Jesiden befürchten weitere IS-Angriffe
Die Dschihadisten-Milizen sollen das Gebirge in Shingal erneut umstellt haben und tausende Menschen bedrohen
Angriffe von IS-Milizen auf Sindschar und umliegende Dörfer, die von Jesiden bewohnt wurden, mit eindrucksvollen Bildern der Vertreibung von Hunderttausenden und der in den Bergen auf Rettung Wartenden dominierten Anfang August die internationale Berichtererstattung.
Als die USA dann bekanntgaben, dass sie mit Einsätzen aus der Luft gegen den IS vorgehen werden (Irak: Obama genehmigt gezielte Luftschläge gegen IS-Dschahidisten), so lag das auch an der Bedrohung der Jesiden durch die IS-Fanatiker, deren Brutalität sich bei der Verschleppung und Versklavung von jesidischen Frauen und Kindern zeigt ("Wir werden euer Rom erobern, eure Kreuze zerbrechen und eure Frauen versklaven"). Seit Montag dieser Woche wird neuerdings von Angriffen und Belagerung der IS-Milizen auf Jesiden berichtet.
Wie im Sommer befinden sich die Jesiden in einer Situation, in der sie auf Hilfe angewiesen sind. Sie benötigen Kämpfer, Waffen und Munition. Im Unterschied zum August werden die Hilferufe jedoch von einer größeren Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weil sich die Berichterstattung des Krieges gegen den IS in letzter Zeit vor allem auf die Kämpfe um Kobanê konzentriert hat.
Wie im August erfolgen die neuerlichen Vorstöße der IS-Milizen von mehreren Seiten, Orte wie Dohula oder Bork werden belagert und wichtige Versorgungrouten von den Dschihadisten kontrolliert. Noch immer gibt es Tausende von Flüchtlingen, die auf den Shingal-Bergen Zuflucht suchen und auf Rettung warten. Als Schätzung wird in mehreren Berichten die Zahl von 7.000 Zivilisten genannt.
Ungeklärt ist, ob und in welcher Form und von wem Unterstützung für die Bedrängten aus der Luft kommt. Man hatte sich Hilfe von Peshmerga -Kräften erhofft, sie bleibt bislang aus, wie der jüngste Lagebericht von Ezidi-Press beklagt:
Nach 11 Wochen Belagerung ist es in Shingal noch immer zu keiner ernsthaften Intervention der kurdischen Peshmerga-Armee gekommen, die seit Wochen eine Offensive angekündigt hatten. In den vergangenen drei Wochen wurde erbittert um den Versorgungskorridor von der Pilgerstätte Sherfedin zur syrischen Grenze im Norden gekämpft. Klar war zu diesem Zeitpunkt, dass ein Verlust der Versorgungsroute erhebliche Probleme und eine weitere Verschärfung der Gesamtsituation in Shingal mit sich bringen wird. Wenige Kilometer in Rabia stationierte Peshmerga-Einheiten, die von der Volksverteidigungseinheit der YPG und der Goldenen Division der irakischen Streitkräfte unterstützt werden, griffen dennoch nicht ein. (...) Ohne die Peshmerga werden die Êzîden weder in der Lage sein, das belagerte Gebirge und die Pilgerstätte lange zu halten, noch die Region vom IS-Terror zu befreien.
Die UN warnte am Dienstag dieser Woche, es gebe evidente Anzeichen dafür, dass die IS einen Völkermord versuche. Das dürfte längst auch zur Führung der Anti-IS-Operationen im Central Command vorgedrungen sein.
Auf deren Nachrichtenseite ist nichts Genaueres über Operationen in dem fraglichen Gebiet zu erfahren. Jüngste Meldungen berichten lediglich von Luftangriffen auf Stellungen der IS bei Kobanê und auf Ziele in der Nähe des Mosul Staudammes. Auf Seiten der Jesiden befürchtet man, dass verstärkte IS-Kräfte neue Angriffe auf die in die Berge Geflüchteten unternehmen.