In Kobane nichts Neues?

Angeblich habe der IS die Stadt praktisch erobert, die YPG meldet, sie sei bald befreit, die Peschmerga sind noch immer nicht zur Hilfe gekommen

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Wie jeden Tag meldete das Pentagon auch gestern, wieder Luftangriffe auf Stellungen des IS in Kobane ausgeführt zu haben. Zerstört worden seien 5 Fahrzeuge und ein Gebäude. Ob die Luftangriffe die Situation am Boden zugunsten der unterstützten kurdischen YPG-Kämpfer verbessern, lässt sich nicht sagen. Mittlerweile kosten sie nach Angaben des Pentagon täglich 8,3 Millionen US-Dollar.

John Cantlie muss IS-Siegesmeldungen verkünden

Nachdem es erst einmal hieß, es seien hunderte IS-Kämpfer bei den Anschlägen getötet und die IS von den YPG-Kämpfern zurückgetrieben worden, scheinen diese wieder verstärkt vorzudringen. In einem Video lässt der IS die britische Geisel John Cantlie in Kobane an der Grenze zur Türkei sagen, dass die Stadt praktisch eingenommen sei. Der IS habe wegen der Luftangriffe auf schwere Waffen verzichtet und dringe nun Straße um Straße vor. Die Kämpfe hätten fast aufgehört. Im Video werden auf Luftaufnahmen von Kobane gezeigt, die angeblich von einer IS-Drohne stammen sollen. Bilder wurden veröffentlicht, die die angeblich größte Flagge zeigen, die bald über Kobane flattern soll. Endgültig heiße Kobane nicht mehr Ayn al-Arab, sondern Ayn al-Islam.

Update: Von kurdischer Seite wird bestritten, dass es sich um aktuelle Bilder handelt. So ist auf einer Aufnahme eine türkische Flagge zu sehen, die sich seit dem 15. Oktober nicht mehr dort befindet. Das Video sei auch manipuliert worden, so dass es nur so aussieht, als ob Cantlie in Kobane aufgenommen worden sei. Cantlie bezieht sich allerdings auf Ereignisse wie den Abwurf von Waffen, die erst einige Tage vergangen sind.

YPG-Kopräsidentin Asya Abdullah erklärte hingegen gestern, dass Kobane bald vollständig befreit sei. Die YPG berichtet, die Kämpfe seien vor allem im Osten der Stadt weiter gegangen, man habe zwei Autobombenanschläge und einen mit einem Motorrad abwehren können. 17 Terroristen und 5 YPG-Kämpfer seien getötet worden.

IS behauptet, über Drohnen zu verfügen. Damit wären Drohnen, nachdem sie bereits von der Hisbollah gegen Israel eingesetzt wurden, endgültig im Terrorismus angekommen.

Angeblich haben die PYG-Kämpfer bislang verhindern können, dass der IS die Stadt auch an der türkischen Grenze einschließt. Der IS scheint nicht wegen der Luftangriffe und der abgeworfenen Waffen Druck zu machen, sondern vermutlich wegen der angekündigten Hilfe von Peschmerga-Kämpfern aus den Autonomen Kurdengebieten im Nordirak. Die irakischen Kurden, allen voran die Partei kurdischen Präsidenten Bersani, pflegen gute Beziehungen zu Ankara, aber es gibt Konflikte mit den syrischen Kurden.

Die Entsendung von Peschmerga-Einheiten schien zunächst für die Türkei eine Kompromisslösung gewesen zu sein, um so möglicherweise durch einen Proxy Einfluss auf die syrischen Kurdengebiete zu erhalten, weil die Forderung nach einer Schutzzone von den USA zurückgewiesen wird, und gleichzeitig auf die Kritik zu reagieren, nichts gegen die vordringenden IS-Kämpfer zu machen. Die YPG bzw. die mit der Miliz verbundene Partei YPG scheint zunächst auch wenig begeistert zu sein. Man wollte nur möglich schwere Waffen, aber keine Kämpfer, dann wurde vereinbart, schwere Waffen mit wenigen Peschmerga zu schicken, die diese bedienen. Am Schluss sollten es 150 Mann sein, schwer vorstellbar, dass diese die Situation groß beeinflussen könnten. Offenbar funkte die türkische Regierung erneut dazwischen, die angesichts wieder aufflammender Proteste der Kurden und Angriffe der PKK in der Türkei, den mit der PKK verbundenen syrischen Kurden keine schweren Waffen zukommen lassen wollte.

Die kurdische YPG wirbt weiter vor allem mit Kämpferinnen als Gegenbild zum von bärtigen Männern dominierten IS.

Noch immer haben aber anscheinend keine Peschmerga die Grenze in die Türkei überquert. Der türkische Präsident Erdogan führte dies darauf zurück, dass die "Terrorgruppe" YPG nicht will, dass die Peschmerga kommen. Gestern hieß es seitens der Kurdischen Regionalregierung, die Peschmerga seien bereit, nach Kobane zu ziehen. Man habe aber noch Genehmigung seitens der Türkei. Die YPG begrüßt hingegen die Unterstützung von Erbil, aber auch die von der Freien Syrischen Armee.