Krieg der Bilder

Provider sperrt Nachrichtenportal

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Die US-Regierung appelliert an die Medien, keine Bilder der im Irak gefangenen US-Soldaten veröffentlichen. Dies verstoße gegen die Genfer Konvention. Ein Provider nahm die Aufforderung so ernst, dass er ein alternatives Nachrichtenportal kurzerhand vom Netz nahm.

Dass auch der Krieg im Irak wieder ein Krieg der Bilder sein würde, war von vorneherein klar. Die Alliierten bemühen sich sehr um die Kontrolle des Informationsflusses, doch auch die Iraker beherrschen das Spiel mit den internationalen Medien. Sie präsentierten nun Bilder von gefangenen und getöteten US-Soldaten.

Solche Bilder kommen den alliierten Kräften höchst ungelegen - sie sind Gift für die öffentliche Bereitschaft zum Krieg. Als Rebellen die Leichen von US-Soldaten durch die Straßen von Mogadischu schleiften, sank die Unterstützung für die Intervention in Somalia schlagartig. Offiziell argumentiert das Pentagon aber mit der Genfer Konvention, deren Anwendung sie den Gefangenen in Guantanamo verweigert (Die Gefangenen von Guantanamo). Außerdem wolle man die Angehörigen der Opfer schützen. Die US-Fernsehsender halten die Bilder weitgehend zurück, für viele Medien im Rest der Welt sind sie jedoch die Nachricht des Tages. Auch deutsche Fernsehsender zeigen das Material.

Das Internationale Rote Kreuz bestätigt, dass die Zurschaustellung der Kriegsgefangenen gegen Artikel 13 des Genfer Abkommens zur Behandlung von Kriegsgefangenen verstößt. In der gleichen Mitteilung verurteilt das Rote Kreuz auch die Fernsehbilder von irakischen Kriegsgefangenen am 22. März.

Das Nachrichtenportal YellowTimes hatte die Bilder der gefangenen Amerikaner trotzdem veröffentlicht - ebenso wie beispielsweise der Drudge Report. In einem Artikel nimmt die Redaktion dazu Stellung: Der Krieg sei durch die Medien von Dreck, Angst und Primitivität reingewaschen worden. Er sei so zu einem fast romantischen Unterfangen geworden - die Gesellschaft sei daher regelrecht besessen von der Gewalt, ohne die realen Auswirkungen zu kennen.

"Zweifellos wird es Eiferer aller Richtungen geben, oder vielleicht ist es auch der Mann von nebenan, der uns des Sensationalismus und der Respektlosigkeit beschuldigt, wie auch der Propaganda für die Araber, Moslems, Zionisten oder Amerikanern. Das ist zu erwarten."

Nicht erwartet hatte die Redaktion die kurze formlose Email ihres Providers. "Die Bilder müssen SOFORT entfernt werden. Wir haben Beschwerden von unserem Uplink-Provider erhalten über die Bilder auf yellowtimes.org. Wenn die Bilder wieder entfernt sind, wird der Zugang wieder freigeschaltet."

Solche Bilder wie die von diesem Verletzten in Basra werden eher in arabischen denn in amerikanischen Medien veröffentlicht

Es gab keine Bedenkzeit - der Provider hatte die Webseite direkt abgeschaltet. Erst als die Redaktion die Bilder entfernt hatte, war YellowTimes wieder zu erreichen. Stattdessen schaltete die Redaktion einen Link auf die beanstandeten Bilder. Herausgeber Erich Marquardt kommentiert die Situation knapp:

"Diese Selbstzensur ist ein wirkliches Problem."

Doch die Website blieb nur bis gestern Abend online. Jetzt ist sie erst einmal wieder "suspended", auch der Mailaccount von Marquardt wurde deaktiviert.

Schon im Februar hatte YellowTimes Providerprobleme. Eine gezielte Denial-of-Service-Attacke zwang den Server in die Knie. Marquardt vermutete politische Gründe hinter der Attacke. Kurz zuvor war ein Artikel von Imad Khadduri erschienen, in dem der Atomwissenschaftler die Behauptungen der US-Regierung über ein irakisches Atomprogramm zurückwies.