Ist Solidarität unter rationalen Egoisten möglich?
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Meine Ausführungen haben ein Modell vorgestellt, das die Chancen für Solidarität in einer Welt rationaler, ungleicher und egoistischer Individuen zu analysieren erlaubt. Das Modell beruht auf radikalen Idealisierungen und ist extrem einfach. Es ist nicht weiter schwierig, Züge der sozialen Welt aufzuzählen, die das Modell nicht abdeckt. Für auf die "wirkliche" Welt bezogene, quantitative Prognosen ist das Modell untauglich. Völlig abwegig wäre es, weitreichende ordnungs- oder sozialpolitische Konsequenzen auf dieses Modell stützen zu wollen.
Gleichwohl, das Modell hat den Vorteil, noch analysierbar zu sein, sei es mit analytischen Mitteln, sei es mit Hilfe von Simulationen. Es produziert Effekte, wie z.B. bestimmte Segretationsmuster, die - nimmt man sie qualitativ - auch empirisch interessant sind. Das Modell stößt auf Mechanismen, die für Erklärungen genutzt werden können. Das Modell sensibilisiert daher sowohl in empirischer wie explanatorischer Hinsicht und hat insofern einen heuristischen Wert. Es führt überraschende Konsequenzen vor, mit denen man zunächst sicher nicht gerechnet hätte. In einem bestimmten Umfange erlaubt es, basale sozialtheoretische Intuitionen zu überprüfen.
Daß wir die Welt durch Modelle, wie das hier beschriebene, werden begreifen können, scheint mir allerdings nicht sicher zu sein; daß wir sie hingegen ohne solche Modelle sicher nicht begreifen werden, scheint mir gewiß.