"K-Frage" nach PR-Desastern: SPD-Kandidat Scholz überraschend vorn
Laschet als Person stürzt in Umfragen ab, die Unionsparteien belegen aber weiterhin den ersten Platz
Zumindest Anfälligkeit für Personenkult scheint sich mittlerweile in Deutschland in Grenzen zu halten, denn die Antwort auf "K-Frage" hat sich stark von der Parteienpräferenz entkoppelt. Wäre in Deutschland die Kanzlerin oder der Kanzler direkt wählbar, würden sich laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov 20 Prozent für den SPD-Kandidaten und Finanzminister Olaf Scholz entscheiden. Dessen Partei liegt hier aber nur bei 16 Prozent - und damit weit abgeschlagen hinter den Unionsparteien mit 28 Prozent. Deren Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) überzeugt aber als Person aktuell nur 15 Prozent. Die Partei Bündnis90/Die Grünen liegt in dieser Umfrage gleichauf mit der SPD bei 16 Prozent. Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock belegt aber mit 13 Prozent den letzten Platz.
Interessant ist, dass sich mehr als Hälfte der Teilnehmenden weder für Laschet noch für Scholz oder Baerbock im Kanzleramt begeistern konnte. Die Partei Die Linke, die in der YouGov-Umfrage auf acht Prozent kam, sowie die FDP und die AfD mit jeweils zwölf Prozent hatten keine eigenen Kanzlerkandidaten aufgestellt.
Andere Zahlen, ähnliches Bild
Eine Befragung für das ZDF-Politbarometer ergab, dass 34 Prozent der Befragten Scholz als Bundeskanzler "am liebsten" wäre. 29 Prozent entschieden sich bei dieser Fragestellung für Laschet, der damit acht Prozentpunkte innerhalb von zwei Wochen verlor, während Scholz um sechs Prozentpunkte zulegte. Baerbock verbesserte sich hier um zwei Prozentpunkte und kam damit auf 20 Prozent. Die Unionsparteien kamen hier ebenfalls auf 28 Prozent, die Grünen auf 21 Prozent und die SPD auf 16 Prozent.
Die Plagiatsvorwürfe gegen Laschet sind wohl nicht der Grund
Beide Befragungen liefen bereits vor Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe gegen Laschet. Der CDU-Chef und NRW-Ministerpräsident hat inzwischen Fehler in seinem Buch "Die Aufsteigerrepublik" aus dem Jahr 2009 eingeräumt und eine weitere Prüfung zugesichert. In dem Werk gebe "es offenkundig Fehler, die ich verantworte", erklärte Laschet an diesem Freitag. Mindestens ein Urheber des im Buch verwendeten Materials sei "weder im Fließtext noch im Quellenverzeichnis" genannt worden.
Der betroffene Autor Karsten Weitzenegger nimmt es aber offensichtlich mit Humor. Der Plagiatsjäger Martin Heidingsfelder habe ihm mitgeteilt, dass Laschet in seinem Buch 2009 bei ihm abgeschrieben habe, twitterte der Autor am Donnerstag. "Spontan habe ich bestritten, jemals etwas so Dummes geschrieben zu haben", erklärte Weitzenegger mit einem Smiley. "Ist aber wohl doch mein Paper, ich bereue nichts."
Die YouGov-Umfrage, die vom 23. bis zum 26. Juli lief, war zu diesem Zeitpunkt schon abgeschlossen - die am 27. Juli begonnene Umfrage für das ZDF-Politbarometer endete an diesem Tag.
Laschets Sympathieverluste dürften auf andere Faktoren zurückzuführen sein. In Betracht kommen zum Beispiel seine Aussagen zur Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz Mitte Juli und zur Klimapolitik der Bundesregierung. "Nur weil jetzt ein solcher Tag ist, ändert man nicht die Politik", hatte Laschet in einem WDR-Interview erklärt, als die Moderatorin von ihm wissen wollte, ob der Kohleausstieg 2038 nicht doch zu spät käme.
Möglicherweise verdanken die Unionsparteien dem CSU-Chef Markus Söder, dass sie nicht proportional zu Laschet in den Umfragen abgestürzt sind - denn unter Söder wird die CSU zumindest verbal deutlich grüner, ohne sich von ihrem Image als konservative Law-and-Order-Partei zu verabschieden. Im Gegensatz zu Laschet spricht sich Söder deutlich für einen früheren Kohleausstieg aus. Allerdings stößt er damit als bayerischer Ministerpräsident in seinem Bundesland auch auf weniger Widerstände, da Bayern im Gegensatz zu NRW traditionell kein "Kohleland" ist.
Mit Plagiatsvorwürfen war vor wenigen Wochen auch Annalena Baerbock konfrontiert - sowohl diese als auch Ungenauigkeiten in ihrem zuvor veröffentlichten Lebenslauf und zu spät angegebene Nebeneinkünfte kosteten sie einige Sympathien. Zuvor hatten die Grünen in Umfragen sogar kurzzeitig die Unionsparteien überholt.