In der Mitte der Gesellschaft

Seite 3: Barbarische Eßgewohnheiten

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An den Mist, der dem deutschen Fernsehpublikum tagaus, tagein geboten wird hat man sich so gewöhnt, dass man fast glauben könnte, es gäbe keine anderen Möglichkeiten. Das ist ein Irrtum. Kennt noch jemand Jagdszenen aus Niederbayern (1969), die Verfilmung des Theaterstücks von Martin Sperr? Der Regisseur, Peter Fleischmann, wurde damit zu einem der Begründer des "neuen deutschen Heimatfilms", zu dem auch Werke wie Volker Schlöndorffs Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach, Reinhard Hauffs Mathias Kneißl und Volker Vogelers Jaider - Der einsame Jäger (alle 1971) gehören. 1979 schrieb Schlöndorff über Fleischmann und die Jagdszenen:

Ich bewundere die Hartnäckigkeit, mit der er immer wieder das darstellt, was niemand von uns wahrhaben will und was doch in den Augen der Ausländer unsere Eigenart ausmacht: die Angst vor der Zukunft, die panische Reaktion auf Außenseiter, die Flucht in die Gemütlichkeit, das Klammern ans jodelnde und singende Volkstum, die barbarischen Eß- und die verklemmten Sexgebräuche.

Aus diesem Satz geht schon hervor, dass es sich Fleischmann, Schlöndorff und die anderen zur Aufgabe gemacht hatten, ein einschlägig vorbelastetes, von den Nazis missbrauchtes Genre umzubauen und neu zu definieren. In den letzten Jahren der Weimarer Republik gab es eine wahre Schwemme von Blut-und-Boden-Dramen, Bauernschwänken und in ländlicher Umgebung angesiedelten Operetten, die in ihrer großen Mehrheit das vorbereiteten, was dann noch kommen sollte. Einer der damaligen Erfolgsfilme hieß Grün ist die Heide (1932), das Genre war im Dritten Reich als "Volksfilm" bekannt. Als Hans Deppe 1951 ein Remake von Grün ist die Heide drehte, musste ein neuer Name her. Der nun so benannte "Heimatfilm" wurde zum kommerziell erfolgreichsten, auch zahlenmäßig den Rest der Filmproduktion dominierenden Genre des selbstgefälligen, die Vergangenheit leugnenden oder nur selektiv wahrnehmenden Kinos der Adenauerzeit.

Den wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Heide-Filmen machte der Vater der in den Förster verliebten Heldin aus. In der Version von 1932 ist er ein verarmter ehemaliger Gutsbesitzer, der nicht von seiner Jagdleidenschaft lassen kann und zum Wilderer wird. 1951 hat Lüder Lüdersen sein Rittergut und sein Jagdrevier verloren, weil die Ländereien in Ostpreußen lagen und er von dort vertrieben wurde. Die illegale Jagd in der Heide hilft ihm über den Verlust der Heimat hinweg. Das sind mildernde Umstände. Am Ende wird er nicht etwa zur Rechenschaft gezogen, sondern rehabilitiert, weil er dazu beiträgt, dass ein weiterer Wilderer, der einen Wachtmeister erschossen hat, dingfest gemacht werden kann. Lüdersen wird nicht mehr wildern, und seine Tochter (Sonja Ziemann) darf den Förster heiraten, der eine wehrmachtsähnliche Uniform mit Schaftstiefeln trägt.

Weil solche Filme auf Kontinuität setzten, statt einen Bruch mit der Ästhetik und den Erzählmustern des Dritten Reichs zu vollziehen, spielt Rudolf Prack den Förster. Zusammen mit Sonja Ziemann bildete er eines der Traumpaare im deutschen Kino der 1950er. 1905 geboren, war er dafür schon etwas alt, doch es gab übergeordnete Gesichtspunkte, insbesondere den Wiedererkennungseffekt. Prack kannte man noch aus Rollen wie der als Großknecht, der in Veit Harlans Die goldene Stadt (1942) brav das Land bestellt, statt sich wie seine Verlobte Anna mit tschechischem Gesindel aus der Stadt abzugeben (Kristina Söderbaum als Anna musste ihr Fehlverhalten wieder einmal als "Reichswasserleiche" abbüßen). Einer wie er war der ideale Held im Heimatfilm.

