Internetspiele

Phantomatik, Künstliche Intelligenz und das Prinzip zunehmender Komplexität

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Spiele im Internet sind seit ziemlich langer Zeit in Mode. Sie lassen sich im Grunde darauf zurückführen, dass man eines von vielen bereits existierenden prototypischen Rahmenschemata auswählt. Einer oder mehrere Spieler (jedoch nicht allzu viele) können sich die in der Geschichte, die sich auf den Bildschirmen der einzelnen Monitore abspielt, auftretenden "Charaktere" auswählen oder ausdenken. Das Netz selbst ist einfach ein Verbindungssystem aller Spieler miteinander; darüber hinaus können im Spiel auch "Geschöpfe" teilnehmen, hinter denen kein menschlicher Spieler steht, der sein "Alter Ego" im Netz bewegt, da das auch ausschließlich im Netz aktive Subprogramme, die etwas oder jemanden simulieren, sein können.

Internet- und Computerspiele dieser Art finden grundsätzlich in der Maschinensprache statt, die ausgewählt wurde, um die sich ergebenden Situationen und Strukturen zu vereinheitlichen. Offen gesagt, stehen für die Spiele - entsprechend ihren Geschichten - natürlich Schemata zur Verfügung, die aus der phantastischen Literatur, also aus dem Science-Fiction-Bereich oder sogar einfach aus Märchen, stammen. Die psychosoziologische Analyse zeigt, dass eine der Dominanten, die diesen Spielen zugrunde liegen, die eskapistische Haltung gegenüber der gewöhnlichen Wirklichkeit ist (oder mindestens zu sein scheint). Der Spieler kann sich mit der jeweiligen Gestalt sehr stark identifizieren. Da es jedoch viele Spieler gibt und sich jeder in den Grenzen einer bestimmten Spielpartie verhält, wie er dies will, kann er anderen Spielern nicht nur einen Schabernack spielen, sondern auch beträchtliche Unannehmlichkeiten bereiten, für die es unmöglich ist, Verantwortung zu tragen (im Sinne der Verantwortung für die "Verletzung der persönlichen Sphäre"), weil es ja nicht "wirklich" passiert. Es ist einfach wie ein höheres Derivat der Kinderspiele - dank der technologischen Erhebung -, in dem man beliebige Rollen übernimmt und sich diesen zumindest ein wenig unterzuordnen hat.

Der Bedarf nach eskapistischem Verhalten ist auch verschiedenen SF-Fans gut bekannt, die untereinander Briefe mit Bewertungen der gelesenen und sogar angebetenen Texte austauschen. Die Einzelwertungen der "Spieler", d.h. deren Computer- und Internetrepräsentanten, sind verschieden. Sie beginnen irgendwo "unten" und "steigern" sich im Laufe der Karriere, indem man mit Drachen kämpft (ich weiß nicht, woher diese Verbreitung des Verlangens nach Drachen kommt) oder Einhörnern, Hexen, Zauberern oder Vampiren begegnet, um schließlich auf einen "hohen" Level der Prinzessinnen oder Prinzen zu gelangen, mit denen man sich verheiraten kann. Über das alles wachen die "Magiere". Aus meiner Sicht, also aus der eines Profis der Phantasie, erscheint das alles zusammen unglaublich naiv und primitiv und offenbart letztendlich einen betrüblichen Mangel an wirklich lebhafter Imagination. Das Beschriebene ist jedoch nur ein Vorwort dessen, was in der Zukunft auf uns warten kann.

