Könnte Russland eine Rolle beim Wiederaufbau der Ukraine spielen?

Wladimir Putin Porträt 2019 - Russlands Präsident im Fokus

Russlands Präsident Wladimir Putin im Jahr 2019. Bild: Asatur Yesayants / lizenzfrei

Beschlagnahmte russische Vermögen als Wiederaufbauhilfe? Hier ein anderer Vorschlag: Versöhnung statt Vergeltung. Wie der Plan konkret aussieht. Gastbeitrag.

Um Russland für seinen Einmarsch in die Ukraine Anfang 2022 zu bestrafen, haben die westlichen Regierungen die Guthaben der russischen Zentralbank, russischer Finanzleute und Beamter in Höhe von rund 330 Milliarden Dollar eingefroren.

Nicolai N. Petro ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität von Rhode Island in den USA.

Sie versuchen nun, mit diesen Geldern den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren und einen Teil der enormen Kosten zu kompensieren, die dem Westen in diesem Krieg entstanden sind.

Die Beschlagnahmung dieser Vermögenswerte hat von Anfang an ernsthafte rechtliche Bedenken aufgeworfen, die ihre Verwendung zur Finanzierung von Reparationen sowohl schwierig als auch umstritten gemacht haben. Die sich daraus ergebenden juristischen Auseinandersetzungen werden sich zweifellos über Jahrzehnte hinziehen, ohne dass den Menschen in der Ukraine damit wirklich geholfen wäre.

Da die meisten Russen die Idee, ihr geraubtes Vermögen für geopolitische Ziele des Westens zu verwenden, als "höchst beleidigend" empfinden, wird das den ohnehin schon von Schuldzuweisungen geprägten Beziehungen einen weiteren Schlag versetzen.

Ein alternativer Ansatz zum Wiederaufbau der Ukraine

Ich möchte daher einen alternativen Ansatz vorstellen, der zwar die Rachegelüste nicht befriedigt, aber sowohl den Wiederaufbau als auch die Versöhnung fördern könnte.

Anschließend an Ideen, die Ted Snider und ich kürzlich für eine Verhandlungslösung in der Ukraine vorgebracht haben, schlage ich vor, dass beschlagnahmte russische Vermögenswerte de jure an Russland zurückgegeben werden. Das wäre ein wesentlicher erster Schritt, um das Vertrauen der Investoren in die rechtlichen Grundlagen des internationalen Finanzsystems wiederherzustellen.

Ferner sollte Russland de facto und als wesentlicher Akteur, der die Kriegsschäden so schnell wie möglich ausgleichen sollte, aufgefordert werden, diese Mittel in den Wiederaufbau der Ukraine zu investieren.

Historische Investitionen Russlands in der Ukraine

In der Vergangenheit war Russland stets der größte Investor in der Ukraine und stellte die EU in den Schatten. Dmitri Medwedew, der damalige russische Ministerpräsident, bezifferte den Gesamtwert der Zollbefreiungen, Handelspräferenzen und Gassubventionen, die die Ukraine zwischen 1991 und 2014 von Russland erhalten hat, auf rund 250 Milliarden US-Dollar.

Vergleich der westlichen und russischen Investitionen in der Ukraine

Im selben Zeitraum versprachen westliche Finanzinstitutionen der Ukraine 62 Milliarden Dollar an Hilfe, zahlten aber weniger als die Hälfte dieses Betrags aus. Der Verlust der russischen Investitionen war somit ein schwerer Schlag für die ukrainische Wirtschaft, zumal vergleichbare westliche Investitionen nie zustande kamen.

Seit 2014 hat Russland erhebliche Mittel für den Wiederaufbau des Donbass und der Krim bereitgestellt und schmiedet ehrgeizige Pläne, das auch in den neu annektierten Gebieten der Ukraine zu tun – ein deutliches Zeichen für sein Interesse an Investitionen in den russischsprachigen Regionen der Ukraine.

Die Notwendigkeit eines gemeinsamen Wiederaufbauprogramms

Umgekehrt ist es ebenso unwahrscheinlich, dass Russland die Regionen der Ukraine, die Moskau offen feindlich gegenüberstehen, wieder aufbauen will. Dieselbe Unwilligkeit hat der Westen beim Wiederaufbau von Donbass und Krim gezeigt.

Während Russland und der Westen bereits Pläne haben, in die von ihnen bevorzugten Teile der Ukraine zu investieren, hat es sich als schwierig erwiesen, die enormen Geldsummen aufzubringen, die benötigt werden – nach manchen Schätzungen bis zu einer Billion Dollar.