Kaputte Klimaanlagen im Hotel: Verbraucherschützer raten zu diesen Maßnahmen
Kaputte Klimaanlagen sind in Hotels ein häufiges Ärgernis. Viele Gäste nehmen den Mangel einfach hin. Dabei haben sie mehr Rechte, als sie denken.
Novemberzeit ist Reisevorbereitungszeit für den nächsten Sommer. Manche zieht es schon jetzt in den Herbstferien in den warmen Süden. Wer im nächsten Sommer verreisen will, muss sich jetzt auf Hitzewellen vorbereiten. Doch Vorsicht: Nicht funktionierende Klimaanlagen in Hotels sind ein weitverbreiteter Missstand.
Trotz des Trends globaler Erwärmung steigt global die Reisefreudigkeit. Davon profitieren auch und vor allem Hotels. Mit immer höheren Außentemperaturen kann ein Hotelaufenthalt zum Refugium werden – sofern die Klimaanlage im Zimmer funktioniert.
Wer in den großen Markenhotels von Accor, H-Hotels, Marriott, Steigenberger oder Radisson einbucht, sollte allerdings auf der Hut sein. Alleine für Radisson ergab eine zweiminütige Internetrecherche die folgende Klimaanlagen-Mängelliste (Ausschnitt):
- Hotel Berlin Berlin. A Member of Radisson
- Radisson RED Miami Airport
- Radisson Hotel Jaipur
- Radisson Blu Resort Spa Gran Canaria
- Radisson Blu Hotel London
- Park Inn by Radisson. Berlin Alexanderplatz
- Radisson Blu Waterfront Hotel Stockholm
- und zehn weitere...
Der Rat der Verbraucherschützer
Wer nach einer langen Anreise endlich im Hotelzimmer ankommt und feststellt, dass die Klimaanlage nicht funktioniert, verliert Zeit und meistens auch Geld. Das muss nicht sein. Verbraucherschützer raten zu den folgenden ersten Maßnahmen:
- Bei einer Individualreise Rezeption bzw. Hotelier über Mangel in Kenntnis setzen, bei einer Pauschalreise die Reiseleitung.
- Wenn das Hotel den Mangel nicht (absehbar) beheben kann, Frist setzen.
- Stornierung des Vertrags und Wechsel in ein anderes Hotel.
Nach einer Beschwerde geben sich Hotels aber oft kooperativ, womöglich kann der sofort herbeigerufene Techniker das Manko beheben. Doch ebenso häufig verdichten sich die Probleme.
Hinhalteparolen
Los geht's mit Hinhalteparolen. Die Uhr tickt, die wertvolle Zeit zur Besichtigung der Stadt oder zur Vorbereitung auf einen Geschäftstermin rinnt dahin. Das Hotel beschwichtigt, ein Upgrade in eine bessere Zimmerkategorie sei für solche Fälle nicht vorgesehen.
Ebenso sei ein Zimmerwechsel unmöglich, das Hotel ausgebucht. Wie hoch werden bei einem Zimmerwechsel wohl die Chancen sein, dass die Klimaanlage in einem anderen Zimmer funktioniert?
Hat ein Hotelgast nur eine Nacht gebucht und beträgt dieser Zeitraum weniger als 21 Stunden (checkin frühestens um 15 Uhr, checkout spätestens um 12 Uhr), entspräche eine praxisnahe Frist zwei Stunden, innerhalb derer das Hotel den Mangel behoben hat.
"Reisende können selbst Abhilfe schaffen"
Alexander Schnaars, Pressesprecher des ADAC, schreibt auf Anfrage, werde der Mangel nicht behoben, könne der Reisende selbst Abhilfe schaffen und die ihm dafür entstandenen Aufwendungen erstattet verlangen.
Im Pauschalreiserecht müsse sogar gar keine Frist gesetzt werden, "wenn sofortige Abhilfe notwendig" (§ 651 k Abs. 2 S. 2 BGB) sei. Das wäre zum Beispiel denkbar, wenn wirklich eine Gesundheitsbeeinträchtigung drohen würde. Das müsse allerdings im Streitfall vom Reisenden nachgewiesen werden.
Schnaars ergänzt, laut § 536a Abs. 2 Ziff. 2 BGB dürfe der Mieter den Mangel auf eigene Kosten beheben, wenn der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder wenn "die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist".
Das bedeute, der Mieter könne selbst aktiv werden, wenn schnelles Handeln erforderlich sei. In Mallorca wollte ein deutscher Urlauber die drohende Gesundheitsbeeinträchtigung nicht hinnehmen und verhalf sich auf recht deutliche Weise.
Die Situation kann schnell konfrontativ werden
Ob der Mann in Mallorca das Recht hatte, die Klimaanlage auszubauen, wird wohl ein Gericht entscheiden müssen. Aber auch in anders gelagerten Fällen kann die Situation schnell konfrontativ werden.
Wenn Gäste Glück haben und ihren Unmut erläutern, werden sie nicht selten mit Dingen wie einem Frühstücksgutschein kompensiert. Meistens lassen Hotelgäste aber ihre Ansprüche verfallen, nehmen den Mangel hin und machen sich auf einer Plattform wie Tripadvisor Luft.
