Kriegsrecht-Skandal: Südkoreas Präsident in spektakulärer Aktion verhaftet
Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol ist festgenommen worden. Ihm werden Aufruhr und Rebellion vorgeworfen. Was das für das Land bedeutet.
In einer historischen Entwicklung ist der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol am Mittwoch von Ermittlern festgenommen worden.
Nachdem sie Barrikaden überwunden und sich durch Stacheldraht geschnitten hatten, nahmen sie den 64-Jährigen in Gewahrsam, wie die Antikorruptionsbehörde für hochrangige Beamte (CIO) mitteilte. Yoon ist damit der erste amtierende Präsident in der Geschichte Südkoreas, der verhaftet wurde.
Ermittlungen wegen gescheiterter Verhängung des Kriegsrechts
Dem Präsidenten wird Aufruhr im Zusammenhang mit einem gescheiterten Versuch vorgeworfen, am 3. Dezember das Kriegsrecht zu verhängen. Die Anordnung hatte das Land ins Chaos gestürzt. Yoon ist zudem vom Parlament seines Amtes enthoben und suspendiert worden. Endgültig abgesetzt wird er jedoch nur, wenn das Verfassungsgericht die Amtsenthebung bestätigt.
Die dramatische Festnahme beendet einen wochenlangen Stillstand zwischen den Ermittlern und Yoons Sicherheitsteam. Bereits am 3. Januar war ein Versuch der CIO-Ermittler gescheitert, ihn festzunehmen, nachdem sie sechs Stunden lang von seinem Sicherheitspersonal aufgehalten worden waren.
Großaufgebot überwand Barrikaden und Stacheldraht
Am Mittwoch kurz vor Tagesanbruch erschien jedoch ein wesentlich größeres Ermittlerteam zusammen mit der Polizei vor Yoons Residenz in der Innenstadt von Seoul. Ausgerüstet mit Leitern, um die den Eingang blockierenden Busse zu überwinden, und Bolzenschneidern, um den Stacheldraht zu durchtrennen, verschafften sie sich Zugang.
Weitere Beamte des insgesamt rund 1.000 Personen umfassenden Festnahmeteams erklommen Mauern und bewältigten nahegelegene Wanderwege, um zum Präsidentensitz zu gelangen. Nach mehreren Stunden gaben die Behörden bekannt, dass Yoon festgenommen worden sei.
In einem kurz vor seiner Festnahme veröffentlichten dreiminütigen Video erklärte der Präsident, er werde mit den Ermittlern zusammenarbeiten, wiederholte aber frühere Behauptungen, wonach der Haftbefehl nicht rechtmäßig sei. "Ich habe mich entschlossen, vor der CIO zu erscheinen, obwohl es sich um eine illegale Untersuchung handelt, um unschönes Blutvergießen zu verhindern", wird er vom Sender France24 zitiert.
Verfahren vor Verfassungsgericht läuft
Parallel zu den Ermittlungen hat das Verfassungsgericht ein Verfahren eingeleitet, um zu entscheiden, ob Yoon endgültig aus dem Amt entfernt werden soll. Beobachter gehen davon aus, dass das Gericht bereits im Februar ein Urteil fällen könnte. Die nächste Anhörung ist für Donnerstag angesetzt.
Lesen Sie auch
Trump, Kim und Yoon: Das explosive Dreieck in Asien
Kreml-Leaks: Russische Militärpläne gegen Japan und Südkorea aufgedeckt
Südkorea: Präsident Yoon scheitert am eigenen Machthunger
Südkoreas neue Überschallrakete: Eine Botschaft an den Norden
Säbelrasseln am 38. Breitengrad: Wie weit eskaliert der Konflikt zwischen Nord- und Südkorea?
Separate Ermittlungen richten sich zudem gegen mehrere hochrangige Führungspersönlichkeiten des Landes, darunter den ehemaligen Verteidigungsminister Kim Yong-hyun, der Berichten zufolge die Verhängung des Kriegsrechts vorgeschlagen hatte, sowie gegen politische Berater Yoons, die teilweise inzwischen zurückgetreten sind.
Das Land wird derzeit von Finanzminister Choi Sang-mok als amtierender Präsident geführt. Er wurde an die Macht gedrängt, nachdem auch der erste amtierende Präsident Han Duck-soo vom Parlament seines Amtes enthoben worden war, in dem die Opposition über eine beträchtliche Mehrheit verfügt.
Tiefe Gräben in der Gesellschaft
Zehntausende Südkoreaner sind in den letzten Wochen trotz eisiger Temperaturen auf die Straße gegangen, um teils ihre Unterstützung für Yoon zu zeigen, teils seine Amtsenthebung zu fordern.
Die gegensätzlichen Szenen zwischen diesen beiden Lagern am Mittwoch spiegeln die zunehmende Polarisierung in dem Land wider, das seit langem von tiefen Gräben zwischen Konservativen und Progressiven geprägt ist. Auf Demonstrationen zur Unterstützung Yoons waren dabei teilweise mehr US-Fahnen als koreanische zu sehen, wie Augenzeugen von vor Ort berichten.