Spiele stellen Surrogate der halbwegs kondensierten, halbwegs konkretisierten Vorstellungen oder Träume dar. Selbstverständlich ist es klar, dass die Spieler mit einer hervorragender Intelligenz für sich nach höheren Zielen suchen, die über die typischen Ziele der existierenden Spiele hinaus gehen (außer eine Prinzessin zu erobern, kann es schließlich um die Unsterblichkeit gehen, die man erlangen kann, wenn man zur Quelle des "Lebenswassers" gekommen ist). Sie können Kriege führen oder Allianzen schließen - mit einem Wort, nicht mehr Märchen, sondern strategisch-politische Spiele imitieren. Das alles ereignet sich aber weiterhin in der Maschinensprache, obwohl man auf den Bildschirmen auch Darstellungen der Burgen, Labyrinthe, geheimnisvolle "Kraftschirme" usw. zeigen kann. Man kann aber in jedem Fall aus dem Spiel austreten, denn es kann keine Rede davon sein, dass ein Spieler, wenn er der gleiche, psychisch normale Mensch bleibt, der das Spiel angefangen hatte, es nicht jederzeit verlassen könnte. Dass nicht jeder eine solche Entscheidung zu treffen imstande ist, ist lediglich eine Eigenschaft oder ein Laster der menschlichen Natur, die auch den "traditionellen" Spielern gut bekannt ist: Im Allgemeinen versucht jeder im Spiel zu bleiben, in das er doch freiwillig eingetreten ist, egal ob das ein Würfel- oder Kartenspiel oder ein Pferderennen ist, weil es nicht so einfach ist, wie viele meinen, dass das einzige Motiv des Spielens die Hoffnung auf einen Gewinn in Gestalt vom Geld ist.

Das Internet-Alter-Ego des Spielers kann jedoch auch seine "Verkleidung" oder "Maske" sein. Ein Spieler im Internet muss sich bekanntlich den anderen Teilnehmern der Fabelgeschichte keineswegs als ein authentischer Mensch präsentieren. Ein Mädchen kann als Mann auftreten, aber ebenso auch als ein Wal oder Drache, der die menschliche Sprache oder deren "Computerübersetzung" beherrscht. Solche Nachahmungen und Verkleidungen oder auch die Aufteilung einer Person auf mehrere verschiedene Gestalten sind ohne weiteres möglich, mich hat jedoch etwas völlig anderes fasziniert, als ich vor Jahrzehnten über die "Phantomatik" schrieb.

Wenn man auf das existierende und zukünftige Feld der "Spiele" blickt, dann erkennt man, dass der Weg der weiteren Entdeckungen und Erfindungen der Menschheit immer mit dem Einfachsten begonnen hat, um dann zuerst langsam und schließlich immer schneller zu den Höhen permanent zunehmender Komplexität überzugehen. Überdies war und ist diese einfache Bewegung vom Einfachem zum Komplizierten kein Ergebnis eines individuellen oder kollektiven Entschlusses, sondern einfach ein Effekt der uns gegebenen Natur der Welt. Deswegen griffen die Urmenschen der Steinzeit zuerst nach Steinen, die als "Protowerkzeuge" geeignet waren, z.B. als Faustkeile, und es mussten Tausende von Jahren des Paläolithikums vergehen, bevor ihre Nachkommen auf das Niveau des Neolithikums geklettert sind und bis wir endlich die Höhe erobert haben, aus der man das umgebende Weltall nicht nur als Weltall betrachten, sondern es auch durch erste astronautische Abstecher erkunden kann. Das gleiche trifft ohne Ausnahme auf alle Errungenschaften des Menschen zu - vom Floß und der Galeere bis zu Panzerschiffen und atomaren U-Booten, von der Medizin als "magische Folklore" bis zur modernen Medizin und Gentechnik.

Die Komplexität stellt nie das Ziel unserer entdeckerischen oder erfinderischen Anstrengungen dar. Sie zu überwinden, ist der Preis, den wir bezahlen und für den "Fortschritt" bezahlen müssen, weil die Welt so aufgebaut und uns gegeben ist. Deswegen hat sich im Kommunikationsbereich herausgestellt, dass der Weg vom Rechenbrett bis zum "gedankenlosen" Computer und den immer schneller aufeinander folgenden Computergenerationen verhältnismäßig einfach ist - oder wenigstens einfacher als das Ziel, das den ersten "Kybernetikvätern" vorschwebte: die "künstliche Intelligenz", also ein wirklich vernunftbegabtes Alter Ego des Menschen, das in eine tote Maschine inkorporiert ist.

