Keine schnellen Fortschritte auf der Klimakonferenz
Seite 2: Kohle und Atom, "klimaschonend und preiswert"
Besondere Aufmerksamkeit war der Präsenz der Amerikaner auf dem Klimagipfel gewidmet, es gab nämlich zwei Gruppen. Die offizielle US-Delegation hielt sich in der ersten Woche mit öffentlichen Auftritten zurück, bis sie am Beginn der zweiten Verhandlungsperiode die Bombe platzen ließ. Sie tritt ein für Kohle und Atomenergie.
Die Veranstaltung trug den Titel "The Role of Cleaner and More Efficient Fossil Fuels and Nuclear Power in Climate Mitigation". Der Proteststurm, der daraufhin sowohl in der Veranstaltung wie auch außerhalb losging, war zu erwarten. Der Kohle-Branchendienst Carbon Brief schreibt, dass Nigeria und Ghana, aber auch die Ukraine, am Rande dieser Veranstaltung mit Vertretern der Kohleindustrie Möglichkeiten eines Transfers klimafreundlicherer Kohletechnologie sondiert hätten.
Auch Indien und Pakistan hätten Interesse gezeigt. In Ghana hatte eine vom Klimawandel ausgelöste Dürreperiode die Wasserkraftanlagen dauerhaft außer Betrieb gesetzt.
Am Tag darauf gab die Ukraine bekannt, dass sie gerne die Industrie, gemeint ist die Kohlewirtschaft, mit an den Tisch der Verhandlungen bringen würde - dies mit Hinblick darauf, dass die nächste COP 2018 in Polen stattfinden wird, einem Land, das sehr abhängig ist von der Kohle.
Das würde bedeuten, dass der kürzlich verstorbene Außenminister der Marshallinseln, Tony de Brum, weiterhin Recht behält. Er hatte 2015 anlässlich der Pariser Klimakonferenz gesagt:
In der UNO bestimmt nicht die Politik, sondern die Industrie.
Tony de Brum, ehemaliger Außenminister der Marshallinseln
"Wir sind noch drin"
Die zweite Gruppe aus den USA war weitaus wahrnehmbarer. Die weißen Kuppelzelte des US Climate Action Centers lagen direkt neben dem Pressezentrum. Der Slogan "we are still in" ("Wir sind noch drin") klingt ein bisschen trotzig, beschreibt aber lediglich die Tatsache, dass die USA noch bis 2020 Vertragspartner des Klimaabkommens sind.
Die Bewegung, die diesen Slogan geprägt hat und die sich weiterhin dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet fühlt, ein breites Bündnis von Städten, Counties und Bundesstaaten, Universitäten, Industrien und indianischen Stämmen will beweisen, dass Klimaschutz auch ohne die Regierung in Washington ginge.
Nach eigenen Angaben umfasst die "We are still in"-Allianz etwa 60 Prozent des Bruttosozialprodukts der Vereinigten Staaten und etwa 50 Prozent der Wirtschaft und der Bevölkerung. Der frühere Bürgermeister von New York, Unternehmer und Milliardär Michael Bloomberg, und der kalifornische Gouverneur Jeff Brown veröffentlichten Ende vergangener Woche gemeinsam den Appell "Amerikas Schwur" (Americas Pledge), eine Initiative, die Führungspersönlichkeiten aus der Wirtschaft und Staat zusammenbringen will, damit die USA weiterhin eine Führungsrolle im Klimaschutz behalten.
Die Tugend der Ungeduld: Städte und Regionen gehen voran
Im Rahmen der UN-Versammlung fand zum 3. Mal die Konferenz der Städte und Gemeinden für nachhaltige Entwicklung (ICLEI) statt. Auf der Klimakonferenz in Kopenhagen, die in einem Fiasko geendet hatte, war das noch ein kleiner Side-Event gewesen. Diesmal war die Halle brechend voll.
Al Gore stattete der UN-Konferenz einen Besuch ab, ebenso der kalifornische Gouverneur Jeff Brown und sein Amtsvorgänger Arnold Schwarzenegger. Michael Bloomberg forderte Sitz und Stimme für die Städte und Regionen im Klimarat der Vereinten Nationen.
Schwarzenegger hielt eine umjubelte Rede über die Tugend der Ungeduld. Man solle vergessen, dass Präsident Trump aus dem Pariser Abkommen aussteigen wolle. Das sei nicht wichtig.
Ich bin als Action Hero bekannt. Ich kann nicht auf die Bundesregierung warten, wenn die Luft in Kalifornien so schmutzig ist, dass die Leute davon krank werden. Waldbrände müssen gelöscht werden, da kann man nicht warten. Wenn Euch jemand sagt , "wartet", dann sagt ihm "f*** you!"
Arnold Schwarzenegger
Lautes Lachen im Saal war die Antwort.
Schwarzeneggers Rede war auch eine Laudatio auf Jeff Brown. Der habe schon in den 1970er Jahren als Gouverneur von Kalifornien von Sonne und Windkraft gesprochen. "Damals dachten alle, auch ich, er sei verrückt", so Schwarzenegger. Aber irgendwann sei ihnen aufgegangen, dass Brown gar nicht verrückt sei. "Jeff Brown ist ein Terminator, er ist wieder da! Unsere Arbeit steht auf seinen Schultern." Anspielungen auf seine Filmkarriere kamen beim Publikum gut an.
Indigene Völker: Erhalter und Bewahrer der Erde
Die ethnischen Minderheiten werden im Pariser Abkommen in Artikel 7 Absatz 5 erwähnt. Sie sind keine Vertragsparteien, sondern haben lediglich einen Beobachterstatus, obwohl sie schon lange fordern, als Verhandlungspartner mit am Tisch zu sitzen. Das Pariser Abkommen hat ihre Rolle nicht klar definiert, in Bonn wurde jetzt festgeschrieben, dass die Plattform der indigenen Völker ein fester Kanal zwischen lokalen Wissen und Entscheidern sein soll.
Wie das allerdings in der Realität funktionieren soll, ist noch unklar. Sie haben ein eigenes Forum, das "Internationale Klimawandel-Forum der Indigenen Völker".
Ethnische Minoritäten in Entwicklungs- und Schwellenländern sind oft gravierend von Klimafolgeschäden betroffen: als zur Auswanderung gezwungene Gemeinschaften durch Verlust ihres Landes oder Migrationsdruck von Angehörigen der nationalen Mehrheit, aber auch durch Ausbeutung der Kohle-, Erdöl oder Mineralienvorkommen durch heimische oder multinationale Konsortien und zusätzlich durch diskriminierende nationale Gesetzgebung.
Sie sehen sich als Bewahrer und Erhalter der Natur, nicht nur als Nutznießer der natürlichen Ressourcen. Daher nahm ihre Präsenz im Rahmen der Konferenz breiten Raum ein. Greenpeace hat eine Studie vorgelegt, der zufolge der Wald in von indianischen Gemeinden bewohnten Schutzgebieten im Amazonas kaum, hingegen in nicht unter Schutz gestellten öffentlichen Regionen stark von Abholzung bedroht sei.