funktioniert hatte, beantragte der lustige Landwirt von Bornholm 2011 gleich noch einmal 150.000 Euro für seine Skianlage. Die muss ja nun regelmäßig gewartet werden. Skianlagen auf Ostseeinseln verschleißen nun einmal leicht. Die raue See und die feuchte Luft zehren am Gestänge.
Auch das wird niemand glauben, ist aber ebenfalls wahr: Der Landwirt bekam tatsächlich noch einmal 150.000 Euro bewilligt. Und nun hat er ja sogar eine Art Präzedenzfall geschaffen. Wenn der Verschleiß der Anlage der EU-Kommission 2011 so viel Geld wert war, dann wird er ja in den kommenden Jahren wieder mit einem steten Geldfluss rechnen dürfen.
Dabei gilt Bornholm als Dänemarks Sonneninsel, weil es dort recht warm ist. Im Winter 2011/2012 konnte die Skianlage sogar noch nicht einmal einen einzigen Tag in Betrieb genommen werden, weil es zu warm war…
Die Praxis sieht so aus, dass staatliche Subventionen in Deutschland und in Europa seit Jahrzehnten gewährt werden und seit Jahrzehnten wachsen. Die Politiker plädieren pro forma immer wieder mal leidenschaftlich für den radikalen Abbau von Subventionen und sorgen anschließend dafür, dass im nächsten Haushalt noch mehr Geld für Subventionen bereit steht.
Solchen Quatsch produzieren die Brüsseler Bürokraten am laufenden Band. So hat die EU in Griechenland rund 80 Prozent der Kosten getragen, die zur Ermittlung von Wehrpflichtigen-Listen anfielen. Welchen Sinn das haben könnte, bleibt schleierhaft. EU-Fördergelder flossen auch in das Training von TV-Showgirls in Neapel, in die Ausbildung von "City Clowns" im finnischen Tampere oder in die bessere Verständigung zwischen dänischen und schwedischen Komponisten in der Öresund-Region.