Kiesewetter-Mord: Bundesanwaltschaft verweigerte Ermittlern Akten

Seite 2: Wiederholte Behinderungen

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Die Ermittlungen zum Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter und dem Mordversuch an ihrem Streifenpartner Martin Arnold in Heilbronn am 25. April 2007, der sich im Frühjahr zum zehnten Mal jährt, litten unter wiederholten Behinderungen. Und zwar sowohl vor dem Auffliegen des NSU im November 2011 als auch danach.

Angefangen von der ominösen DNA-Spur einer unbekannten Frau, die sich nach zwei Jahren als Verunreinigung entpuppte und die immer noch verfolgt wurde, obwohl der Verdacht längst evident war, über die unterdrückten Fahndungsphantom-Bilder bis zur tendenziösen Festlegung der Bundesanwaltschaft, die Täterschaft von Böhnhardt und Mundlos solle nachgewiesen werden. Die jüngste Sitzung des Kiesewetter-Ausschusses lieferte weitere Beispiele, wie die Ermittlungen regelrecht ausgebremst wurden.

Frank Dittrich, Vizechef des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) von BaWü machte eine Bemerkung, eher beiläufig, die eine ganze Geschichte erzählt.

Zunächst: Der Verfassungsschutz will keine Erkenntnisse über Kontakte der rechtsextremen Szene mit dem NSU gehabt haben, als der sich schon so nannte und das Morden ab 2000 begonnen hatte. Dass er doch welche gehabt haben muss, sei an dieser Stelle einmal ausgeklammert. Es betrifft unter anderem die Affäre um den LfV-Beamten Günter S., der im Jahre 2003 von einem Informanten über eine ostdeutsche Terrorgruppe namens "NSU" sowie einem Mitglied namens "Mundlos" und vier weiteren Mitgliedern erfahren haben will. Die Behörde bestreitet das, und die Abgeordneten glauben ihr, können den Sachverhalt deshalb auch dem LfV-Vertreter nicht vorhalten.

Immer ergebnislos befragt

Als der Ausschuss nun wissen wollte, welche Rolle der Landesverfassungsschutz nach dem allgemeinen Bekanntwerden des NSU am 4. November 2011 einnahm, antwortete Frank Dittrich so: Seit Ende November 2011 hätten sie mehrfach Befragungen ihrer Quellen vorgenommen - ohne großen Erfolg. Sogar als dann die Phantombilder von Heilbronn in der Zeitung veröffentlicht wurden, - im Juli 2013 - hätten sie ihre Quellen anhand dieser Phantombilder ebenfalls befragt, allerdings erneut ergebnislos.

Was der Verantwortliche einer nominellen Sicherheitsbehörde mit dieser Bemerkung, sollte sie stimmen, so ganz nebenbei offenlegte: Der Verfassungsschutz hat die Phantombilder, die die Ermittler der Sonderkommission (SoKo) Parkplatz ab 2007 für die Fahndung nach den Polizistenmördern erstellen ließen, offensichtlich nie bekommen. Er hat damit also nie arbeiten und bei der Tätersuche mithelfen können.

Das rückt erneut das fragwürdige Handeln der zuständigen Staatsanwaltschaft Heilbronn in den Blickpunkt, die der SoKo Parkplatz jegliche Veröffentlichung eines Phantombildes zu Fahndungszwecken untersagt hatte. Selbst intern wurde dieses Mittel zur Aufklärung also sabotiert.

Keines der Phantombilder ähnelt nur im geringsten Uwe Böhnhardt oder Uwe Mundlos, die nach Ansicht der Bundesanwaltschaft die alleinigen Täter von Heilbronn gewesen seien. Wenn nun eine Verfassungsschutzbehörde mit diesen Bildern, die nicht zu den behaupteten Tätern passen, ihre V-Leute befragt, bedeutet das gleichzeitig: Das LfV muss selber Zweifel an dieser Zwei-Täter-Uwe-Uwe-Theorie gehabt haben. In der Tat war die SoKo Parkplatz vor dem November 2011 zu der Einschätzung gelangt, der Anschlag müsse von mindestens vier bis sechs Tätern durchgeführt worden sein.

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