Klage gegen Compact-Verbot: Ist das ultrarechte Magazin tatsächlich Geschichte?

Der Compact-Gründer und Chefredakteur Jürgen Elsässer wehrt sich juristisch gegen das Verbot. Archivbild: Shutterstock.com

Zweifel an juristischer Haltbarkeit des Verbots kamen schnell auf. Jetzt klagt der Herausgeber. Warum auch politische Gegner den Präzedenzfall fürchten.

Auf die Strafanzeige des Compact-Chefredakteurs Jürgen Elsässer gegen Unbekannt wegen "Verletzung des Dienstgeheimnisses" folgte nach wenigen Tagen eine Klage gegen das Verbot des Magazins durch das Bundesinnenministerium.

Am Mittwochabend seien sowohl eine Klage als auch ein Eilantrag eingegangen, teilte ein Sprecher des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig am Donnerstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist laut Elsässers Strafanzeige auch "tatverdächtig" hinsichtlich der Medienpräsenz bei der Verbotsrazzia am Dienstag vergangener Woche. Ebenso wie der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, und dessen Umfeld könnten Faeser oder ihr Mitarbeiterstab laut Elsässer Teile der Presse vorab informiert haben.

Schon kurz nach Beginn der Hausdurchsuchung seien lange Berichte in überregionalen Medien erschienen. Ein Bild, auf dem Elsässer am Hauseingang im Bademantel vor Polizisten in Sturmhauben steht, war vielfach verbreitet worden.

Regime-Sturz als erklärtes Vorhaben auf Compact-Homepage

Der Verfassungsschutz zitiert in seinem aktuellen Jahresbericht eine Aussage von Elsässer auf der Compact-Homepage vom Juni 2023, die für die Verbotsbegründung – das Magazin nehme "eine aggressiv-kämpferische Haltung" ein – eine wesentliche Rolle gespielt haben dürfte:

"Wir wollen dieses Regime stürzen. Wir machen keine Zeitung, indem wir uns hinter den warmen Ofen oder den Computer verziehen und irgendwelche Texte wie eine Laubsägenarbeit auf den Markt bringen. Sondern das Ziel ist der Sturz des Regimes."

Compact sei "zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene", führte Faeser zur Begründung aus. Gleichwohl sehen nicht nur Compact-Unterstützer in dem Verbot einen Angriff auf die Pressefreiheit. So hat etwa Medienverband der freien Presse (MVFP) als Bundesverband der Zeitschriftenverlegerhat das Verbot trotz inhaltlicher Distanzierung von Compact kritisiert.

Kritik an Compact-Verbot: Wird das Vereinsrecht missbraucht?

Auch sind Fachleute zum Teil nicht sicher, ob das Verbot juristisch haltbar ist. Das Ministerium betont, dass auch Unternehmen "unter bestimmten Voraussetzungen" nach dem Vereinsrecht verboten werden können und Ministerium bezeichnet die betroffenen Unternehmen "Compact-Magazin GmbH" sowie die "Conspect Film GmbH" als "Organisationen".

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) befand vergangene Woche, das Vereinsrecht könne nicht "als Hilfskonstruktion zum Verbot von Medien dienen". Rechtsanwalt David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) bezeichnete Compact auf der Plattform X zwar als "Hetzblatt", das Verbot aber als "wahrscheinlich rechtswidrig" – und attestierte dem Ministerium einen Missbrauch des Vereinsgesetzes.

Eher kritisch berichtete vor diesem Hintergrund auch die linke Tageszeitung junge Welt, der vom Verfassungsschutz attestiert wird, aufgrund ihrer marxistischen Orientierung kein journalistisches Produkt, sondern ein "extremistischer Personenzusammenschluss" mit umstürzlerischen Zielen zu sein.

Compact-Eilverfahren kann Wochen oder Monate dauern

Im Eilverfahren vor Gericht wird Compact nach Einschätzung des juristischen Fachmagazins Legal Tribune Online damit argumentieren, dass durch das Verbot der laufende Betrieb beendet wurde und seitdem die Zeit gegen das Medium läuft: Kontakte können nicht gepflegt werden, Abonnenten und Leser könnten sich abwenden, Mitarbeitende zwischenzeitlich andere Jobs suchen.

Das könne dafür sprechen, den Verbotsvollzug einstweilig auszusetzen. Bis zu einer Eilentscheidung dürfte es aber "in so einer komplexen Angelegenheit Wochen bis Monate dauern", schreibt das Magazin.