Die "Urkybernetiker" der fünfzigen Jahre des 20. Jahrhunderts waren sich aber nicht im klaren über eine ganz elementar einfache Sache: Wenn man eine Einpferdkutsche hat, ist die einfachste Lösung, um die Antriebskraft zu vergrößern, nicht der sofortige Umstieg auf ein Auto, sondern man spannt einfach ein zweites Pferd und dann ein nächstes Paar an. Etwas ähnliches ist mit Computern passiert. Es ist einfacher, die "gedankenlosen" Computer miteinander zu verbinden, auch wenn es Millionen sein sollten, statt in einem riesigen Super-Ultracomputer den Verstand zu entzünden. Aber um mit Erfolg die Sinne auch nur einen einzigen Menschen an die künstliche Welt so anzuschließen (ihn also, wie ich es nenne, zu "phantomatisieren"), dass er nicht mehr imstande sein würde, die durch den Computer erzeugte synthetische Wirklichkeit von der Wirklichkeit seines normalen Wachzustandes zu unterscheiden, ist Intelligenz erforderlich, weil dieser Mensch in der virtuellen Welt nicht nach King Kongs oder Drachen, sondern einfach nach anderen Menschen suchen wird. Man wird aber bislang keinem irgendwie nach dem Turing-Test vernunftbegabten und gleichzeitig durch den Computer kreierten Menschen treffen können. Es gibt einfach weder eine uns gleichkommende "Attrappe des Verstandes" im Computer noch eine solche, die eine Vielzahl verschiedener quasiintelligenter Wesen schaffen und die fiktive Wirklichkeit mit diesen zu bevölkern imstande wäre. Und da es immer so ist, dass man das verwendet, was es schon gibt, wird das Internet als ein vollkommenes Kommunikationsnetz der Computer, die sehr unvollkommen zur selbständigen sinnvollen Aktivität fähig sind, sowohl in die kommerziellen und industriellen Zwecke, als auch für Spiele, die Menschen mit Menschen gern führen, eingespannt.

Irren sich alle diejenigen fatal, die aus der Lektüre meines Bandes "Das Geheimnis des chinesischen Zimmers" (erschienen bei "Universitas", Krakau 1996) den Schluss gezogen haben, dass nach meiner Meinung eine "künstliche Intelligenz" nie entstehen wird? Ich habe dort lediglich Gründe dargestellt, für die eine solche Synthese gegenwärtig und in nächster Zeit nicht möglich ist. Dagegen habe ich über die Zukunft der "vernunftbegabten Intelligenz" mehrmals geschrieben, und nicht jeder, der meinen "Golem XIV" gelesen hatte, war deshalb auch der Meinung, dass ich die Sache für das pure Produkt einer nicht in die Wirklichkeit umsetzbaren Phantasie halte. Ich stütze mich ungern auf Zitate von Autoritäten, aber es soll mir ausnahmsweise gestatten werden, zu bemerken, dass Manfred Eigen in einem Spiegel-Interview - im Zusammenhang mit angeblichen Spuren des Lebens auf einem Marsmeteoriten - sagte, man dürfe in der Wissenschaft nie über eine unüberwindbare Unmöglichkeit sprechen. Es ist klar, dass ich, wenn ich vor einhundert Jahren eine Unmöglichkeit von Raumflügen in der Zeit verkündet hätte, als die Luftflüge noch in den Ansätzen waren, damit nichts über den Ausgang des 20. Jahrhunderts sagen wollte. Die individuellen psychischen sowie die gesellschaftlichen Gefahren, die sich aus der Verbreitung der phantomatischen Techniken ergeben könnten, hatte ich im Buch "Summa Technologiae" lediglich angeschnitten. Ich wollte vor allem nicht, auf eigene Faust zu weit in die Zukunft ausschweifen, in der sich durch Programme (Software) einzeln konstituierte Welten der Individuen verbinden können und dadurch ein fiktiver, durch seinen Illusionismus aber riesiger Raum entsteht. In diesem werden dann solche Scheusale, Harems, Ungeheuer, Orgien und Satanismen zu finden sein, die den Menschen, die sich vollständig vom Gesellschaftsdruck der Tradition, des Glaubens, der Familienbindungen und der Sittlichkeit losgesagt haben, besonders gut gefallen. Wenn ich eine derartige Thematik überhaupt berührt hatte, dann absichtlich in unschuldigen Verkleidungen (wie, sagen wir im "Märchen über die drei Maschinen des Königs Genialon" im Band "Kyberiade").

