Iran und das Atomabkommen: Zu wichtig, um es Trump zu überlassen

Seite 2: Keine Alternative zu einer deeskalierenden Politik

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Diese haben es nun leicht, wenn sie darauf verweisen, dass sie die USA nie für vertrauenswürdig hielten. Damit können sie auch Druck auf Rohani ausüben und seine zaghaften Versuche der Öffnung sabotieren. Jene Iraner, die sich in den letzten Jahren vom Regime abgewendet hatten, könnten sich ihm wieder zuwenden - einen ähnlichen Effekt gab es bereits im Zuge des Iran-Irak-Krieges.

Sollte das Abkommen scheitern, könnte das zu einem Wettrüsten führen. Sollte es zum Krieg zwischen Iran und Israel kommen, kann die Lage in der gesamten Region rasch so explosiv werden, dass der syrische Bürgerkrieg dagegen harmlos erscheinen würde.

Die Folgen wären nicht abzusehen, würde Iran nun als eines der ganz wenigen stabilen Länder der Region aus dem Gleichgewicht gebracht - und die Ambitionen der iranischen Opposition und Demonstranten wären von heute auf morgen zerschlagen.

Es gibt also unterm Strich keine Alternative zu einer deeskalierenden Politik. Und da auf die USA kein Verlass mehr ist, ist es die Aufgabe der EU, sich als besonnener und verlässlicher Akteur auf dem globalen Parkett zu beweisen. Darin könnte tatsächlich sogar eine Chance liegen.

Das erste Signal aus Iran nach Trumps außenpolitischem Amoklauf lautete: Wir wollen am Abkommen festhalten, wir werden uns ganz bald mit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China an einen Tisch setzen und sehen, wie sich die Situation klären lässt. Und auch die drei europäischen Vertragspartner ließen verlauten, wie bedeutsam der Vertrag ist und dass man in jedem Fall an ihm festhalten will.

Wenn es nicht mit den USA geht, muss es eben ohne sie gehen

Das ist erstmal eine klare und eine starke Message: Wenn es nicht mit den USA geht, muss es eben ohne sie gehen. Das Atomabkommen ist auf zahlreichen Ebenen schlicht zu wichtig, um es einem erratischen Charakter wie Donald Trump zu überlassen. Und so hat die Ansage aus Washington auch gezeigt, dass es für Deutschland, Frankreich, die EU an der Zeit ist, sich vom transatlantischen Bündnis zu emanzipieren.

Das Konzept "Westen" ist brüchig geworden - und vielleicht ist das gut so. Es hatte zuletzt ohnehin unter seinen eigenen Lebenslügen allzu schwer zu tragen. Wenn es Europa nun gelingt, mit Augenmaß und ruhiger Hand Politik zu machen, in Abstimmung mit den bei Trump ebenfalls verhassten Vereinten Nationen, mit Blick auf bestehende Verträge und mit Blick auf die Zukunft - dann, und nur dann könnte man Donald Trump sogar dankbar sein.