Krieg gegen den IS: Lücken in der Koalition

US-Außenminister Kerry und Verteidigungsminister Hagel. Bild: US-Außenministerium

Was kommt nach den Luftangriffen? Das Problem Syrien

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162 Luftangriffe im Irak habe die US-Airforce bisher gegen den IS im Irak geflogen, meldete Centcom gestern. Die jüngsten, am Sonntag und Montag, sollen irakische Streitkräfte in der Nähe von Sindschar und südwestlich von Bagdad unterstützt haben. Hervorgehoben wird von der US-Kommandostelle eine strategische Abweichung des bisherigen Kurses: Dass die Luftangriffe nicht mehr nur dem Ziel des Schutzes "unserer eigenen Leute" und der humanitären Missionen dienten, sondern einer Offensive.

Laut Meldung wurden südwestlich von Bagdad Positionen der IS-Milizen beschossen. Die Reaktion der IS-Kämpfer darauf wird ähnlich ausfallen, wie im Krieg der Aufständischen gegen die amerikanische Luftübermacht im letzten Jahrzehnt im Irak: Rückzug und das gezielte Legen von Sprengsätzen, wie das auch aktuell an mehreren Stellen im Irak geschieht.

Damit tauchen auch Probleme wieder auf, die aus dem Irakkrieg zwischen 2004 und 2009 bekannt sind: Wie sollen Rückzugsmöglichkeiten beschränkt werden und wie sollen eroberte Gebiete gehalten werden. Im Krieg gegen den IS steuert die Frage auf den politisch brenzligen Punkt zu, wie die Strategie in Syrien, dem großen Rückzugsraum der IS-Kämpfer, genau aussehen soll.

Abgesehen davon, dass sich Syrien, Iran und Russland bereits deutlich und China zurückhaltend gegen Luftangriffe auf syrische Ziele abgesprochen haben, die nicht das Einverständnis der syrischen Regierung haben, besteht das andere Problem darin, welche Bodentruppen zur Sicherung eingesetzt werden. Die USA und ihre Verbündeten befinden sich hier bekanntlich auf schwierigem Terrain: Sie wollen auf keinen Fall die Regierung unterstützen, aber auch nicht Gruppen, die mit dem IS ideologisch oder durch Zweckbündnisse verbunden sind.

Wer stellt die Bodentruppen?

Die US-Regierung will für die Ausbildung von 5.000 Anti-IS-Kämpfer viel Geld beisteuern und Saudi-Arabien die Ausbildungslager stellen. Doch wer für diese Unterstützung in Frage kommt, bleibt unbekannt. Ein früher Versuch - zu Zeiten, als der Regime-Change in Syrien oberstes deklariertes Ziel war, zu Anfang der "Revolution" in Syrien -, Kämpfer, die ideologisch verträglich erschienen, in Jordanien auszubilden, ist bekanntlich gescheitert.

Zum einen erwiesen sich die Dschihadisten der IS als bei weitem kampfstärksten Gegner der syrischen Regierungstruppen, zum anderen entstand ein undurchschaubares Geflecht von Gruppen und jeweiligen politischen Interessen, die sie leiteten; in deren Folge es auch zu Bündnissen zwischen den säkular orientierten FSA-Kämpfern und al-Qaida-Ablegern kam. Wie man aus diesen Vermischungen nun Gruppen destillieren kann, auf die politisch Verlass ist, bleibt ein Rätsel. Für die USA wird es sehr schwierig, glaubwürdige Partner in Syrien zu finden.

US-Außenminister Kerry und Verteidigungsminister Hagel. Bild: US-Außenministerium

Wie generell Bündnisse beim Krieg gegen den IS im Halbdunkel bleiben. Auf der gestrigen Konferenz zum Irak in Paris wurde erneut "Good Will" demonstriert, aber bis auf Frankreich, das erstmal nur Aufklärungsflüge zusagte, gab es keine Absichtserklärungen mit konkreten Verpflichtungen. Versprechungen zu Waffenhilfen, die aus Hintertürverhandlungen laut werden, wie etwa zwischen Saudi-Arabien und den USA, werden offiziell nicht bestätigt.

"Hände nicht beschmutzen"

Wichtige Partner geben sich zurückhaltend: Ägypten will keine Bodentruppen stellen, die Türkei kann keine Zusage zur Militärhilfe geben und auch keine Garantien, dass die Grenze zu Syrien, die große Versorgungstür für den Nachschub der Dschihadisten, dichtgemacht werden könnte.

Dazu gibt es Widersprüchliches zur Beziehung zwischen den USA und Iran, den beiden Mächten, die den größten Einfluss auf die irakische Regierung haben. So verkündete (englisch hier) der oberste geistliche Führer Irans, Ayatollah Khamenei, dass die USA eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern gegen IS angefragt hätten, die iranische Führung aber aus Verbundenheit zur syrischen Regierung abgelehnt habe. Man wolle sich die Hände nicht beschmutzen.

Öffentlich hatte sich US-Außenminister Kerry aber zuletzt gegen eine Zusammenarbeit mit Iran ausgesprochen. Deutlich wurde das etwa mit Kerrys Erklärung zur Nichteinladung Irans auf die Pariser Konferenz, nachdem Frankreichs Regierung durchaus eine Bereitschaft signalisiert hatte, die Regionalmacht einzuladen. Irans Khamenei erklärte erneut, die USA brauchen Syrien als Partner gegen den IS.

Zieht man die Bedrohungskreise durch die Dschihadisten, die nun mit dem IS eine Art Kampfzentrale gefunden haben, noch weiter, wie es etwa Peter Scholl-Latour in seinem neuen Buch "Der Fluch der Bösen Tat" tut, so wäre es auch dringend geboten, Russland als Partner für den Kamf gegen den IS zu gewinnen.

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