Ist Polens neuer Präsident für Russland die bessere Wahl?

Die Absage einer Einladung von Poroschenko fand große Aufmerksamkeit

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In Russland wird die Wahl von Andrzej Duda zum polnischen Präsidenten insgesamt positiv aufgenommen (Polen: Andrzej Duda gewinnt Präsidentschaftswahl mit Sozialversprechen). Dort hofft man, dass das neue polnische Staatsoberhaupt von der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) würde skeptischer gegenüber der Regierung in Kiew auftreten.

Andrzej Duda hat sich zwar für eine Verlegung der US-Basen aus Deutschland nach Polen ausgesprochen, da nun die polnisch-russische Grenze die Linie des Konflikts darstelle, wie einst die Grenze zwischen West- und Ostdeutschland. So seine Aussage im TV-Duell mit Präsident Bronislaw Komorowski. Seine Erwägung, polnische Truppen in das Konflikt-Gebiet in der Ost-Ukraine zu schicken, nahm er jedoch zurück. In Rücksichtnahme auf die Wähler aus der Landwirtschaft im Osten, die unter dem Lebensmittel-Embargo leiden, betonte er zudem die Notwendigkeit der Handelsbeziehungen mit Russland.

Doch am meisten Aufmerksamkeit erreichte Duda durch Absage des Treffens mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, der designierte Präsident habe einen zu vollen Terminkalender gehabt. Das ukrainische Staatsoberhaupt sollte beim Finale der Europa League zugegen sein - am Mittwoch verlor Dnjepr Dnjepropetrowsk mit 2:3 gegen den FC Sevilla. Gedacht war eine Begegnung mit dem scheidenden und dem designierten Präsidenten Polens in einer eher informalen Atmosphäre. Wie gemacht für ein angehendes Staatsoberhaupt, das ein Land vertritt, das sich wie kein anderes zum Anwalt der neuen ukrainischen Regierung gemacht hat. Poroschenko verzichtete nach Absage von Duda ebenfalls auf sein Kommen. Ein Treffen solle erst nach der Vereidigung am 6. August stattfinden.

Die russische Presse sah dies als bewusst gesetzte Geste. Viele Zeitungen zitierten den Chef der russlandfreundlichen Partei "Zmiana", Mateusz Piskorski als Experten, der analysierte, dass Duda nicht die Politik seines Vorgängers fortsetzen wolle. Dieser hatte gute Kontakte zur Kiewer Elite gepflegt, wo ein"extremer anti-polnischer Nationalismus" herrsche.

Die Rossijskaja Gaseta, das Regierungsblatt, meint, Duda würde so ein klares Signal an Poroschenko schicken. Zudem würde der nationalkonservative Politiker nicht die Verehrung für die UPA hinnehmen, die 1943 mehrere tausend Polen in Wolhynien ermordet hatte.

Die ukrainische Regierung erkennt die Organisation, die später von der rückkehrenden Roten Armee bekämpft wurde, als offizielle Unabhängigkeitsbewegung an (Ukraine: Verbot der Propaganda sowjetischer Symbole). Duda hatte im Wahlkampf angekündigt, dies gegenüber Poroschenko zur Sprache zu bringen.

Der 43-Jährige muss wohl auf die Stimmung im strukturschwachen Osten Polens Rücksicht nehmen, dort erhielt er die meisten Stimmen. In den grenznahen Gebieten gibt es bereits Konkurrenzdruck zwischen Polen und Ukrainern in Universitäten und bei der Jobsuche. Grundsätzlich gibt es in der PiS, aus der Duda nach der Wahl ausgetreten ist, Stimmen, die die Ukraine kritischer betrachten als Mitglieder der Regierungspartei Bürgerplattform (PO).

Aleksej Puschkow, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Duma, hält dem promovierten Juristen Duda zu Gute, dass er bislang Wladimir Putin nicht direkt kritisierte. Die polnisch-russischen Beziehungen stünden vor einem Neuanfang.

Eine starke Nato in Polen befürwortet jedoch auch der baldige Präsident, der im Verteidigungsfall als Oberhaupt der Streitkräfte wirken wird. Während Bronislaw Komorowski mit seiner alternativen Gedenkfeier zum Kriegsende am 7. und 8. Mai in Danzig den Kreml ärgerte, könnte das Thema "Smolensk" Duda zu einem unangenehmeren Gegenüber machen. Der Absturz des Flugzeugs bei Smolensk, bei dem Präsident Lech Kaczynski und 95 weitere Personen ums Leben kamen, treibt das nationalkonservative Lager weiterhin um. Zumal Duda als Mitarbeiter Kaczynskis hätte mitfliegen sollen, jedoch einem ranghöheren Politiker Platz machte.

Duda und seine Anhänger fordern das Flugzeugwrack und die Blackbox zurück, die noch in russischer Hand sind, und eine internationale Aufklärungskommission über den Hergang des Absturzes, hinter dem viele PiS-Wähler einen Anschlag vermuten.

Als erste Amtshandlung will Duda, der Anfang August vereidigt wird, ein Smolensk-Denkmal direkt vor dem Präsidentenpalast durchsetzen, was auf Widerstand der Bürgerplattform-Politiker trifft.