Kohle-Klau: Putin verkauft ukrainische Bodenschätze an Asien
Russland will ab Oktober Kohle aus besetzten Gebieten exportieren. Hauptabnehmer sind Länder wie Iran und China. Warum das brisant ist.
Das russische Bergbauunternehmen Don Coal oder Don Coal Trading House plant, ab Oktober Kohle aus den besetzten ukrainischen Gebieten zu exportieren. Die Kohle ist Berichten zufolge für Länder wie Iran, Indien, Usbekistan, China und Malaysia bestimmt, wie Andriy Chertkov, einer der Leiter der russischen Besatzungsverwaltung in der Region Donezk, vermeldete.
Das in den einschlägigen Meldungen auch unter dem Namen Donskoe Ugolii Trading House geführte russische Unternehmen verhandelt nach Angaben von Oleg Kniazew, einem Generaldirektor des Unternehmens, mit Unternehmen der oben genannten Länder.
Ein Teil der Kohle soll über den Seeweg verschifft werden, aber wahrscheinlich wird auch der Internationale Nord-Süd-Transportkorridor (INSTC) für den Export per Bahn über Aserbaidschan und den Iran genutzt.
Der Internationale Nord-Süd-Transportkorridor
Beim Internationalen Nord-Süd-Transportkorridor (INSTC) handelt es sich um einen multimodalen Transportkorridor, der am 12. September 2000 in St. Petersburg von Iran, Russland und Indien gegründet wurde, um die Transportzusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.
Dieser Korridor verbindet den Indischen Ozean und den Persischen Golf über die Islamische Republik Iran mit dem Kaspischen Meer und ist dann über die Russische Föderation mit St. Petersburg und Nordeuropa verbunden. Der INSTC wurde inzwischen um elf weitere Mitglieder erweitert.
Das sind die Republiken Aserbaidschan und Armenien, die Republik Kasachstan, die Kirgisische Republik, die Republik Tadschikistan, die Republik Türkei, die Republiken Ukraine und Belarus, Oman, Syrien. Bulgarien ist als Beobachter beteiligt.
Der Seeweg kann vorhandene Infrastruktur nutzen
Das russische Unternehmen Don Coal Trading House kann die ursprünglich ukrainischen Ressourcen über die Häfen der Städte Mariupol, Taganrog und Rostow am Don verschiffen.
Im Februar 2024 verpachtete die russische Verwaltung der Region Luhansk die fünf Kohlebergwerke Samsonivska-Zakhidna, Dovzhanska-Kapitalna, Komsomolska, Vakhrushev und Frunze an die Don Coal Trading House. Im Juni pachtete das Unternehmen mit Molodogvardiysk, Red Partizan, Charkiw, Sukhodoly-Skhidna sowie Barakow fünf weitere Minen von der russischen Verwaltung.
Wichtige Anthrazit-Lagerstätten in der Ostukraine
Vor Kriegsbeginn im Jahr 2014 gehörten die Minen Molodogvardiysk, Sukhodolsk-Skhidna und Barakow zur PJSC Krasnodonvugilya der Metinvest-Holding des ukrainischen Geschäftsmanns Rinat Achmetow. Im Jahr 2015 hat Metinvest dann das Geschäft in diesen Gebieten aufgegeben. Die Minen Chervony Partizan und Charkiwska waren Teil des ukrainischen Staatsunternehmens Sverdlovantrachit.
Mit der Eroberung der Ostukraine verlagerte sich die Bewirtschaftung der Minen auf russische Unternehmen. So hat ein in Moskau ansässiges Unternehmen namens JSC Best Solution (Luchshee Reshenie) 100 Prozent der Anteile der Kohlebergbauunternehmen JSC Donskoi Anthracite und JSC Obukhovskaya Mine Management in der Region Rostow erworben, die zuvor der in Zypern registrierten zum Einflussbereich von Achmetow zählenden Fabcell gehörten. Die Details des Verkaufs sind nicht bekannt.
Präsident Putin erteilte der gleichen Firma Best Solution am 14. Juni die Erlaubnis, 100 Prozent der Kuznetsk Investment & Construction Company (Kuznetskinveststroy), einem Kohlebergbauunternehmen in der Region Kemerovo, von der italienischen Coeclerici-Gruppe zu erwerben.
Die Anthrazitkohle aus dem Donbass findet ihren Weg
Die Sanktionen gegen russische Unternehmen sorgen dafür, dass die Kohle aus dem Donbass-Revier auf dem Weltmarkt nur beschränkt angeboten werden kann. Unternehmen aus Ländern, welche sich den Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen haben, können die Kohle jedoch erwerben.
Trotz Blockaden der ukrainischen Regierung gegen die Minen im russisch besetzten Donbass, fanden Lieferungen aus der Ostukraine noch lange Zeit ihren Weg in die nicht besetzte Ukraine.
So kaufte Dneprostal weiterhin Anthrazitkohle aus der Luhansker Volksrepublik, jedoch bis 2019 über das russische Unternehmen Uglemet, das als Zwischenhändler fungierte und die Kohle als russische Kohle aus der nahegelegenen Region Rostow deklarierte. Ähnliches soll wohl auch für die im Jahre 2017 aus Polen importierte Anthrazitkohle gelten.
Die Umwege über zahlreiche Zwischenhändler können zwar die Herkunft der Kohle verschleiern, macht sie jedoch deutlich teurer und damit weniger wettbewerbsfähig.
Da Laboruntersuchungen, zu denen europäische Käufer verpflichtet sind, die Herkunft der Kohle leicht aufdecken können, wird in Russland im Kusbass abgebaute Anthrazitkohle in die nur zur Hälfte gefüllten Waggons mit Donbass-Kohle gegeben. Die Herkunft der Kohle ist damit nicht mehr klar feststellbar.
Bis vor Kurzem galt Belarus als wichtigste Drehscheibe für die Lieferung von Donbass-Kohle in die EU und in die Ukraine. Obwohl es in Belarus keinen Kohlebergbau gibt, lieferte das Land vor Beginn der internationalen Isolation im Jahr 2020 bis zu 100.000 Tonnen als belarussisch gekennzeichnete Stein- und Anthrazitkohle an die Ukraine.
Bemerkenswert dabei ist, dass sich die Lieferungen von Kohle aus Belarus in die Ukraine nach der Einführung der ukrainischen Handelsblockade fast verdoppelt haben.
Wenn die EU jetzt die Vermarktung der Kohle aus dem Donezk-Becken immer stärker behindert, suchen sich die inzwischen russischen Bewirtschafter der Kohleminen verstärkt Abnehmer außerhalb des westlichen Wirtschaftsraums.
Diese Entwicklung mag vom westlichen Sanktionsregime zwar verurteilt werden, es ist inzwischen jedoch zu schwach, um seine Vorstellungen global durchzusetzen zu können.