Keine Lust auf Krieg

Das Ansehen der USA sinkt nach einer weltweiten Umfrage; auch wenn viele Menschen Hussein als Bedrohung sehen und ihn stürzen wollen, sind sie im Gegensatz zu den US-Amerikanern gegen einen Krieg

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Obgleich den USA nach den Terroranschlägen vom 11.9. große Sympathie zuwuchs, scheint die Regierung mit ihrem Kriegskurs und Supermachtsauftreten viel davon wieder verspielt zu haben. Überall in der Welt, vor allem aber in den muslimischen Ländern, ist das Ansehen der USA gefallen, während gleichzeitig die Kritik wächst. Das ist ein Ergebnis einer Umfrage Was die Welt im Jahr 2002 denkt des Pew Research Center, bei der über 38.000 Menschen in 44 Ländern befragt wurden.

Natürlich hat das Ansehen der USA am dramatischsten in den Ländern des Mittleren Ostens abgenommen. In Pakistan haben nur noch 10 Prozent der Befragten ein positives Bild von den USA, in der Türkei fiel die Anerkennung von 50 auf 30 Prozent. Doch auch bei manchen der westlichen Verbündeten wie Deutschland, Großbritannien oder Italien hat die positive Einschätzung gegenüber der letzten Befragung vor zwei Jahren abgenommen, auch wenn die Zustimmung auf hohem Niveau bleibt und keine Rede von einem ausgeprägten Antiamerikanismus sein kann. In Frankreich und Kanada ist die Zustimmung überraschenderweise gar leicht angewachsen, während in Japan, Südkorea und vor allem Indonesien die Ablehnung zunimmt.

Auch in den meisten osteuropäischen Ländern geht die positive Einschätzung zurück, nur in der Ukraine und vor allem in Russland ist ein gegenläufiger Trend zu erkennen. Die alten Feinde lernen sich offenbar zu schätzen. Allgemein haben viele Menschen in allen Ländern den Eindruck, dass die USA die Interessen ihrer Ländern nicht berücksichtigt. Und die meisten sind auch der Meinung, dass die US-Politik die Kluft zwischen den armen und reichen Ländern weiter vergrößert und nicht genug macht, um andere globale Probleme zu lösen.

Allerdings sehen offenbar viele in der Supermacht USA dennoch das kleinere Übel. Die meisten Menschen in fast allen Ländern, selbst in Ägypten, Pakistan oder Russland, sind der Meinung, dass eine weitere Supermacht die Welt nicht sicherer, sondern gefährlicher macht. Das müsste freilich nicht zwingend bedeuten, dass die USA die Supermacht sein müssen. Die USA aber werden selbst dort, wo sie politisch abgelehnt werden, wegen ihrer Technik und Kultur hoch geschätzt.

Interessant ist im Augenblick natürlich auch die Haltung zum Irak-Konflikt. Hierzu wurden Menschen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, der Türkei und den Vereinigten Staaten nachträglich noch im November befragt - durchaus auch mit erstaunlichen Ergebnissen. Obgleich etwa nur 26 Prozent der Deutschen sich für einen gewaltsamen Sturz von Hussein aussprechen und so konform mit der Regierung gehen, glauben 82 Prozent, dass der Irak eine Gefahr darstellt, und sind drei Viertel dafür, dass Hussein gestürzt werden muss. Damit haben sie die gleiche Meinung wie die US-Amerikaner, die allerdings zu 60 Prozent Gewalt gegen Hussein befürworten. Bei den Türken (13 Prozent) und den Russen (12 Prozent) ist nur eine Minderheit für eine Gewaltanwendung, selbst in Großbritannien ist nicht einmal die Hälfte der Befragten dafür. Hier stehen die Amerikaner offenbar ziemlich alleine da.

Die Amerikaner scheinen der Rhetorik ihrer Regierung Glauben zu schenken. Zwei Drittel denken, dass die Regierung gegen Hussein vorgeht, weil er eine Bedrohung darstellt, während die Mehrzahl in den anderen Ländern eher der Meinung ist, dass die USA Kontrolle über das Eröl des Landes erreichen wollen. Drei Viertel der Menschen in Russland und Frankreich nehmen dies an, aber das sind auch die Länder, die selbst ein wirtschaftliches Interesse haben. Deutsche, Franzosen und Russen glauben überdies, dass der Nahost-Konflikt mehr Gefahren in sich birgt als das Irak-Regime, was von Briten und Amerikanern nicht geteilt wird.

Die Türkei, um die sich die US-Regierung derzeit so sehr bemüht, um dort Stützpunkte für einen Angriff einrichten zu können, ist allerdings, was die Menschen anbetrifft, ein schwieriger Partner. Bei einem Krieg könnte die Stimmung auch hier umschlagen. So sprechen sich 83 Prozent der Türken dagegen aus, dass die USA Stützpunkte in ihrem Land für einen Angriff auf den Irak benutzen dürfen. Über die Hälfte sieht im Vorgehen gegen Hussein einen Schritt im Krieg gegen widerspenstige muslimische Länder. Nur 44 Prozent denken, dass Hussein, aus welchen Gründen auch immer, gestürzt werden müsse, während zwei Drittel wie die Mehrheit auch in Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland glauben, dass ein Krieg nur die Terrorismusgefahr in Europa schüren wird. Dagegen haben nur 45 Prozent der Amerikaner die Sorge, dass der Krieg den Terrorismus in ihrem Land fördert.

Nach Selbstmordanschlägen, um den Islam zu verteidigen, durfte in Ägypten nicht gefragt werden. Im Libanon sehen über 70 Prozent der Muslime dies als berechtigtes Mittel an, in der Elfenbeinküste über die Hälfte. In Jordanien, Bangladesch und Nigeria sind noch über 40 Prozent der Muslime dieser Meinung. Das lässt nichts Gutes erwarten, auch wenn in anderen Ländern die Befürworter weniger sind.

Wenig erstaunlich ist, dass die Menschen in den reichen Ländern, vor allem in den USA und in Kanada, am zufriedensten zu sein scheinen. Kanada ist beispielsweise das Land, in dem die Mehrheit der Befragten auch zufrieden mit den nationalen Bedingungen sind. In Deutschland sind es nur 31 Prozent, in Italien gar nur 24 Prozent. Optimistischer in die Zukunft blicken manche Asiaten wie Chinesen oder Vietnamesen. Als größtes persönliches Problem betrachten die meisten Menschen die wirtschaftliche Situation. Erstaunlicherweise sehen das nur 33 Prozent der Deutschen so, obgleich 71 Prozent die nationale wirtschaftliche Lage als negativ beurteilen. Und Usbekistan scheint in vielen eine Ausnahme zu sein. Vielleicht müsste man dorthin auswandern.

Insgesamt, so Andrew Kohut, Direktor des Pew Research Center, ist die Welt zwar kleiner, aber deswegen nicht glücklicher geworden.