Israelische Drusen greifen Krankentransporte mit mutmaßlichen Dschihadisten aus Syrien an
Ein toter Syrer, ein verletzter Druse, zwei verletzte israelische Soldaten
Die Drusen sind eine ethnoreligiöse Gemeinschaft, die vor allem in Syrien, im Libanon und in Israel lebt. Sie glauben nicht an eine Endgültigkeit der Regeln im Koran, aber an Seelenwanderung und Wiedergeburt. Dafür werden sie von Salafisten verfolgt. Eine kleine drusische Minderheit, deren Dörfer in der Provinz Idlib unter die Herrschaft der al-Nusra-Front gerieten, konnte bislang nur überleben, weil sie sich formell den Islamvorstellungen der Dschihadisten unterwarf. Am 10. Juni kam es trotzdem zu einem Massaker im Dorf Qalb Loza.
In Idlib leben nur wenige der syrischen Drusen. Die meisten sind in der Provinz as-Suwaida zuhause. Die wird inzwischen vom Nordosten her von der salafistischen Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) und vom Südwesten her von der mit dem IS konkurrierenden salafistischen Terrorgruppe al-Nusra-Front bedroht. Seit dem 13. Juni demonstrieren deshalb israelische Drusen, die befürchten, dass ihren Glaubensgenossen dort massenhafte Enthauptung oder Vertreibung bevorsteht.
Das Portal Walla! berichtete daraufhin unter Berufung auf israelische Sicherheitskreise von Überlegungen zur Einrichtung einer Schutzzone. Diese Überlegungen blieben - so sie denn tatsächlich ernsthaft angestellt werden - bislang ohne Folge. Noch mehr empört israelische Drusen, dass verletzte syrische Islamisten, die gegen die israelfeindliche Regierung in Damaskus kämpfen, weiter in israelischen Krankenhäusern behandelt werden und dass man nach ihrer Genesung nichts unternimmt, um zu verhindern, dass sie weiter für islamistische Organisationen kämpfen.
Das bewegte gestern zwei Gruppen von Drusen dazu, Krankenwagen, die syrische Rebellen transportierten, anzuhalten: Einen in Hurfeish in Galiläa und einen in Madschd al-Schams, im israelischen Teil des Golan. In Hurfeish verlangten die Drusen Zugang zum hinteren Teil des Krankenwagens. Sie wollten nach eigenen Angaben überprüfen, wer transportiert wird. Als der Fahrer des Wagens das nicht erlaubte und mit seinem Fahrzeug die Blockade durchbrach, verletzte er einen 54-jährigen Drusen.
Im Golan töteten Drusen einen von zwei Transportierten aus Syrien. Der Fahrer und der Beifahrer des Wagens - beide israelische Militärangehörige - kamen mit leichten Verletzungen davon. Beobachter halten es für bemerkenswert, dass sich nicht nur Golandrusen, sondern auch solche aus Galiläa an den Blockaden beteiligten: Während erstere häufig Sympathien für die syrische Regierung hegen, gelten letztere gelten als ausgesprochen gut integriert und besetzen wichtige Posten in der Verwaltung und beim Militär.
Darüber, wer die Transportieren waren, gibt es unterschiedliche Angaben: Während einige Medien israelische Sicherheitssprecher mit der Auskunft zitieren, man frage Verletzte nicht, für wen sie kämpfen, meinte der israelisch-drusische Staatssekretär Ayoob Kara, die Transportierten seien weder IS-Terroristen noch Angehörige der al-Nusra-Front gewesen - was nicht heißen muss, dass sie keine Dschihadisten waren: Nach über vier Jahren Bürgerkrieg sind faktisch nur noch drei syrische Rebellenblöcke übrig: der IS, die Kurden und ihre Verbündeten sowie die al-Nusra-Front und ihre Hilfstruppen mit unterschiedlichen Namen aber ähnlich dschihadistischer Ausrichtung. Säkulare Kräfte kämpfen entweder im Norden mit den Kurden (weshalb sie keinen Zugang zu israelischen Krankenhäusern haben) oder spielen militärisch keine Rolle mehr.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach nach dem Zwischenfall im Golan von einem "sehr ernsten Vorfall" und meinte, man werde nicht zulassen, dass jemand das Gesetz in die eigenen Hände nimmt und israelische Soldaten bei der Ausübung ihrer Pflicht behindert. Außerdem appellierte er an die religiösen und politischen Führer der Drusen, ihr Volk zu beruhigen. Scheich Moafaq Tarif, das geistige Oberhaupt der israelischen Drusen, verurteilte die Konfrontationen darauf hin als "die Art von Provokation, die sowohl unseren Interessen schadet, als auch denen unserer drusischen Brüder jenseits der Grenze".
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