Krankenhauskrise und Pflegenotstand: Gesetze nach Ampel-Aus auf der Kippe
Besorgnis beim Deutschen Pflegetag: Was bedeutet der Koalitionsbruch für den Gesundheitsbereich? Diese Gesetze könnten vorerst scheitern.
Der Deutsche Pflegetag steht im Zeichen der Dauerprobleme im Gesundheitsbereich, aber auch der Ungewissheiten, die das Ende der Ampel-Koalition mit sich bringt. Durch den Koalitionsbruch stehen hier als dringlich angesehene Gesetzesvorhaben im Gesundheitsbereich auf der Kippe – wie das Pflegekompetenzgesetz und das Krankenhausgesetz.
Warnung vor Versorgungskrise im Pflegebereich
Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, warnte zum Auftakt des Kongresses unter dem Motto "Pflege zeigt Haltung" am Donnerstag in Berlin vor Verzögerungen, nannte das Ende der Ampel-Koalition eine "Katastrophe für die Pflege" und warnte vor einer "Versorgungskrise mit tiefgreifenden gesellschaftlichen Folgen", wenn das Gesetz nicht noch vor der nächsten Bundestagswahl verabschiedet werde.
Ziel: mehr Befugnisse für qualifizierte Pflegekräfte
Die Zielsetzung, dass Pflegefachkräfte "ihre erworbenen Kompetenzen umfassend einsetzen dürfen" und mehr eigenständige Entscheidungsbefugnisse erhalten, hatte auch die Gewerkschaft ver.di begrüßt. Zugleich hatte ver.di an entscheidenden Stellen Ergänzungen und Nachbesserungen am Gesetzentwurf gefordert. Neue, zusätzliche Aufgaben im Bereich der Heilkundeausübung müssten sich auch in der Personalbemessung niederschlagen, so die Gewerkschaft.
Das Gesetz befindet sich noch in der parlamentarischen Beratung. Es könnte somit der Regierungskrise und längeren Koalitionsverhandlungen nach der vorgezogenen Neuwahl zum Opfer fallen. Nach aktuellen Umfragen wären die Unionsparteien stärkste Kraft, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Tatsächlich stattfinden könnte sie Ende März.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am 15. Januar die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. CDU-Chef Friedrich Merz hatte darauf gedrängt, dies sofort zu tun.
Lauterbach will an Krankenhausgesetz festhalten
Am geplanten Krankenhausgesetz will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf jeden Fall festhalten. "Die Krankenhausreform, sie wird und sie muss kommen", sagte Lauterbach beim Deutschen Pflegetag. Sonst würden in den nächsten zwei Jahren hunderte Krankenhäuser insolvent. "Diese Reform werden wir nicht scheitern lassen und werden sie im Bundesrat durchsetzen", so Lauterbach.
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) nannte es "unverantwortlich", das Vorhaben "jetzt noch rasch durchboxen" zu wollen. Neben Bayern pocht auch Nordrhein-Westfalen und andere Länder auf ein Vermittlungsverfahren, um Änderungen im Gesetzentwurf durchzusetzen. Das Krankenhausgesetz soll Qualitätsstandards sicherstellen und zugleich eine wohnortnahe Grundversorgung gewährleisten.
Laut Gesetzentwurf sollen Krankenhäuser mit Abteilungen für Innere Medizin und Allgemeinchirurgie für jeden Bürger innerhalb von 30 Minuten mit dem Auto erreichbar sein. Zugleich sollen Krankenhäuser, die Qualitätskriterien nicht erfüllen – etwa aufgrund von fehlendem Fachpersonal oder technischer Ausstattung – bestimmte Leistungen nicht mehr anbieten dürfen.
Nur "Sicherstellungshäuser" in ländlichen Regionen, die für die Grundversorgung unverzichtbar sind, dürfen von diesen Kriterien abweichen, sind aber laut Ministerium verpflichtet, "kontinuierlich an der Verbesserung der Behandlungsqualität zu arbeiten". Theorie und Praxis könnten demnach noch eine Weile voneinander abweichen.