Die goldene Stadt

Damit die Heimatvertriebenen, Tochter und Vater Lüdersen, in die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft integriert werden können, muss einer aus der neuen Heimat hinausexpediert werden, denn diese definiert sich nicht zuletzt darüber, wer nicht dazugehört. Das ist der zweite Wilderer. Der Mann ist Tierpfleger beim Zirkus und wird dadurch als Bösewicht identifiziert, dass er von dubioser Herkunft ist (er hat keine Papiere) und das Rehwild mit der Schlinge fängt, also nicht waidgerecht jagt wie Lüdersen. Den Pfleger verkörpert Karl Finkenzeller, den man vorher als Italiener gesehen hatte (Der Geigenmacher von Mittenwald, 1950) und der danach den Zigeuner gab (Der Zigeunerbaron, 1954).Und da der Biologismus der Nazis lange nachwirkte, wird der Polizistenmörder am Schluss, auf Anweisung des Amtsrichters, nicht etwa zum Polizeirevier gebracht, sondern zum Forsthaus. Ob ihn der Förster da erlegt und ausweidet? Ganz waidgerecht, versteht sich. Als erfolgreichster Film des Jahres 1952 erhielt Grün ist die Heide einen Bambi.

Adenauers Heimatfilm unterscheidet sich nicht sehr vom Volksfilm des Dritten Reichs. Es gibt schöne Landschaften, eine streng hierarchische Gesellschaft, sehr gern mit Adeligen und Gutsbesitzern, und weil die Heimat stets in Gefahr ist, müssen die eliminiert werden, die man da nicht haben will. Meistens sind das Ausländer, und wenn die Bösen doch einen deutschen Pass besitzen, haben sie ein paar schlechte Gene geerbt oder wurden außerehelich geboren. Der neue Heimatfilm der späten 1960er und der 1970er drehte die alten Muster um. Statt verlogener Bilder von der ländlichen Idylle sah man Armut, soziale Ungleichheit und eine Gesellschaft, die ihre kollektiven Frustrationen an Außenseitern abreagiert und sich so ein Gemeinschaftsgefühl verschafft.

Ein Comeback erlebten die Förster, Landadeligen, Sägewerksbesitzer, Bauern und Landärzte der 1950er, als Helmut Kohl im Rahmen seiner "geistig-moralischen Wende" das Privatfernsehen einführte. Der Pionier war Leo Kirch, der alles aus seinem Filmarchiv, das man ihm bei ARD und ZDF nicht mehr abnahm, gnadenlos von SAT1 versenden ließ. Der Konkurrent RTL schlug zurück, indem er Roy Black aus der Versenkung holte. Roy Black hatte 1972 die Hauptrolle in einem weiteren Aufguss von Grün ist die Heide gespielt, der sogar den Hardcore-Fans von Schlagern und Heimatschnulzen zu blöd gewesen war. Als Besitzer eines Hotels am Wörthersee - in einer Serie, die das "Niveau" des dritten Heide-Films locker unterbot - wurde er zum Quotenkönig.

Familienaufstellung mit bayerischem Gemüt

Gern würde ich hier schreiben, dass sich die Öffentlich-Rechtlichen erst nach hartem Abwehrkampf dem Quotendiktat beugten und das Seichte mit ebenso Seichtem konterten, als alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft waren. Leider spricht die Chronologie dagegen. Ein Schloß am Wörthersee ging 1990 bei RTL auf Sendung (und wurde später auch von der ARD gezeigt), Der Bergdoktor 1992 bei SAT1 (1999 vom ZDF aufgekauft, wiederholt und inzwischen mit neuer Besetzung wiederbelebt). Und bereits 1988 gab das ZDF eine Serie mit dem Titel Forsthaus Falkenau in Auftrag. Die erste Episode wurde am 11. April 1989 ausgestrahlt.

Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen. Es war schon immer ein Fehler, den Heimatbegriff den Rechten und den Verbänden der aus ihr Vertriebenen zu überlassen und den Heimatfilm den Zynikern, die ihr Publikum für dumm und reaktionär halten und das entsprechende Programm servieren. Man kann ein Massenpublikum auch durchaus da abholen, wo es sich vermeintlich aufhält, aber abholen heißt nicht auf der Stelle treten oder sogar rückwärts gehen. Wie es anders funktionieren kann, hatte das Autorenkino vorgemacht. Doch das Interesse des Publikums am neuen deutschen Heimatfilm war überschaubar geblieben. Und damit, fürchte ich, war auch der Weg vorgezeichnet, den eine Serie wie Forsthaus Falkenau nehmen würde. Denn das öffentlich-rechtliche Fernsehen zeichnet sich nicht eben durch den langen Atem aus, den man manchmal braucht, um eingeschliffene Sehgewohnheiten und Erwartungshaltungen zu ändern. Dabei wäre das Serienformat für so ein Vorhaben ideal. Dank der Rundfunkgebühren wäre es auch finanziell abgesichert. Man könnte versuchen, nach und nach mit neuen Formen und Inhalten ein größeres Publikum zu gewinnen, statt sich vom ersten Tag an dem Diktat der Einschaltquote zu unterwerfen. Man könnte, wenn man wollte.