Ich wollte mich mit den künftigen unmoralischen Verworfenheiten des menschlichen Geschlechts umso weniger auseinander setzen, da es jetzt bereits eine Übermasse an Verworfenheit gibt, und deren Vervielfältigung in den Bereichen der Literatur, die "schön" genannt wird, hielt ich einfach für unappetitlich und ekelhaft. Ich sage also, um zur Sache zurückzukehren, dass Internetspiele vorläufig in der Phase der Unschuld sind, trotz der uns bereits bekannten Nachrichten von verschiedenen drastischen Unannehmlichkeiten, die die Spieler beider Geschlechter in diesen Spielen erfahren können. Generell ist dies unschuldig, ein wenig aber doch schädlich. Man sollte vielleicht an dieser Stelle noch "aufklärerisch" hinzufügen, dass dann, wenn es möglich sein wird, in den Staaten der phantomatischen Illusion den maschinellen Verstand, z.B. irgendeinen "Golem", zu einem Obervorsteher und Dirigenten der Schicksale zu machen, damit schon durch diesen "Creator aus der Maschine" (Deus ex machina) eine gleichzeitige Erzeugung völlig beliebiger Wesen und Geschöpfe möglich sein wird, die keine Entsprechungen in der realen Welt haben. Dadurch wird kein Mensch, dank dem Anschluss an einen Phantomat, mehr imstande sein, solche Geschöpfe, hinter denen ein anderer Mensch lauert, von solchen zu unterscheiden, die aufgrund der schöpferischen Aktivität der Maschine selbst erscheinen. Dies beginnt (nicht wahr?) ein wenig nach dem höllischen Schwefel zu riechen, da wir von Spielern als Menschen mindestens etwas wie irgendeine Affinität oder Mäßigung erwarten können, aber - um Gottes Willen! - nicht von einer Maschine ...

Soweit sind wir, Gott sei Dank, noch nicht. Ich führe sicherlich nur eine von vielen Ursachen dafür an, warum die Investitionen in das Internet und ähnliche Netze unvergleichbar größer und allgemeiner sind als in die Arbeiten zur Erschaffung der künstlichen Intelligenz. Die Motivation hinter den unterschiedlichen Investitionen ist trivial offensichtlich: das Kapital hat sich - und zwar zurecht - von den Netzen viel versprochen und verspricht es sich weiterhin. Der synthetische Verstand stellt dagegen ein Geschenk dar, das weder besonders erwartet, noch leidenschaftlich erbeten wird. Wie ein Philosoph sagt, "stammt der diskursive Verstand vom Teufel". Ich weiß nicht, ob das Kapital, vor allem das große, aus der Künstlichen Intelligenz irgendeinen Nutzen ziehen könnte, der selbstverständlich in Gewinn umsetzbar sein müsste. Die Motivation für den Bau eines Supercomputers war in der Erzählung "Golem XIV" ein globaler Ost-West-Konflikt im Stil des Kalten Krieges.

Golem sollte angeblich deswegen entstehen, damit die Vereinigten Staaten über einen "Superstrategen" verfügen. Mit dem Fall Sowjetrusslands ist diese Motivation erloschen und gegenwärtige Mittel, die für die Artificial Intelligence bestimmt sind, haben sich wieder als sehr bescheiden erwiesen, weil sich tatsächlich keiner der Großen dieser Welt einen allzu intelligenten Verstand wünscht. Vor allem die Politiker werden sich insgeheim oder offen ständig fürchten, dass so ein Verstand ihre Wählerschaft in den demokratisch regierten Staaten "verführen" könnte, während er in nicht demokratischen Staaten vielleicht dank seiner Intelligenz Diktaturen zersprengen könnte oder religiöse Fundamentalismen zerbröckeln würde. So ein Verstand kann sich als ein so furchtbarer und perfider Atheist erweisen, dass er die Position des Gottes annehmen (oder eher übernehmen) wollen wird. Was ich in den letzten Sätzen gesagt habe, stellt selbstverständlich nur eine Annahme dar, für die ich meinen Hals nicht wagen würde. Zum Schluss dieser anfänglich ziemlich unschuldigen Bemerkungen über die Spiele im Internet möchte ich aber das Wahrnehmungsfeld unserer Wissenschaftstheorie noch durch ein generalisierendes Urteil erweitern.

