Internet oder Buch?

Zehn Prozent der britischen Kinder benutzen nur noch das Internet und keine Bücher mehr, um nach Informationen zu suchen

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Nicht Fernsehen oder das Internet halten die Briten vom Lesen ab, sondern vornehmlich die fehlende Zeit. Allerdings benutzen bereits fast 10 Prozent der Kinder nicht mehr Bücher, sondern vornehmlich das Internet, wenn sie nach Informationen suchen.

Eine Befragung des Leseverhaltens von Erwachsenen und Jugendlichen in Großbritannien, die von der Reading Partnership des Arts Council mit Geldern der Library and Information Commission durchgeführt wurde, will herausgebracht haben, dass 70 Prozent mindestens einmal in der Woche ein Buch lesen. Im Vordergrund steht dabei Literatur. Allerdings sind solche Befragungen stets mit Vorsicht zu genießen, weil es sich ja gehört, Bücher zu lesen. Zwei Drittel der Erwachsenen gaben so an, sie würden in Büchern nach Informationen suchen. Die Hälfte immerhin räumte ein, dass sie Bücher lesen, um sich zu entspannen, 27 Prozent sogar, um zu "flüchten.".

Zudem wird auch nicht gefragt, welche Bücher gelesen werden, es scheint so zu sein, dass eine mit bestimmten Objekten verbundene Kulturtechnik wie in einem Reservat vor dem Verschwinden bewahrt werden soll, schließlich liest man ja online, wenn man nach Informationen sucht, in aller Regel auch, nur halt nicht in einem auf Papier gedruckten Buch. Wenn also 10 Prozent der Kinder vornehmlich das Internet benutzen, um nach Informationen zu suchen und dabei nicht mehr auf Bücher zurückgreifen, dann muss einen das zunächst keineswegs mit Sorge erfüllen, wenn es um die Kulturtechnik Lesen gehen. Das machen sie dabei auch weiterhin, vielleicht mehr, als wenn sie diese Möglichkeit nicht hätten, wobei das Internet ja auch ganz schlicht die größeren Chancen bietet, schnell etwas Bestimmtes zu finden, da man in seiner Hausbibliothek wohl in aller Regel nicht so gut ausgerüstet ist und ein Gang zur nächsten Bibliothek auch nicht immer gleich verlockt.

Gleichwohl meint Liz Attenborough, Beraterin für das National Year of Reading, Bedenkenträgerin spielen zu müssen: "Ich bin nicht ungerechtfertigt über die Zahl der Kinder besorgt, die sich ausschließlich auf das Internet verlassen. Man muss eine ziemlich hohe Lesekompetenz besitzen, um sich hier zurecht zu finden. Die Informationen können sehr ungenau sein. Aber das Internet kann auch für diejenigen, die an Computerspiele gewöhnt sind, modischer, zeitgemäßer und ansprechender sein."

Obgleich immer mehr auch in der Gutenberg-Galaxis als seriös anerkannte Informationsquellen ins Netz gestellt werden, hält sich offenbar das Vorurteil aufrecht, dass es im Internet mehr Schund und Unzuverlässiges gibt wie in der Welt der Bücher. Wahrscheinlich denkt man sich, Bücher werden ja redigiert, während jeder im Internet einfach veröffentlichen kann, weswegen Bücher einfach besser sein müssen. Aber natürlich steigt die Qualität von Informationen nicht allein schon deshalb, weil sie in Büchern stehen. Man muss sich nur einmal umschauen, was es so alles auf dem Buchmarkt gibt, um nicht gleich immer diesen seltsamen Schluss zu machen, dass Bücher gut sind und andere Medien bedenklich. Bei der Verbreitung solcher Vorurteile scheint es nicht um die Qualität der gelesenen Informationen und auch nicht eigentlich um das Lesen zu gehen, sondern eher um die Verteidigung einer bestimmten Ware und eines traditionellen Marktes.

Die Befragung jedenfalls kam zu dem für die Buchanhänger zufrieden stellenden Ergebnis, dass nur zwei Prozent der Kinder angeben - oder so ehrlich sind zu sagen -, dass sie weniger als früher aufgrund der Benutzung von Computern, CD.-ROMs oder dem Internet lesen. Ansonsten ist Bücherlesen weiterhin die Freizeittätigkeit Nummer 1 der Briten. 80 Prozent der Erwachsenen gaben immerhin an, dass sie wöchentlich fünfeinhalb Stunden zu ihrem Vergnügen Bücher lesen.

Interessant ist an der Befragung eigentlich etwas anderes. Bis zum Alter von fünf Jahren haben 15 Prozent der Kinder bereits damit angefangen, Informationen im Internet oder auf CD-ROMs zu suchen. Im Alter von 15 Jahren benutzen 58 Prozent der Jugendlichen diese Informationsquellen, geringfügig weniger als diejenigen, die dafür Bücher benutzen, doch später geht diese Verwendung des Internet oder von CD-ROMs zur Informationsbeschaffung wieder stark zurück, während dazu eher Bücher genommen werden.