Keine Gefahr vom Schwarzen Block

Deutsche und japanische Ermittlungsbehörden bereiten sich auf den G8-Gipfel in Japan vor

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Die japanische Politszene ist zur Zeit sehr beschäftigt. In nicht mehr ganz drei Monaten treffen sich vom 7. bis zum 9. Juli 2008 auf der Halbinsel Hokkaido die Politiker der acht führenden Nationen zu ihrem diesjährigen G8-Treffen. Wie vor einem Jahr in Deutschland bereiten sich die unterschiedlichsten politischen Strömungen auf den Gipfel vor. Japanische Nichtregierungsorganisationen planen einen Gegengipfel mit internationaler Beteiligung. Auch politische Gruppierungen, die mehr auf Proteste statt als Lobbyismus setzen, haben ihre internationale Kontakte intensiviert.

Schon seit Wochen bereisen japanische G8-Kritiker europäische Länder, informieren über die geplanten Aktivitäten und suchen den Austausch mit Gleichgesinnten. Mancher G8-Kritiker plant auch einen Besuch in Japan. Doch das könnte schwieriger als erwartet werden.

Die Bundestagsabgeordnete der Linken Ulla Jelpke wirft der Bundesregierung in einer Pressemitteilung vor, gemeinsam mit Japan gegen Globalisierungskritiker vorgehen zu wollen. Grundlage ihrer Kritik ist die Antwort auf eine Kleine Anfrage von Jelpke und weitere Politiker der Linksfraktion. Die Bundestagsabgeordneten fragten nach dem Gegenstand der Beratungen zwischen dem Bundeskriminalamt und den Vertretern der politischen Polizei Japans im August 2007. Sie wollten wissen, ob konkrete Erfahrungen mit G8-Kritikern in Heiligendamm ausgetauscht worden sind.

In dieser Hinsicht blieben die Antworten eher vage: „In Bezug auf den G8-Gipfel in Japan wurde der japanischen Seite mitgeteilt, dass es zur Zeit keine Erkenntnisse darüber gibt, dass von Seiten des sogenannten Schwarzen Blocks oder von anderen in Deutschland bekannten Gruppierungen keine Gefährdung für den G8-Gipfel in Japan ausgeht“, heißt es beispielsweise in der Antwort.

Nun mögen solche Erkenntnisse eher zum Schmunzeln und zu der Frage anregen, ob es für diese Erkenntnisse hochoffiziell Treffen der Sicherheitsbehörden bedarf. Doch es blieb nicht dabei. Die Bundesregierung bestätigte, dass die japanischen Behörden an Erfahrungen in Deutschland mit Demonstrationsverboten, weiträumigen Umzäunungen etc. interessiert sind und dass die Bundesregierung solche Informationen zur Verfügung stellen wird. Auf die Frage, ob bei diesen Kontakten auch Informationen über die Entwicklung der globalisierungskritischen Bewegung ausgetauscht wurden, bestätigte die Bundesregierung, dass „im Rahmen der datenrechtlichen Möglichkeiten jede Information übermittelt wird, die für die Einschätzung der Gefahrenlage in Japan erforderlich erscheint“.

Konkretisiert wurde diese Kooperation in der Antwort zur Frage 8: Schon im September 2007 habe es Gespräche zwischen dem BKA, der japanischen Polizei und dem japanischen Botschaftssekretär gegeben. Dabei sei die Übermittlung erforderlicher Informationen im Rahmen des BKA-Gesetzes zugesagt worden. Anhand eines Fragenkatalogs der japanischen Polizei habe es Informationen über verschiedene globalisierungskritische Organisationen gegeben. Dabei sei eine Differenzierung in als extremistisch und nicht extremistisch eingeschätzte Organisationen vorgenommen worden. Auf die Frage, ob die Übermittlung von Informationen aus Datenbanken deutscher Sicherheitsbehörden an japanische Stellen beabsichtigt sei, wurde erklärt, dass eine solche Datenübermittlung beabsichtigt ist, wenn Erkenntnisse vorliegen, dass es „zu einer möglichen Beteiligung potentiell gewaltbereiter deutscher Störer bei den Protesten gegen den G8-Gipfel 2008 in Japan“ kommt. Allerdings könne man keine pauschalen Angaben machen, aus welchen Dateien diese Informationen kommen.

Es ist allerdings mittlerweile gerichtsbekannt, dass in verschiedenen Dateien auch Personen als gewaltbereite Störer aufgeführt sind, die nie angeklagt oder verurteilt worden waren. Auch ein japanischer Staatsbürger wurde in deutschen Dateien im Zusammenhang mit den G8-Protesten registriert. Die Daten dieser Person sei den japanischen Behörden über Verbindungsbeamte mitgeteilt worden, die während des G8-Gipfels mit dem BKA kooperierten.

Auch über die Unterstützungsleistung der Bundeswehr bei der Überwachung des G8-Gipfels in Heiligendamm bekamen die japanischen Behörden zweiseitige Zusammenfassung. In zwei Gesprächen mit Vertretern des japanischen Militärs im deutschen Verteidigungsministerium sei der Erfahrungsaustausch fortgesetzt worden. Während des G8-Gipfels in Japan wird sich Auskunft der Bundesregierung ein Verbindungsbeamter der Abteilung Staatsschutz des BKA in Japan aufhalten. Allerdings sei die Personalplanung in diesem Zusammenhang noch nicht abgeschlossen.

Erste Zurückweisung schon erfolgt

Interessant wäre zu erfahren, ob die Einreiseverweigerung der japanischen Behörden für den Berliner Historiker Martin Krämer schon ein Ergebnis der deutsch-japanischen Kooperation war. Er wollte sich Anfang März auf Einladung einer globalisierungskritischen Organisation an der Koordinierung der Proteste in Japan beteiligten.

Für japanische G8-Kritiker ist die enge Zusammenarbeit zwischen den deutschen und japanischen Sicherheitsbehörden keine Überraschung. Sie haben schon im letzten Jahr die Aktionen der deutschen Polizei im Zusammenhang mit den Protesten der Globalisierungskritiker nicht nur sehr genau beobachtet. Sei organisierten sogar eine Solidaritätskundgebung vor der deutschen Botschaft in Tokio, um gegen die Einschränkung des Demonstrationsrechts und Festnahmen während der Gipfelaktionen zu protestieren.