Indien: Die grüne Lüge

Seite 2: Die Mittelklasse Delhis, die mehr Müll produziert als der Durchschnitt

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Der Anwalt Sandeep Kumar verfolgt den Fall seit einiger Zeit: "Da sind Bürger der Mittelklasse Delhis, die mehr Müll produzieren als der Durchschnitts-Inder. Wenn der Müll jedoch vor ihrer Haustür verbrannt werden soll, regen sie sich auf. Was sollen wir den mit unserem ganzen Müll machen?"

Auch darauf hat Gopal Krishna eine Antwort:

Nur weil der Müll verbrannt wird, verschwindet er doch nicht. Ein Teil wird nur kleiner und fällt woanders wieder nieder. Ein anderer Teil muss sogar als Giftmüll teuer Zwischengelagert werden. Organischer Müll kann kompostiert werden. Was den unorganischen Müll angeht, wie Plastik, den sollen die Firmen zurücknehmen, die ihn produzieren und verkaufen.

Gopal Krishna

Was den heutigen Tag angeht, ist er trotz des Erfolges nicht so optimistisch.

Die Anwohner kämpfen weiterhin nicht für eine komplette Stilllegung, sondern dafür, dass die Anlage an einem anderen Ort gebaut wird. Dazu treibt die indische Regierung den Bau von weiteren 100 solcher gesundheitsgefährdenden Mühlverbrennungsanlagen im ganzen Land voran.

Gopal Krishna

Damit setzt die Regierung Modi ihre Politik der grünen Augenwischerei fort. Was das Gesamtpaket ihrer Energiepolitik betrifft, straft sie der ihr nahe stehende Think Tank NITI Aayog Lügen: In einer Studie wird aufgezeigt, dass im Jahr 2044 der Anteil der erneuerbaren Energien bei mageren 10 -15 Prozent liegen wird, der aus Kohle bei 42 - 48 Prozent.

Zwar würde das einem Rückgang der Energiegewinnung aus Kohle im Ganzen um knapp 15 Prozent entsprechen, aber da Indiens Energieverbrauch steigt, wird auch der Verbrauch der Kohle bis zum Jahr 2037 zunehmen und sich damit nahezu verdoppeln.

Was Modis Flagschiff für ein grünes Indien angeht, Swachh Bharat Mission (SBM), so ist das Budget dafür von 3,1 Milliarden US-Dollar im Haushaltsjahr 2017-18 auf 2 Milliarden für 2019-20 heruntergefahren worden.

Anfang März treffe ich nochmal Gopal Krishna und frage, ob es etwas Neues im Fall der Verbrennungsanlage in Okhla gibt, worauf er antwortet:

Nationale und auch internationale Medien wie Bloomberg haben mich mittlerweile um Stellungnahmen gebeten. Es geht jedoch nicht nur um Okhla. Der komplette Emissionshandel ist ein großer Schwindel. Die Europäer wussten es von Anfang an und waren dagegen. Doch die USA wollten ihn, weil die Wirtschaft schon mit dem Handel von Schwefelemissionen Geld verdient hat. Die Idee des Emissionshandels entstand in den 1980er Jahren.Wenn die Politik nicht endlich die Oberhand über die Wirtschaft gewinnt, werden diese grünen Lügen weitergehen - und damit die Zerstörung des Planeten.

Gopal Krishna

Ein Blick auf die Treibhausemissionen pro Kopf zeigt, dass es natürlich zu einfach ist, nur Indien zu tadeln. Mit einem Ausstoß von 1,73 Tonnen CO2 pro Einwohner liegt Indien immer noch weit unter dem weltweiten Durchschnitt von 4,2 Tonnen. In Deutschland sind es laut Aussage der Weltbank 8,89 Tonnen CO2 Ausstoß und in den USA 16,49 Tonnen.

Auch das Prinzip, wie Länder des Westens ihre Umwelt sauber bekommen haben, ähnelt dem Verhalten der Bewohner der Wohnsiedlung Sukhdev Vihar in Delhi: Die Produktion von vielen Gütern, die die Umwelt verschmutzen, weil kaum einer auf Billigwaren verzichten möchte, ist einfach ausgelagert worden - auch nach Indien: aus den Augen aus dem Sinn.