Offenbar will man nicht. Mittlerweile läuft Forsthaus Falkenau in der 23. Staffel, es gibt mehr als 300 Episoden. Ich bin nicht Masochist genug, mir das alles anzutun. Aber einige Folgen habe ich im Fernsehen gesehen, ich habe per DVD weitere Stichproben gemacht, und ich will versuchen, am Beispiel von drei Episoden zu verdeutlichen, was mich stört. Es handelt sich um die letzten drei Folgen der dritten Staffel. Wer sie sich anschauen möchte, findet sie auf einer der vom ZDF vertriebenen DVDs: Staffel 3, Disk 4, Folgen Nr. 36. Angst um Rica, 37. Die Traumreise und 38. Bauernaufstand. Ursprünglich waren das die Episoden 38 bis 40. Es scheint, als habe man das eine oder andere zusammengeschnitten. Gekürzt wurde auch (und das ziemlich dilettantisch), weil die in den ersten Jahren noch längeren Folgen bei einer Wiederholung (inklusive Werbepause) nicht mehr ins Sendeschema passten. Die gekürzten Versionen wurden auf die DVDs gepresst. Einige Käufer (siehe die Kommentare bei amazon.de), die sich an nun verschwundene Dinge erinnern können, hat das zurecht erzürnt, was ihnen aber beim ZDF nichts nützt. Nicht nur die Privatsender verachten insgeheim ihr Publikum. Anders kann ich mir so etwas nicht erklären.

Forsthaus Falkenau

Zuerst dachte ich, dass Rica des Försters Hund ist. Das war falsch. Rica ist die Tochter von Martin Rombach (Christian Wolff). Man kann da schon mal durcheinander kommen, weil diverse Frauen im Forsthaus auf -ica oder -ika endende Namen haben. Die in Staffel 3 amtierende Gattin des Försters heißt Angelika (Rombach hat einen höheren Frauenverschleiß als Ben Cartwright in Bonanza) und die Hündin Aika. Oops. Jetzt habe ich die Frau, die Tochter und den Jagdhund des Försters in einen Topf geworfen. Ist das erlaubt? Scheinbar schon. Forsthaus Falkenau macht es auch.

Die Serie, die mir Übelkeit bereitet, finden andere wunderbar. Auch sie sollen zu Wort kommen. Hier ein Eintrag auf der Website soapspoiler.de zum 20-jährigen Jubiläum:

2009 ist ein ganz besonderes Jahr! Vor 20 Jahren ist die Berliner Mauer gefallen und das "Forsthaus Falkenau" startete mit seiner ersten Folge. Auf den ersten Blick hat das nicht viel miteinander zu tun. Aber so wie der Fall der Mauer das Zusammenkommen der Menschen im geteilten Deutschland wieder ermöglichte, so wurde durch das "Forsthaus Falkenau" die gesamte Familie, jung und alt, vor dem Fernseher vereint. […] Das "Forsthaus Falkenau" lebt von den emotionalen Geschichten um den Förster, seine Familie und den Freunden und Nachbarn im imaginären Ort Küblach. Aber diese Serie lebt auch von der einzigartigen Natur des Bayerischen Waldes, mit seinen Pflanzen und Tieren, die es in diesem Umfang in keinem anderen Format gibt. Dadurch bietet das "Forsthaus" ein Programm für die ganze Familie. Die Zuschauer können viel über Tiere, Pflanzen und die Arbeit eines Försters lernen. Oder man kann sich auch "einfach nur" von den emotionalen Geschichten anrühren und unterhalten lassen. Denn im "Forsthaus" ist für jeden etwas dabei!

Hurra! Da wären wir dann also in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Ich muss hinzufügen, dass sich manche Fans dort nicht mehr ganz so heimisch fühlen wie früher, seit Christian Wolff durch Hardy Krüger junior abgelöst wurde. Stefan Leitner, der neue Förster, war Ranger in Kanada und kennt richtige Indianer. Seine Eltern sind irgendwann ausgewandert. Nach Förster Rombachs Abschied kehren Förster Leitner und sein Vater nach Küblach zurück. Das ist das Update zum Heimatfilm der 1950er. In Grün ist die Heide werden der Herrenjäger Lüder Lüdersen und seine Tochter aus Ostpreußen vertrieben und in der Heide-Heimat integriert. Wenn man das heute wiederholen wollte, müsste man die Nachkommen von Russland-Deutschen nehmen. Die würden entweder gar kein Deutsch sprechen oder mit so einem Ost-Akzent, der dem Publikum von Forsthaus Falkenau nicht zuzumuten wäre.