Die Erkenntnis- und Erfindungsbeschleunigung, die die Geschichte der Menschheit im Verlauf der letzten 18-20.000 Jahre begleitet, stellt eine unumstrittene Tatsache dar. Wir wurden jedoch in der Grundschule und in weiterführenden Schulen eigentlich über den Ablauf der Geschichte nach einer ganz anderen Ordnung unterrichtet. Es genügt, in einem beliebigen Handbuch der Weltgeschichte nachzuschauen, um sich davon zu überzeugen. Marx sprach zwar über die Bedeutung des Klassenkampfs, der durch die Änderung der Produktionsmittel bewirkt wird, aber schnell ist er in seine Utopie abgerutscht, die sich als sehr mörderisch erwiesen hatte. Eine weitere Tatsache ist, dass alles im Lauf der Geschichte als (instrumentales) Erfindungs- oder Entdeckungserzeugnis immer komplizierter und schneller sein wird. Ich vermute, dass diese "Kompliziertheit", die sich selbst antreibt - freilich nicht ohne zusätzliche Verstärkung durch die wachsende Zahl der Menschen, also auch der Wissenschaftler -, ein wesentliches Motiv der vereinheitlichenden Tendenzen vor allem in der Physik in Gestalt der Hoffnung auf eine "GUT" - Grand Unified THEORY - darstellt. Wir haben nämlich in der Wissenschaft bereits mehr als genug von fachlichen Verzweigungen und Abzweigungen.

Die romantische Losung: "Du sollst deine Kräfte nach den Zielen ausrichten, und nicht die Ziele nach den Kräften" garantiert keine universelle Wirksamkeit. Momentan sieht man nirgendwo deutliche Zeichen für eine Integration der Erkenntnisse der einzelnen Wissenschaften. Das Einzige, was man beobachten kann, ist eine Flucht aus den Wissenschaften, sogar dort, wo man sie fleißig lehrt und wo sie studiert werden. Tatsächlich kann man die eskapistischen Tendenzen aus der heutigen Welt allzu leicht verstehen. Was auch immer in den Internetspielen passiert, wird in der Regel nicht mit überraschenden Explosionen terroristischer Bomben zerfetzt. Ich weiß nicht, ob es Spiele gibt, die auf dem "Katastrophenprinzip" basieren, aber wenn es Spiele gibt, die auf verschiedenen orgiastischen "Leistungen" basieren, dann ist der Weg zu ersteren auch nicht mehr weit.

Die Abneigung gegenüber den Internetspielen scheint in diesem Essay sehr deutlich zu sein, so dass ich sie, wenn ein solcher Bedarf bestehen würde, genauer artikulieren müsste. Ich würde vor allem sagen, dass das reale Leben genügend viele Erscheinungen und Ereignisse bietet, so dass es sich nicht lohnt, in ein märchenhaftes "Nirgendwo", zu flüchten. Zweitens ist keine Art der Flucht tugendhaft, und in der Regel enden sie durch Aufwachen in einer unsympathischen Wirklichkeit. Und letztendlich habe ich wahrscheinlich deswegen eine Abneigung, weil ich mich auch ohne Hilfe von Internetspielen und Computern in so viele verschiedene Welten "eindenken" konnte, wie es mir erforderlich zu sein schien. Das Schreiben von Werken, die literarische Fiktion beinhalten, beruht ja darauf. Die Internetspiele sind lediglich ihre Schatten.

Man kann übrigens einen Ersatz für sie finden, indem man einfach träumt. Es gibt allerdings auf diesem Weg ein Hindernis: Wir können nicht das träumen, was wir träumen möchten, aber das ist wahrscheinlich die einzige Überlegenheit der Netzspiele. Träume aber, die vom Wachzustand nicht unterscheidbar und den phantomatischen Programmen unterstellt sind, wunderbare, bedrohliche, unheimliche Träume, Träume ohne Staffage von "Prinzessinnen und Rittern", also des aktuellen Billigzeugs, werden früher oder später auftreten, weil, wie ich schon mehrmals wiederholt habe, die Technologie eine unabhängige Variable unserer Zivilisation ist, deren in Schwung geratene Dynamik nichts außer einem globalen Untergang anhalten kann. Deren Bewegung ist von unseren Intentionen und Hoffnungen oder von unseren Anstrengungen im Grunde nicht abhängig. Diese Bewegung ist in der Natur der Welt selbst verwurzelt. Was wir hingegen aus den reifenden Früchten des Technologiebaumes am liebsten und am eifrigsten an Giften für uns selbst und für andere auspressen, stellt nicht mehr eine "Schuld" der Welt dar. Weder im Wachzustand, noch in Spielen werden die Menschen imstande sein, sich selbst freizusprechen.

Geschrieben im August 1996

Aus dem Polnischen von Ryszard Krolicki