Dabei müssen Hotelgäste in solchen Fällen nicht den kompletten Betrag bezahlen.
100 Prozent Geld für 100 Prozent Leistung
Mit dem konfrontativen Auftreten und diverser Finanztricks kassieren Hotels gerne vor Ort beim Auschecken ab. Der Hotelgast muss sich die Kompensation später mühsam zurückholen, entweder mithilfe eines Anwalts, einer Schlichtungsstelle oder anderen Verbraucherschützern.
Man kann aber auch an Ort und Stelle selbst handeln. Wichtig dabei: Man sollte immer wissen, ob man im Recht ist. Zur Orientierung hilft der Lernspruch von Jurastudenten im ersten Semester: Wer will was von wem und woraus, die Einstiegsfrage jeder zivilrechtlichen Fallbearbeitung.
Der Paragraf 433 des Bürgerlichen Gesetzbuches mahnt, dass jede Seite ihre Leistung erbringen muss. Erbringt das Hotel nicht die versprochene Leistung, entstehen in allen Ländern und Kulturen Kompensationsansprüche. Die Faustregel dabei: 100 Prozent Geld für 100 Prozent Leistung.
Im nächsten Schritt fragt sich der Hotelgast, welche Pflichten aus dem Beherbergungsvertrag nur teilweise erfüllt wurden und legt seine Ansprüche dar.
Funktioniert die Klimaanlage nicht, gibt es Erfahrungswerte und Gerichtsurteile, die in Übersichten wie der Reisepreisminderungstabelle des ADAC, der Kemptener Reisemängeltabelle oder der Würzburger Tabelle zum Reiserecht bei Kreuzfahrten zusammengefasst sind.
Bis zu 15 Prozent Minderung ist bei mangelhaften Klimaanlagen die Regel, manche Gäste haben bis zu 65 Prozent erwirkt.
Nicht selten sehen Hotels den Mangel ein, verweigern aber dennoch eine Reduktion des Zimmerpreises. Verbraucher haben nun die Möglichkeit, bar zu bezahlen oder sich eine Rechnung ausstellen zu lassen mit der Option, den Hotelaufenthalt später zu begleichen. Unternehmer haben sogar einen gesetzlichen Anspruch auf eine Rechnung, und zwar laut Paragraf 14 des Umsatzsteuergesetzes.
Die Rechtwahlklausel
Der ADAC gibt zu bedenken, wenn die Unterkunft im Ausland liege, gelte ausländisches Recht, sofern nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen stehe, dass deutsches Recht Anwendung finden solle. Das wäre dann die sogenannte Rechtswahlklausel, so Pressesprecher Schnaars auf Anfrage.
Auch im Ausland fänden mietrechtliche Vorschriften Anwendung. Allerdings könne es hier zu Abweichungen gegenüber der deutschen Rechtslage kommen, sodass im Streitfall ein Rechtsanwalt im Ausland hinzugezogen werden sollte.
Ausstellung der Rechnung und Bezahlung
Die Ausstellung einer Rechnung bringt den Vorteil mit sich, dass der Hotelgast den Zimmerpreis nachträglich reduzieren kann und notfalls das Hotel klagen muss. Eine Umkehrung des üblichen Forderungsprozesses, in dem sich Verbraucher ihr Geld zurückholen müssen.
Der Anspruch auf Rechnung oder Barzahlung für Privatreisende hängt von der Buchungsart ab. Der Vermittler booking.com hat unlängst erkannt, wie wichtig eine Barzahlung für manche Hotelgäste ist und fügte – basierend auf dem Feedback von Unterkünften – den Zahlungsoptionen die Funktion Barzahlung hinzu.
Vorsicht geboten ist beim Falle einer hinterlegten Kreditkarte. Verbraucherschützer raten, sich die Bezahlbedingungen genau anzuschauen. Nicht selten nutzen Hotels Kreditkarten als Erpressungsmedium.
Preisänderung und Kompensation
Willigt das Hotel einer verlangten Preisminderung im Moment des Check-outs nicht zu und akzeptiert auch keine Barzahlung oder Rechnungsausstellung mit späterer Begleichoption, so stellen sich einige Hotels quer, weil sie wissen, dass sie ja den kompletten Betrag über die Kreditkarte einziehen können.
Willigt das Hotel einer Kompensation absehbar nicht zu, sollte man der Rezeption noch vor dem Check-out schriftlich eine Notiz zukommen lassen, was man beim Check-out erwartet bzw. bereit ist zu zahlen. Der ADAC empfiehlt generell, den Mangel zum Beispiel durch Fotos oder Zeugenaussagen ausführlich zu dokumentieren. Beweispflichtig für die Mangelhaftigkeit sei der Reisende bzw. der Mieter des Hotelzimmers.
