Krise der Linkspartei: Auch Bartsch will nicht mehr – Aufbruch oder Ende?

Dietmar Bartsch klebt nicht mehr an seinem Posten. Foto: Die Linke / CC-BY-2.0

Der Mann des Apparats wirft als Fraktionschef das Handtuch. Abspaltung der Sozialkonservativen um Wagenknecht noch nicht offiziell. Wie lange kann das weitergehen?

Jetzt hat mit Dietmar Bartsch auch der Langzeit-Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke im Bundestag angekündigt, nicht mehr zu für dieses Amt zu kandieren Bei ihm ist das verwunderlich, weil ihm im Umfeld der Partei schon der Spitzname "Batex" – eine Anspielung auf Pattex – verliehen wurde.

Bartsch war schon bei der Gründung der Vorläuferpartei PDS einer der wichtigen Männer im Hintergrund, sie sich mit inhaltlichen Aussagen zurück halten und dafür sorgen, dass der Apparat funktioniert. So gehörte Bartsch immer zu den Unentbehrlichen.

Er verkörperte den Injektionsapparat der alten PDS, die Kooperation mit den enttäuschten Sozialdemokraten um Oskar Lafontaine war einem Bartsch fremd. Hinter Bartsch stellten sich 2012 all jene, denen Lafontaine zu mächtig wurde. Bartsch kandierte damals für den Parteivorsitz, um den Machtanspruch von Lafontaine zu verhindern. Der war ihm und seinen Anhängern zu unberechenbar geworden. Doch am Ende wurde ein damals noch weitgehend unbekannter Stuttgarter Gewerkschafter Parteivorsitzender: Bernd Riexinger galt damals als Statthalter Lafontaines, der Bartsch verhindern sollte.

Zwischen Riexinger und dem Lafonaine-Wagenknecht-Flügel entwickelten sich aber relativ schnell massive Differenzen. Bartsch hingegen konzentrierte sich dann auf die Fraktion und leitete sie über einen längeren Zeitraum, anfänglich in Absprache mit Sahra Wagenknecht.

Der Schritt muss als weiter Sargnagel interpretiert werden

Da bewährte er sich wieder als Machtpolitiker und Mann des Apparats. Einige Linkspartei-Politiker halten ihn noch heute für unersetzbar in der Partei und forderten ihn erst vor wenigen Tagen auf, erneut zu kandidieren, um angesichts der Existenzkrise, in der sich die Linkspartei befindet, Kontinuität zu zeigen.

Doch da hatte er sich gegen eine erneute Kandidatur entschieden. Bei der Verkündigung betonte Bartsch, dass er damit die Linkspartei nicht aufgebe. Aber der Schritt muss natürlich beim gegenwärtigen Zustand der Partei als weiterer Sargnagel interpretiert werden.

Was der Verzicht von Bartsch auf jeden Fall zeigt: Er hat nicht mehr die Hoffnung, dass sich die zerstrittene Linkspartei doch noch auf einen Formelkompromiss mit dem Wagenknecht-Lager einigt und die Abspaltung der Sozialkonservativen verhindert. Doch mittlerweile rechnen so gut wie alle mit der Abspaltung.

Dieser Schritt wird auch deswegen verzögert, weil dann die Fraktion plötzlich zu einer Abgeordnetengruppe heruntergestuft würde, und finanzielle Mittel, aber auch Mitarbeiterstellen verlieren würde. Bartsch hat mit seinen Rücktritt auch deutlich gemacht, dass er dafür keine Verantwortung übernehmen will.

Aufbruch oder Ende?

In manchen Kommentaren heißt es nun, mit dem Rücktritt Bartsch schreite der Zerfallsprozess der Linken fort, andere sehen eine Chance, dass die Fraktionsspitze mit neuen Personal besetzt werden könnte. Doch das ist nicht da – und es hat sich auch noch niemand bereit erklärt, dafür zu kandieren. Genau das liegt an der unsicheren Situation von Partei und Fraktion.

Lauter werden jetzt Stimmen, die Sahra Wagenknecht aufrufen, jetzt endlich ernst zu machen, mit der neuen Partei. Letztere wird zum Teil als Wunderwaffe gegen die AfD gepriesen – wie etwa von Jan Feddersen in der taz. Manche haben vor einiger Zeit Wagenknecht noch wegen ihres Sozialkonservatismus als AfD light gescholten. Bartsch hat sich mit solchen Polemiken immer zurückgehalten.

Es ist anzunehmen, dass er nun die Entwicklung abwartet, mit der vordergründig nichts mehr zu tun hat, Insofern ist sein Rücktritt Teil der Krise der Partei. Hier große Chancen zu sehen, ist Schönfärberei, die sich momentan nicht begründen lässt. Aber auch wer jetzt endgültig die Totenglocken für die Linkspartei läuten hört, ergeht in sich Spekulationen. Die könnten sich allerdings durchaus bewahrheiten. Eines ist nur klar: lange kann dieser Zustand in der Linken nicht andauern.