Wenn es denn sein muss, würde ich Grün ist die Heide nehmen. Hans Stüwe ist als Lüder Lüdersen so hölzern, wie er nun mal war. Martin Lüttge dagegen ist ein erstklassiger Schauspieler und muss als Vater von Förster Leitner den Hanswurst machen, weil er sonst Hardy Krüger junior an die Wand spielen würde. Wäre er doch nie nach Kanada ausgewandert oder wenigstens dort geblieben. Ganz andere Einwände hat M. Gernoth. Nach dem Erscheinen der ersten Staffel auf DVD ärgerte sich Herr oder Frau Gernoth in der Abteilung für Kundenrezensionen bei amazon.de über einige der Neuerungen:

Zum wiederholten Male schaue ich mir nun die erste Staffel von Forsthaus Falkenau an, nachdem sie endlich auf DVD erhältlich ist. Jeder noch so alberne Schrott wird heutzutage auf DVD gepresst und mit völlig unnötigem Bonusmaterial versehen, doch das, was offensichtlich nicht nur mich jeden Freitagabend vor den Fernseher bewegte, scheint dafür nicht gut genug zu sein, sodass die zweite Staffel auf sich warten lässt. Als Alternative zum ständigen Wiederanschauen der ersten Staffel bietet das ZDF nun freitags "die neuen Folgen" mit einer eindeutig amerikanisch geprägten Schauspielerin als Tochter des neuen Försters. Doch wo ist das Forsthaus? Ist es, ebenso wie die drei der anfänglich fünf Waldarbeiter, der Reform zum Opfer gefallen? Was ist mit dem Schloss Bernried? Viele Szenen aus der originalen Serie mit bayrischem Gemüt fehlen gänzlich in diesem neuen "Abklatsch".

Amerikaner in der deutschen Heimat mit bayrischem Gemüt? Igitt. Trotzdem muss ich das ZDF gegen die Vorwürfe von Herrn oder Frau Gernoth in Schutz nehmen. Dieser durch Gebühren finanzierte Sender hat dafür gesorgt, dass inzwischen 16 Staffeln von Forsthaus Falkenau auf DVD greifbar sind, während fast alles von dem, was einst produziert wurde, als man in Mainz noch wusste, wie das mit dem Bildungsauftrag des Fernsehens gemeint gewesen war, längst entsorgt ist oder im Archiv verrottet. Auch die Kontinuität, die uns nun schon viele Jahrzehnte lang begleitet, vom Volksfilm der NS-Zeit bis heute, blieb durchaus gewahrt. Das ZDF hat zwar den Förster und sein Forsthaus ausgetauscht, aber eigentlich nur die Fassade aufpoliert, statt die Architektur zu ändern. Schauen Sie nochmal hin, Herr oder Frau Gernoth. Dann werden sie bemerken, dass alles beim Alten geblieben ist, auch wenn es jünger wirken soll. Es ist nur manchmal spiegelverkehrt, damit es nicht zu deutlich wird.

Witwer mit Kind sucht eine Frau

Hier nur ein Beispiel: Zur Heimat im Heimatfilm gehört der Witwer. In Grün ist die Heide (Version von 1951) ist das Lüder Lüdersen, vormals Rittergutsbesitzer in Ostpreußen und jetzt Wilderer. Auch Martin Rombach ist in Episode Eins von Forsthaus Falkenau, da noch als Holzeinkäufer in Augsburg lebend, verwitwet. Stefan Leitner verliert seine erste Gattin durch einen Bootsunfall in Kanada, dann geht er mit seiner Tochter Jenny (amerikanisch geprägt, aber mit deutschem Blut) nach Küblach und folgt Rombach als Förster nach. Warum müssen das immer Witwer sein? Ganz einfach: Weil man vom Leben geschlagene Wunden braucht, wenn man zeigen will, dass die Heimat diese heilt. Das gelingt nicht in Kanada und nicht einmal in Augsburg. Ein Dorf muss es sein. Ein Forsthaus ist noch besser, weil man da näher am deutschen Wald ist.

