Ist Fleisch das neue Gemüse?
- Ist Fleisch das neue Gemüse?
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Wie gesund darf Ernährung sein, ohne dass die Freude am Essen verloren geht? Wie wirkt sich eine fleischarme Ernährung auf Gesundheit und Klima aus?
Esst, was Ihr wollt und worauf ihr Lust habt, erklärte der Autor Uwe Knop sinngemäß in einem kürzlich veröffentlichten Telepolis-Artikel mit dem Titel Auswahl von Nahrungsmitteln schützt nicht vor Krebs. Keine Ernährung – auch nicht vegan – könne das Krebsrisiko senken.
Wer aber sagt, das vegetarisches oder veganes Essen ungesünder ist als Fleisch oder weniger gut schmeckt? Und ob ein Essen schmeckt, darüber entscheiden schließlich auch Rezepturen und individuelle Kochkünste.
Von Zeit zu Zeit gibt es Empfehlungen zum Verzehr von tierischen und anderen Lebensmitteln. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) zum Beispiel rät zum täglichen Konsum von Milch und Milchprodukten wie Joghurt und Käse, Fisch ein- bis zweimal pro Woche und 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche.
Regelmäßig warnen Wissenschaftler vor zu hohem Fleischkonsum - zum Beispiel in einer Langzeitstudie der Harvard School of Public Health in Boston, Massachusetts (USA), die vor zehn Jahren Aufsehen erregte.
Wer rotes Fleisch isst - egal ob roh, gebraten oder verarbeitet - nimmt ein hohes Risiko in Kauf, an Diabetes zu erkranken, warnen die Autoren. Demnach steigt das Risiko, an Diabetes vom Typ 2 zu erkranken, um ein Fünftel mit der täglichen Aufnahme von 100 Gramm rotem, unverarbeitetem Fleisch.
Eiweißreiche pflanzliche Kost hingegen – etwa Nüsse, Vollkornprodukte oder Milchprodukte mit geringem Fettgehalt – wurden als Diabetes senkend dargestellt. An der Untersuchung, die von 1980 von 2008 durchgeführt wurde, waren mehr als Hunderttausend Probanden beider Geschlechter beteiligt.
Vor dem Hintergrund, dass mindestens acht Millionen Menschen an Diabetes leiden, davon 95 Prozent an Typ-2, bekommt diese Information gleich eine andere Bedeutung. Als Risikopatienten gelten unter anderem Menschen mit Übergewicht, also rund zwei Drittel der Männer und mehr als die Hälfte der Frauen.
Bestätigt wurde die oben genannte Aussage von einer Studie der Internationalen Krebsforschungsagentur (International Agency for Research on Cancer, IARC) im Jahr 2015, die Wurst als krebserregend und rotes Fleisch – von Rind, Schwein und Lamm – als wahrscheinlich krebserregend einstufte.
Für diese Metastudie hatten Forscher mehr als 800 Einzelstudien ausgewertet.
Verzehr von verarbeitetem Fleisch erhöht das Darmkrebsrisiko
Verarbeitet ist das Fleisch dann, wenn Schinken, Wurst, Corned Beef, Dosen- und Trockenfleisch durch Salzen, Pökeln, Räuchern oder Fermentieren haltbar gemacht werden. Nach Angaben der Experten erhöht eine tägliche Portion verarbeitetes Fleisch von 50 Gramm das Krebsrisiko um 18 Prozent.
Das Risiko, im Laufe des Lebens an Darmkrebs zu erkranken, liegt nach Angaben des Robert Koch Instituts zwischen 5,6 Prozent für Frauen und 7,1 Prozent für Männer. Es erhöht sich bei täglichem Wurstkonsum von 50 Gramm für Frauen um ein Prozent, für Männer um 1,3 Prozent.
Dabei ist das Fleisch nicht an sich schädlich, sondern vor allem die Stoffe, die bei der Verarbeitung entstehen – zum Beispiel polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in geräucherten Fleischwaren sowie heterozyklische aromatische Amine, die bei Erhitzung von Fleisch entstehen.
Darüber hinaus können industriell verarbeitete Nahrungsmittel dem Herz-Kreislauf-System schaden. Das zeigt eine Studie griechischer Kardiologen, die von 2001 bis 2012 Gesundheit und Essensgewohnheiten von mehr als 2.000 Studienteilnehmenden untersuchten.
Zu Beginn hatten alle Teilnehmenden ein gesundes Herz und gesunde Blutgefäße. Je mehr industriell verarbeitete Lebensmittel sie aßen oder tranken, desto mehr nahmen die Erkrankungen im Laufe der Zeit zu. So war mit jeder zusätzlichen Portion pro Woche die Wahrscheinlichkeit für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung um zehn Prozent gestiegen.
Ungesunde Ernährung verkürzt das Leben In einer Langzeitstudie, die von 1990 bis 2017 andauerte, untersuchten Wissenschaftler gesundheitliche Auswirkungen von Ernährungsrisiken an Menschen aus 195 Ländern. Insgesamt elf Millionen Todesfälle führten sie auf ungesunde Ernährung zurück.
Als Todesursachen wurden Herzkreislaufkrankheiten (rund zehn Millionen), Krebs (rund 900.000) angegeben. Dabei war der Effekt, den Übergewicht auf Gesundheit und Lebenserwartung haben, nicht mit einkalkuliert.
Den Autoren zu Folge verzehrten die Betroffenen zu wenig Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkorn, Ballaststoffe, Nüsse und Samen, Kalzium und Milch – also Lebensmittel, die gemeinhin als gesund gelten. Rotes Fleisch, Wurst, zuckerhaltige Getränke, Transfettsäuren und Salz hingegen waren in großen Mengen konsumiert worden.
Für den Verzehr jeder Komponente berechneten die Forscher jeweils das tägliche Optimum: 200 bis 300 Gramm Obst, 350 bis 520 Gramm Milch, bis zu vier Gramm Wurst. Anschließend untersuchten sie, inwiefern sich durch Abweichungen das Risiko für Herzkreislaufkrankheiten, Krebs, Diabetes und einen frühen Tod erhöhte.
Die größten Differenzen zwischen optimalen und tatsächlich verzehrten Mengen lagen bei Vollkorn, Nüssen und Samen sowie bei der Milch. Demnach seien auch Menschen gestorben, weil sie zu wenig Vollkorn, Obst bzw. Nüsse und Samen gegessen hatten.
Für drei Millionen Todesfälle zum Beispiel wurde ein zu hoher Salzkonsum angegeben. Auch wurden bestimmte Verknüpfungen wie Kuhmilch, Joghurt und Käse als Kalziumquellen berücksichtigt. Jene Initiativen, die einen höheren Konsum dieser gesunden Lebensmittel fördern, tragen mehr zur Gesundheit bei als solche, die zum Verzicht auf ungesunde Lebensmittel aufrufen, so die abschließende Erkenntnis.
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