Keine Science Fiction in Saudi-Arabien, Katar und Kuweit

Auch in eine Fantasy- und Liebesgeschichte verpackt wird sie von Tugendwächtern als Teufelszeug begriffen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es gebe eine Verbindung zwischen der Anzahl angemeldeter Patente und der Produktion von Science Fiction, behauptet der saudi-arabische Autor Yasser Bahjatt. Einen genauen wissenschaftlichen Nachweis könne für seine Annahme nicht führen, aber ein Blick auf entsprechende Verteilungen mache den Zusammenhang deutlich, so Bahjatt bei einem Vortrag 2012. Da insbesondere in Saudi-Arabien die Produktion von Sciecne-Fiction großen Nachholbedarf habe, gründete Bahjatt zusammen mit anderen Autoren eine Initiative zur Förderung des Genres, The League of Arabic ScieFiers, mit der Idee, damit wissenschaftliche Tätigkeiten in Saudi-Arabien zu inspirieren.

Der Beifall des TED-Publikums war groß. Und beeindruckend waren auch die Verkaufszahlen des "Science-Fiction-Romans" Hawjan, den Yasser Bahjatt als Co-Autor mit Ibrahim Abbas verfasste. Das Buch stößt vor allem bei der jungen Generation auf große Nachfrage. Es wurde viel erzählt über das Buch.

So viel, dass sich die saudische Religionspolizei zum Eingreifen gezwungen sah; sie ließ auf Order des saudi-arabischen Komitees für die Förderung der Tugend und der Verhinderung lasterhafter Tätigkeiten Ende November das Buch HWJN aus den Regale der Geschäfte räumen.

Das Buch sei möglicherweise blasphemisch, hieß es. Unter besorgten Eltern machte das Gerücht die Runde, das Buch habe verbotene religiöse Inhalte und könne die Jugend vom rechten Weg abbringen, hin zu Hexenzauberei und Statanskram. Laut Aussagen Bahjatts gegenüber dem amerikanischen Magazin Foreign Policy, handelt es sich um eine irrtümliche Lesart der Geschichte.

In deren Mittelpunkt steht ein Dschinn - was das Buch im Grunde genommen näher an das Genre Fantasy rückt, als dass es klassische Science-Fiction wäre. Beim großen Internet-Buchhändler ist die Rede von einem Mix aus Fantasy, Science-Fiction und dem Genre der Liebesgeschichten.

Bemerkenswert ist nun, dass Bahjatt gerade das Vorkommen eines Dschinn-Geistes als Argument für das "Science" in Sci-Fi nimmt:

Die meisten würden sagen, das Buch gehört zu "Fantasy", weil es um einen Dschinn geht, aber da wir der Auffassung sind, dass der Islam eine wissenschaftliche Religion ist und wir in dem Buch versucht haben, die Behauptung der Existenz solcher Wesen über spekulative Wissenschaft zu erklären, betrachten wir das Buch als Science-Fiction.

So müssten auch die Zensoren verstehen, dass die Darstellung des Dschinns im Buch mit den Vorschriften des Islam auf einer Linie ist. Dass das Buch mittlerweile auch in Katar und Kuwait verboten wurde, deutet eher auf das Gegenteil hin, stützt aber möglicherweise eine andere These Yasser Bahjatts:

In den letzten beiden Jahrzehnten wurde die Vorstellungskraft in der Region systematisch eingeschränkt... Ich glaube, dass dies teilweise auf die Religion zurückzuführen ist. Statt dass sie selbst Initiative ergreifen, um die Religion anhand des eigenen Verstandes zu verstehen, haben die Leute angefangen, sich auf die Islamgelehrten zu verlassen, die ihnen alles erklären.

Bleibt noch die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Zensur und wissenschaftlicher Produktivität. Der wissenschaftliche Nachweise dafür dürfte nicht allzu schwer zu führen sein.

P.S. Es gibt sie schon, die arabische Science Fiction siehe: Licht, aber sie ist sehr selten. Weil es dazu Voraussetzungen braucht, die in Saudi-Arabien nicht vorkommen.