Konkrete Beweise fehlen

Der Generalbundesanwalt hat offenbar keine Beweise für Anschlagspläne der festgenommenen Mitglieder der El-Tawhid-Zelle

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Seit der Amokläufer von Erfurt die Medien beherrscht, ist es ruhiger geworden um die islamistischen Terroristen auf deutschem Boden. Noch in der letzten Woche gab es täglich neue Meldungen über festgenommene Islamisten in Deutschland und anderen EU-Ländern sowie über angebliche Attentatspläne, die durch den Zugriff der Polizei gerade noch verhindern worden seien.

Der Bundesanwaltschaft kann es ganz Recht sein, dass das Thema aus den Schlagzeilen verschwunden ist. Denn langsam begannen sich manche Medien zu fragen, welche Straftaten die Festgenommenen nun wirklich planten und welche Beweise gegen sie vorliegen. Obwohl die Gruppe wohl seit Monaten observiert wurde, fanden sich keine Gegenstände, die auf konkrete Anschlagsplanungen schließen lassen.

Vorgeworfen wird den Festgenommenen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung: "Die Zelle in Deutschland war bisher überwiegend mit der Fälschung von Pässen und Reisedokumenten, der Durchführung von Spendensammlungen und Schleusung von 'Kämpfern' befasst; die logistische Unterstützung von Afghanistankämpfern stand zunächst im Vordergrund", teilte Generalbundesanwalt Kay Nehm mit und erklärte nur vage, es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die El-Tawhid-Gruppe um den 36jährigen Palästinenser Yasar H. aus Essen das Ziel gehabt habe, "Anschläge in der Bundesrepublik Deutschland zu planen". Das Zielfeld seien israelische und jüdische Einrichtungen gewesen, doch "Planungen mit konkreten Anschlagszielen gab es noch nicht".

Die Wortwahl des Bundesanwalts dürfte die Juristen aufhorchen lassen. Wenn die Planung von Anschlägen und nicht die konkrete Durchführung das Ziel der Festgenommenen waren dürften die Vorbereitungen auf einer Stufe gewesen sein, die es fraglich erscheinen lassen, ob der Paragraph 129a des Strafgesetzbuches auf diese Gruppe überhaupt anwendbar ist. Danach handelt es sich nur dann um eine terroristische Vereinigung, wenn ganz bestimmte im Gesetz benannte Straftaten konkret vorbereitet worden sind. Dazu zählen unter anderem Mord, Brandstiftung, Geiselnahme oder gefährliche Eingriffe in den Luftverkehr.

Bisher konnte die Bundesanwaltschaft nicht sagen, welche dieser Delikte den Festgenommenen vorgeworfen werden. Daher gab es auch erste kritische Fragen in der Presse. So hieß es in der Frankfurter Rundschau: "Welche der genannten Straftaten waren geplant? Auf diese Frage gab der Generalbundesanwalt keine Antwort. Den Ermittlungsrichtern am Bundesgerichtshof muss er wohl etwas mehr mitgeteilt haben; denn sonst hätten sie kaum Haftbefehle wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erlassen."

Das Vertrauen in die Organe des Rechtsstaats in allen Ehren, doch gerade die Anwendung des Paragraphen 129a stand in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik. Juristen sprachen auch von einem Gummiparagraphen und verwiesen darauf, dass es in den überwiegenden Fällen nicht zu Strafprozessen oder zu Verurteilungen gekommen ist. Es ist zu hoffen, dass das Bedrohungsszenario "islamischer Terrorismus" die Kritiker solcher gesetzlicher Maßnahme nicht zum Schweigen.