Jahrzehnt der Serien - Teil 2
Dexter, Drawn Together, American Dad, 24 und Aqua Teen Hunger Force
6.Dexter
Auch Dexter wurde an dieser Stelle schon umfassend behandelt. Die erste Staffel der Serie über den Serienmörder, der bei der Polizei beschäftigt ist und ausschließlich andere Serienmörder tötet, ist ein schierer Geniestreich, der lediglich unter dem schließlich doch ins scheinbar unvermeidlich Vulgärpsychologische abdriftenden Schluss leidet. Die zweite Staffel beginnt etwas schwächer, steigert sich aber - und über die dritte sind die Meinungen geteilt. Während die Hauptfigur für manche Zuschauer durch eine stärkere Einbeziehung ihres engeren privaten Umfeldes an Tiefe gewann, sahen andere darin ein Absacken ins Konventionelle.
7.Drawn Together
Die amerikanische Zeichentrickserie ist ein gutes Beispiel dafür, dass man sich heutzutage Parodien leisten können muss. Ihre mittels Anspielungen auf zahlreiche bekannte Cartoonserien und Reality-TV-Shows wie The Real World betriebene Sichtbarmachung und Zerlegung von Regeln und Stereotypen ist nur möglich, weil Drawn Together ein Produkt des Medienkonzerns Viacom ist, der die Rechte an den unterschiedlichsten Cartoonfiguren hält und zu groß und mächtig ist, als dass andere Rechteinhaber eine Klage wagen würden. Nur deswegen können bei Drawn Together eine Betty-Boop-, eine Sponge-Bob/Stimpy- und eine Superman-Parodie zusammen in einem Big-Brother-Haus wohnen. Eigentlich kann man nicht erwarten, dass etwas Interessantes herauskommt, wenn Konzerne wie Viacom selbst die Mash-Up-Parodien zu ihren Produkten liefern und kontrollieren - trotzdem funktioniert die Serie. Wie die Konzepte und Drehbücher die Verantwortlichen passieren konnten und können, bleibt allerdings ein Rätsel.
8.24
Eine Serie, zu der es zwar mehrere Telepolis-Artikel gab, deren wirklich umfassende Würdigung aber immer noch aussteht, ist 24. Trotz Drehbeginns vor dem 11. September 2001 wurde sie noch vor 4400 zur interessantesten Verarbeitung des Homeland Security America. Jack Bauer bricht dafür als Vertreter der Staatsgewalt praktisch jedes grundlegende Bürgerrecht und durchsucht gleich in der ersten Folge der ersten Staffel ganz selbstverständlich/beiläufig das Notiz- oder Tagebuch seiner Tochter, die sich nachts auf eine Party geschlichen hat. Als Bauer meint: "Remember when we were kids?" antwortet seine Ehefrau: "It's a different world now". In den 1970er, den 1980er und den 1990er Jahren hätte der Satz noch bedeutet, dass Teenager mehr Freiheiten genießen - im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wurde er vom Fernsehzuschauer ganz selbstverständlich so verstanden, dass Teenager sich nicht mehr die Freiheiten der letzten Jahrzehnte erlauben können, weil die Welt zu gefährlich geworden ist.
Während in den 1950er Jahren in Propagandafilmen wie Big Jim McLain die Einhaltung rechtsstaatlicher Regeln als wichtiges Abgrenzungsmerkmal zu anderen zu anderen Staaten dargestellt wird, gilt dies in 24 nicht mehr. John Wayne fällt es in Big Jim McLain sichtlich schwer, den bösen kommunistischen Spion in den gesetzlichen Grenzen zu verfolgen - aber er muss sich daran halten. Bei Jack Bauer ist das Überschreiten dieser Grenzen schlichte Notwendigkeit. Und im Unterschied zu den Dirty-Harry-Filmen der 1970er geschieht es nicht nur auf rein individueller, sondern durchaus auch auf organisatorischer Ebene. In der vierten Staffel sieht beispielsweise auch der Verteidigungsminister ein, dass sein Sohn gefoltert werden muss. Und schließlich wurde nirgendwo das Neocon-Paradoxon besser auf den Punkt gebracht als in folgendem 24-Dialog:
Nina Myers: "You're lying".
Jack Bauer: "Yes I am - but you're still gonna have to trust me"
9.American Dad
Ebenfalls mit Homeland Security America beschäftigt sich die Parodie American Dad. Die Hauptfigur, der Familienvater und CIA-Agent Stan Smith, ist in gewisser Weise ein Homer-Simpson-Update: Auf das regressionsfreudige, lustprinziphörige Hippie-Kind der Clinton-Ära folgte als aktuelleres WASP-Subjektstellen-Angebot der fröhliche Analcharakter und Überwachungsfanatiker American Dad. In seiner Welt findet die Karriere einer republikanischen Kandidatin ein jähes Ende als herauskommt, dass ihr Zweitwagen ein Toyota Prius ist. Konzipiert und umgesetzt wurde American Dad von Seth McFarlane als eine Art Fortsetzung seines zeitweise eingestellten (und Anfangs stark unterschätzten) Erstlings Family Guy. Ein wenig bekannter aber wichtiger Einfluss für beide Serien war die in den 1970er Jahren auch in Deutschland ausgestrahlte Serie Wait Till Your Father Gets Home, in der eine Art mccarthyistisches Ned-Flanders-Äquivalent seine private Agentenjagd damit beginnt, dass er das Telefonbuch zur Hand nimmt und alle Namen heraussucht, die mit -sky oder -off enden.
10.Aqua Teen Hunger Force
Die Cartoonserie Aqua Teen Hunger Force ist ein Beispiel für eine Serie, die im deutschen Fernsehen nicht ausgestrahlt wurde, sich aber hierzulande dank DVD und Filesharing trotzdem einer gewissen Beliebtheit erfreut. Die Hauptfiguren sind ein egozentrischer Milchshake, ein blöder Hamburger und eine verhältnismäßig vernünftige afroamerikanische Tüte Pommes. Der Soundtrack zur Serie kommt von Schoolly D - und so wie sich dieser (in seiner Frühzeit fast wie Industrial klingende) Rapper zum Rest des Hip Hop verhält, so sehr unterscheidet sich Aqua Teen Hunger Force in seiner Bizarrheit von Rest der Cartoonwelt.