Urteil gegen Donald Trump: Werden ihn die Wähler freisprechen?
Trump sei nun ein verurteilter Straftäter, heißt es. Das stimmt, aber er könnte trotzdem der nächste US-Präsident werden. Ein Kommentar von außerhalb der Echokammer.
Häme und Erleichterung beherrschten die liberale Presse von Berlin über Paris bis Washington, als die Geschworenen in New York am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) ihr Urteil über den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verkündeten. 34-mal befanden die Jurymitglieder den Immobilienmogul und unangefochtenen Führer der "Grand Old Party" für schuldig. Ein verurteilter Krimineller sei er jetzt, hieß es, und das sei ein Novum in der Geschichte.
Mag sein. Aber helfen wird es nicht. Mehr noch: Während sich der liberale Westen, seiner selbst beanspruchten Werte sicher, über das Urteil freut, liegt Trump in den meisten Umfragen weiter vorn. Und: Er wird das Urteil nutzen, um seine Anhänger zu mobilisieren.
Die Bedingungen dafür sind günstig. Das Urteil wurde von einem New Yorker Strafgericht gefällt, von New Yorkern. Während Trump selbst zum Establishment der Metropole gehört, passen das Gericht und seine Vertreter in das Feindbild vieler seiner Wähler in den ländlichen Regionen und im Rust Belt.
Trump kann Urteil nutzen
Trump versteht es, Widersprüche beiseitezuschieben und Feindbilder zu schüren. Er kann davon profitieren in einem Land, in dem die Polarisierung ein Ausmaß erreicht hat, dass bereits von Sezession und Bürgerkrieg die Rede ist.
Für die Demokraten ist das Urteil bestenfalls ein Silberstreif am Horizont. Doch der Horizont ist weit entfernt. Und ihr Kandidat Joe Biden ist körperlich und geistig in einem so desolaten Zustand, dass er sich manchmal hinter Rednerpulten verirrt und von der Bühne geführt werden muss.
Trugschlüsse in der Echokammer
Es sind zwei Trugschlüsse, die die Kritiker von Donald Trump am Tag nach dem Urteil haben und in denen sie sich in ihrer liberalen Echokammer immer wieder bestätigen.
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Erstens: Das Urteil ist nicht zwangsläufig eine Niederlage für Trump, er kann es als unangefochtener Champion des Basic Talk sogar zu seinen Gunsten nutzen. All dies ist nicht neu. Wir haben es bereits 2016 in der Präsidentschaftsdebatte mit Hillary Clinton erlebt.
Lehren aus 2016
Trump war schon damals der Inbegriff des Wirtschaftsgangsters, ein Milliardär, der sein Vermögen mit Betrügereien, Pleiten, Lohndiebstahl und Geschäften mit zwielichtigen Gestalten gemacht hat. Als Clinton ihn beschuldigte, vom Zusammenbruch des Subprime-Hypothekenmarktes profitiert zu haben, der den Finanzkollaps von 2008 ausgelöst hatte, erwiderte er: "That’s business."
Als sie ihm vorwarf, er zahle keine Steuern auf sein riesiges Vermögen, prahlte er: "That makes me smart."
Schon jetzt können führende Medien in Europa und den USA Nachrichten, Berichte, Interviews, Reportagen, Kommentare, Glossen, Kolumnen, Features, Leitartikel, Porträts, Dossiers, Essays, Analysen und Kritiken zu dem Urteil veröffentlichen. Trump wird das alles mit einem Drei-Wort-Satz vom Tisch fegen.
Biden als Alternative?
Der zweite Trugschluss ist, dass die Demokraten unter Biden eine Alternative zu Trump sind; dass der eine der Böse ist und der Amtsinhaber der Gute, der mit der weißen Weste.
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Kurz vor der Präsidentschaft von Joe Biden hatte der US-Kongress den CTA, den Corporate Transparency Act, verabschiedet. Es verpflichtet alle in den USA tätigen Unternehmen, ihre wahren Eigentümer dem Finanzministerium zu melden. Zuvor hatten die USA insbesondere im Bundesstaat Delaware Raum für die Gründung von Briefkastenfirmen geboten, die von Kriminellen zur Verschleierung und Geldwäsche illegaler Vermögenswerte genutzt wurden. Delaware ist der Bundesstaat, den Joe Biden von 1973 bis 2009 als Senator vertrat.
Trump hat es eben erwischt
All dies ist außerhalb der USA wenig bekannt, den US-Wählern aber bewusst. Die Folgen des Schuldspruchs dürften sich dort also weitgehend auf die Erkenntnis beschränken, dass es Trump erwischt hat, Biden aber nicht.
Und dass der Sohn des Amtsinhabers, Hunter Biden, in zahlreiche dubiose Geschäfte verwickelt ist, dürfte in den USA mit ihrem eher konservativen Familienbild ein Übriges tun.
Was wir nie über Trump erfahren wollten
All dies zeigt: Das New Yorker Urteil gegen Donald Trump wird in den USA möglicherweise nicht die Wirkung entfalten, die man ihm jetzt zuzuschreiben versucht.
Vielleicht wäre es besser gewesen, auf diesen Prozess ganz zu verzichten. Das hätte dem Gericht, den Geschworenen und der Öffentlichkeit auch die Beschreibung von Trumps Penis durch die Zeugin Stephanie Gregory Clifford alias Stormy Daniels erspart.