Kommerzialisierung des Weltraums

Seite 2: Das Wettrennen zum Mond

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Das Wettrennen zum Mond tritt bald öffentlichkeitswirksam in seine entscheidende Phase, denn Ende 2017 gibt es durch die Statuten der Preisausschreibung eine harte Deadline. Und die Führungsnation des bemannten Wettfluges zum Mond, da kann man ziemlich sicher sein, will auch dieses Mal die Nase vorn haben. Die Weltmacht Google gibt dabei den Takt vor - und Silicon Valley wird sich zweifellos wieder einmal so richtig selbst feiern wollen. Dass dieses Wettrennen zum Mond zumindest ein amerikanisches Unternehmen erfolgreich abschließen muss, steht für die Raumfahrtnation USA natürlich schon heute fest. Alles andere wäre in der Tat reichlich blamabel.

Könnten es auch andere der 17 angemeldeten Teilnehmer schaffen? Dem israelischen Team Spaceil werden nach Insider- Einschätzung große Chancen zugesprochen, das Ziel zu erreichen - auch dank starker staatlicher Förderung. Allerdings hat es vor kurzem seinen schon gebuchten Startplatz bei Spaceflight Inc. weiter verkauft. Ausstieg? Oder nur Umstieg? Man wird sehen. Das deutsche Team der PT Scientists glaubt ebenfalls an eine reelle Chance, den Flug zum Mond Ende nächsten Jahres realisieren zu können. Das inzwischen als GmbH firmierende Unternehmen hat am 29. November seine feste Flugbuchung bei Spaceflight Inc. bekannt gegeben, jener Service Provider, der für die PT Scientists den Start des Landers mit dem Namen Alina komplett managen wird.

Der große Traum: Alina has landed! Bild: PT Scientists

Die Voraussetzungen für die PT Scientists geben Hoffnung. Die Tatsache, dass es bei den von Google während der Projektphase mit insgesamt sechs Millionen Dollar zusätzlich vergebenen Milestone-Preisen 2015 bereits erfolgreich war - mit einem Preisgeld von insgesamt 750.000 Dollar in zwei von drei ausgelobten Kategorien -, macht PT Scientists auf jeden Fall zu einem ernsthaften Mit-Anwärter auf den Preis.

Und auch das Umfeld ist vielversprechend, ist doch die Nobelmarke Audi seit 2015 offiziell mit an Bord; die vier Ringe möchten den "Vorsprung durch Technik" auf die außerirdischen Sphären ausdehnen und das autonome Fahren auf dem sonst verkehrstechnisch noch kaum erschlossenen Erdtrabanten - wenn man erst mal oben ist - ziemlich risikolos erproben.

Lunar Quattro auf autonomer Erkundungsfahrt. Bild: Audi

Ob eine weiche Landung aber tatsächlich gelingen kann? Wie schwierig das Unterfangen ist, einen Rover auf einem fremden Himmelskörper erstmals sicher abzusetzen, hat uns die ESA erst vor wenigen Wochen mit ihrem Voll-Crash von Schiaparelli eindrucksvoll, wenn auch ziemlich schmerzhaft bewiesen. Trotzdem: Für mich haben die PT Scientists immerhin eine echte Chance, das Ziel heil zu erreichen - Fifty-Fifty sagen wir mal.

Deutsche Ingenieure - auf dem Weg zum Mond also. Aber halt: War da nicht schon mal was?

Man stelle sich vor: Nach dem Wettrennen zum Mond im Kalten Krieg, das man hätte niemals ohne die deutsche Ingenieurskunst Wernher von Brauns und seiner ehemaligen Nazi-Mitstreiter gewinnen können, würden nun erneut die Deutschen, dieses Mal Autobauer aus dem niederbayerischen Nirgendwo, den Weg in die Zukunft der Raumfahrt 2.0 weisen! Weder Google noch die amerikanische Nation können daran ein Interesse haben.

"Da geht’s hin" - Wernher von Braun lässt sich von John F. Kennedy nur zu gern die Richtung zum Mond weisen. Bild: NASA

Zwei Teams aus Amerika sind beim X-Prize mit am Start. Astrobotic und eben die aus Silicon Valley stammenden Mondexpressler , die zusammen mit den Riesen vor Ort lange geglaubt haben, dass sie die hochfliegende Aufgabe allein erledigen können. Die irdische Netzwelt der Bits und Bytes feiert sich in Silicon Valley am liebsten selbst - und hält sich sowieso für den kapitalträchtigen und allumfassenden Nabel der technologischen Welt. Aber offensichtlich hat man bei "Moon Express" die Lektion inzwischen gelernt. Das coole Silicon Valley hat auch seine Grenzen. Das Unternehmen hat vor einiger Zeit seinen Firmensitz samt ganzem Team von Silicon Valley ins biedere Florida verlegt.

Das "Weg vom Geld mit der schillernden Welt des Netzes und hin zum Know-how der klassischen Rocketeers" hat nicht nur mächtigen Symbolcharakter. Die jetzt gesuchte Nähe zur NASA bringt "Moon Express" die zweifellos dringend benötigte Weltraum-Expertise. Andererseits hat auch die NASA, also eigentlich die gesamte amerikanische Administration, großes Interesse, dass ein US-Gewinner beim Schuss zum Mond zu verzeichnen ist.

Jetzt ist "Moon Express" also dort sesshaft geworden - "back to the roots" - , wo man nicht nur digitale Bits und Bytes durchs Universum fliegen lässt, sondern schon seit vielen Jahrzehnten weiß, wie man nicht nur Maschinen, sondern sogar Menschen auf den Mond schießen kann.

Mondschuss, die erste: der Blick zur ersten Mondfähre "Eagle" von Apollo 11 im Jahr 1969. Bild: NASA

Der Schulterschluss könnte auf der Zielgerade noch retten, was für die große Weltraumnation schon als ausgemacht gilt: einen Gewinner des X-Prize aus dem Mutterland des Mondfluges. Übrigens ein Konzept, das Schule machen könnte - auch für andere Teams. Denn zwar ist in den Statuten des Preises festgelegt, dass der Mondschuss zu neunzig Prozent aus privaten Mitteln finanziert werden muss, aber nirgendwo steht ja so richtig geschrieben, dass sich dieses bei "Moon Express" so reichlich vorhandene private Kapital nicht auch bei einer behördlichen Instanz mit geeigneter Erfahrung Wissen umfänglich einkaufen darf …

Video Der Schuss zum Mond von Hyperraum.tv. " Mondschuss, die zweite!" von Susanne Päch in ihrem Blog bei Scilogs.