Der Witwer hat mindestens eine Tochter (Rombach hat anfangs zwei, und einen Sohn). Was fehlt da noch? Die Mutti. Für die Frauen an des Försters Seite ist das schlecht. Sie dürfen zwar einen Beruf ausüben, werden aber primär über die Mutterrolle wahrgenommen. Der Förster könnte auch kinderlos und bisher unverheiratet sein, oder eine Försterin, aber nein: Ein Witwer mit Kindern muss es sein. So wird ein konservatives Gesellschaftsmodell propagiert. Innerhalb dieses ideologisch geprägten Erzählmusters kann man das Ideal von früher (Vater, Mutter und zwei Kinder) durch eine Patchworkfamilie ersetzen, oder man kann den Förster mit einem kanadischen Hut durch den deutschen Wald fahren lassen wie Stefan Leitner, und das ist dann scheinbar jung und modern. Es tut aber nur so.

Für die Heilung der Wunden in der deutschen Heimat braucht man geschultes Personal. Das hat Folgen für des Försters Frau. Stefan Leitner lernt in Küblach Sonja kennen, eine Ärztin. Da man dasselbe Muster nicht andauernd wiederholen kann, oder wenigstens nicht zu offensichtlich, verlässt Sonja ihren Stefan (in Staffel 20, glaube ich), bevor sie - nein, nicht aus dem Boot fällt und ertrinkt wie die vorherige Frau Leitner - vom Auto überfahren wird und stirbt. Schon wieder Witwer, der arme Stefan. Sonjas Nachfolgerin, Marie, ist Tierärztin. Sie sollte sich vor Pferden hüten. Angelika, eine der Gattinnen von Förster Rombach, kommt bei einem Reitunfall ums Leben und ist auch Tierärztin. Angelika wird durch Susanna abgelöst, von Beruf Apothekerin. Susanna sattelt auf Gesundheitspädagogin um. Bei so vielen heilkundigen Frauen musste auch mal eine der Gefährtinnen des Försters (er ist der Heiler des Waldes und der wilden Tiere) überleben. Susanna geht darum nach Berlin, um Forscherin zu werden. Der offizielle Fanclub der Serie schreibt dazu auf seiner Website:

"Die Kräuterhexe" am Rande des Waldes fühlte sich in der Rolle als Ärztin und Mutter nicht genügend gefordert. Soll das schon alles gewesen sein? Wo sind die Vorstellungen geblieben, von denen sie als junge Studentin nächtelang geträumt hatte?

Eben. Auf nach Berlin und Serumsforscherin werden wie Luis Trenker in Germanin (1942/43) und Dieter Borsche in Dr. Holl (1950/51). Das ist die wahre Emanzipation. Dazu noch eine Stelle aus der Staffelbeschreibung des Fanclubs, ganz im Geiste dieser Serie verfasst. Des Försters Hund heißt inzwischen nicht mehr Aika (fast hätte ich wieder Rica geschrieben), sondern Senta:

Von einem anderen weiblichen Wesen musste sich Martin ebenso verabschieden. Senta wird von einem Kunsträuber im Wald angeschossen und erliegt kurz darauf ihren Verletzungen. Florian verstand die Entscheidung seiner Mutter nicht. Kurzerhand kehrte er Passau und dem Internat den Rücken. Florian glaubte, dass sein Vater jetzt jegliche Unterstützung brauchte.

Nur für alle Fälle: die Mutter von Florian ist Susanna, nicht Senta, oder eigentlich Angelika, die ihn geboren hat, ehe sie vom Pferd fiel. Martin tröstet sich mit Sophie von Haunstein. Sie ist wieder Tierärztin. Das trifft sich gut, weil Martin der Abschied von der Serie versüßt wird, indem er ein Naturreservat in Südafrika erbt. Da kann sie ihm zur Hand gehen, wenn die Tiere krank sind. Wäre sie eine Menschenärztin, könnte sie die Schwarzen heilen. Die Grenzen sind da fließend. Sophie von Haunstein ist die Vorreiterin diverser TV-Großschauspielerinnen, die nach ihr gen Afrika reisten, um den Negern ein Hospital zu bauen, die Tiere vor Geschäftemachern zu retten oder die Landschaft vor der Zerstörung durch selbige zu bewahren. Bei dieser Gelegenheit ein ausdrückliches Lob an Senta Berger, die nicht nur bestimmt kein Hund ist, sondern bisher auch der Versuchung widerstanden hat, bei diesen Wiederbelebungsversuchen an der alten Kolonialromantik mitzumachen.

Wie das ist, wenn ein deutscher Förster den Schwarzen und den Tieren Afrikas begegnet, wer im Forsthaus alles Milch gibt und was da auf den Grill kommt, erfährt der werte Leser Teil 2: Irgendwie anders und selig eingeschlafen: Im Land von Russenspieß und Jagertee

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