Sollte es dann an der Rezeption tatsächlich zur unvermeidlichen Konfrontation kommen, also dass der Hotelgast abreist ohne dass der Hotelier den im Zweifel ausgehandelt verminderten Betrag annahm, neigen einige Hoteliers dazu, aus Einschüchterungsgründen den Sicherheitsdienst oder sogar die Polizei zu rufen.
Wenn es zur Konfrontation kommt
Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) gibt zu Bedenken, dass die Polizei auch in solchen Fällen in der Regel nicht zuständig ist, denn die Sache der Polizei sei das Strafrecht. Spätestens bei Erläuterung der Situation würde die hinzugerufene Polizei auf diesen Umstand hinweisen, solche Streitigkeiten seien eindeutig zivilrechtlicher Natur, so das EVZ.
Noch konfrontativer könnte es werden, wenn der Hotelier dem Hotelgast Betrug vorwirft, zum Beispiel weil er die Klimaanlage selber beschädigt habe. Umgekehrt stände der Hotelier im selben Moment im strafrechtlichen Fokus, weil ihm womöglich schon vor dem Checkin bekannt war, dass seine im Internet beworbene Klimaanlage nicht funktioniert und er so den Kunden vorsätzlich täuschte. Ob solche Fälle dann ausarten müssen, liegt an der menschlichen Reife und rhetorischen Kraft von Hotelier und Hotelgast.
Die klassische Rollenverteilung von David gegen Goliath, also Hotel und Verbraucher, erinnert ein wenig an die Stellung der Frau gegenüber dem Mann. Die Lobby von Verbrauchern ist gering. Individualreisende haben einen eindeutig höheren Schutzbedarf als Pauschalreisende, einfach weil das in Deutschland geltende Reiserecht Pauschalreisende gesetzlich besser stellt als Individualreisende.
Was können die Schlichtungsstellen machen?
Eine Anfrage für diesen Beitrag an die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ergab, dass man bei Individualrecht nicht weiterhelfen könne, so Pressesprecherin Karen-Anja Groeger. Auch Schlichtungsstellen wie die staatlich anerkannte Schlichtungsstelle Reise & Verkehr e.V. in Berlin befassen sich nicht mit Beherbergungsrecht.
Das liegt aber nicht unbedingt an den Schlichtungsstellen, sondern daran, dass Hotels und Hotelverbände – im Gegensatz etwa zu Arlines oder dem Online-Reisebüro Expedia – schlichtweg kein Mitglied dieses Vereins sind.
Christof Berlin, der Leiter der Schlichtungsstelle, sagt im Telefoninterview für diesen Beitrag, Airlines seien schon aus gesetzlicher Verpflichtung Mitglied seiner Schlichtungsstelle. Laut dem deutschen Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr müssten Airlines an Schlichtungsverfahren teilnehmen und sie sogar finanzieren. Europarecht mit klaren Ansprüchen.
Man erwarte dieses Jahr im Bereich Flug und Bahn rund 44.000 Fälle. Durchschnittlich werde im Bereich Flug bei 90 Prozent aller Fälle eine einvernehmliche Lösung erreicht.
Kommerzielle Anbieter gäbe es zuhauf auf dem Markt, aber diese würden bis zu 40 Prozent des Geldes einbehalten und die schwierigen Fälle an die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr weiterreichen. Bei den Verfahren der Schlichtungsstelle Reise & Verkehr e.V. kämen 100 Prozent des Geldes beim Verbraucher an, so Christof Berlin.
Das sind sie wieder, die 100 Prozent. Diesmal halt zum Themenkomplex Flug und Bahn.
Große Reisekonzerne zeigen kein Interesse
Große Reisekonzerne wie Dertour, Tui oder Schauinsland-Reisen nehmen allerdings nicht an den Schlichtungsverfahren teil. Auch die Hotelverbände scheinen kein Interesse zu haben. Vielleicht, weil viele Hotels individuell gebucht werden und so dem Reiserecht der verschiedenen Länder unterliegen. Vielleicht aber auch, weil Hotelverbände wissen, dass ihre Mitglieder unsauber arbeiten.
Dem Portal analogo.de gegenüber überraschten der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga und der Hotelverband Deutschland (IHA) mit der Aussage, Problemstellungen um Klimaanlagen in Hotels seien in den vergangenen Jahren nicht an Dehoga und IHA herangetragen worden.
Nun ja, würden sich mehr Hotelgäste über die Mängel beschweren, dürften auch Hotels irgendwann Interesse haben, Partner der Schlichtungsstelle zu werden. Wenn sie dort gemäß der Beitragsordnung ihre Mitgliedsbeiträge und Fallpauschalen entrichten würden, dürfte dies den Hotels gegenüber sogar zu mehr Vertrauen führen.
Im Falle von Flugreisen zeigen Auswertungen stark steigende Flugzahlen bei stetig hohem Vertrauen in Airlines, sicherlich auch weil hier die Verbraucherrechte geregelt sind.
Warum es jetzt auch hochpolitisch ist, wie Sie Ihre Klimaanlage im Hotel einstellen und warum Klimaanlagen so häufig nicht funktionieren, ist Gegenstand des kommenden Beitrags auf Telepolis.